Ärger um Vermietung des Jugendhauses Konz-Hamm - Betreiber widerspricht fristloser Kündigung

Konz-Hamm/Trier · Christian Becker war zehn Jahre lang Betreiber des Jugendhauses Konz-Hamm. Vor einigen Tagen hat ihm sein Pächter, das Bistum Trier, fristlos gekündigt, weil er sich über einen bestehenden Vertrag hinweggesetzt habe. Becker will das nicht hinnehmen.

 In dem denkmalgeschützten Jugendhaus in Konz-Hamm sind seit Anfang des Monats zehn unbegleitete junge Flüchtlinge in einer Wohngruppe untergebracht.

In dem denkmalgeschützten Jugendhaus in Konz-Hamm sind seit Anfang des Monats zehn unbegleitete junge Flüchtlinge in einer Wohngruppe untergebracht.

Foto: friedemann vetter (Ve._), Friedemann Vetter ("TV-Upload vetter"

Konz-Hamm/Trier. Die Pressemitteilung des Bistums Trier flattert Ende vergangener Woche ins Postfach und verkündet in knappen Worten: "Bistum Trier kündigt Betreiber des Jugendfreizeithauses Konz-Hamm." Grund für die Kündigung sei ein Verstoß gegen den vertraglich vereinbarten Nutzungszweck (der TV berichtete), da dort jetzt junge Flüchtlinge untergebracht seien.

Die emotionale Antwort des Betreibers, Christian Becker, lässt nicht lange auf sich warten. "Die Wahrheit ist oft hässlich. Das Bistum möchte aus der Not ein Geschäft machen. Durch die Flüchtlingskinder wittert das Bistum nun eine Kapitalchance, traurig, aber wohl wahr", klagt er. Zwei Vertragspartner, zwei Darstellungen. So sieht die Lage derzeit aus:

Der Ausgangspunkt: Seit 2006 war Christian Becker Betreiber zweier Jugendgästehäuser in Konz-Hamm und Gillenbeuren (Landkreis Cochem-Zell) sowie eines Zeltplatzes (St. Jost, Landkreis Mayen-Koblenz). Eigentümer der Grundstücke sind die jeweiligen Kirchengemeinden, das Bistum ist Pächter und hat Becker mit einem Vertrag, der bis 2021 läuft, die Nutzungsrechte übertragen. Genutzt wurde das Selbstversorgerhaus in Konz-Hamm laut Becker in erster Linie für Familienwochenenden, für Seminare von sozialen Lerndiensten, von Jugendhilfeeinrichtungen, aber auch für private Feiern. Kirchliche Jugendgruppen erhielten gemäß des Vertrags, der dem Trierischen Volksfreund vorliegt, einen Rabatt. Becker, der auch das Bildungs- und Freizeitzentrum Stiftsberg in Kyllburg (Eifelkreis Bitburg-Prüm) betreibt, muss dem Bistum keine Pacht zahlen, sich nach eigenen Angaben aber mit 40 Prozent am Bauunterhalt beteiligen.

Der Streitpunkt: Im Sommer 2015 habe er von Hilferufen des Kreises gehört, dass dringend Unterkünfte für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge gesucht werden, sagt Becker. "Ich habe dem Jugendamt gesagt, dass das Haus sofort fast 1:1 nutzbar wäre. Anderswo müssten Gebäude erst für viel Geld saniert werden, und so kam ich zu dem Schluss: Ich biete das Haus an."

Daraufhin gab es eine Ortsbesichtigung, wie die Kreisverwaltung Trier-Saarburg bestätigt. An der nahmen neben dem Vermieter und dem freiem Träger (dem Verein Karree Eifel) auch Vertreter des Jugendamts und des Landesjugendamts Rheinland-Pfalz als zuständiger Heimaufsichtsbehörde teil. "Gemeinsam wurde eine sinnvolle Nutzung der Immobilie vor Ort und im Einvernehmen aller Beteiligten besprochen. Dies ist das übliche Verfahren bei der Planung neuer stationärer Betreuungsangebote im Rahmen der Jugendhilfe", sagt Thomas Müller, Sprecher des Kreises. Die Konsequenz: Seit Anfang des Monats sind in Konz-Hamm zehn jugendliche Flüchtlinge untergebracht (siehe Extra).Bistum pocht auf Vertrag


Dieses Vorgehen stieß beim Bistum auf wenig Gegenliebe, dort pocht man auf den 2006 geschlossenen Vertrag. "Gegenstand des Nutzungsvertrags (…) waren ein Zeltplatz und zwei Selbstversorgerhäuser, darunter das Jugendgästehaus Konz-Hamm als Räume kirchlicher Jugendarbeit; vertraglich war die Belegung mit entsprechenden Gruppen und Veranstaltungen festgelegt", teilt Bistumssprecher André Uzulis mit. Was das Bistum stört: "Die Umwidmung war nicht abgestimmt." Da man aber um die Notlage bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten für junge Flüchtlinge wisse, habe sich das Bistum bereiterklärt, das Jugendgästehaus Konz-Hamm aus dem bestehenden Nutzungsvertrag herauszulösen."Ich habe nichts zu verschenken"


Nicht bereiterklären wollte es sich hingegen, die Nutzung weiterhin zu subventionieren. Aus diesem Grund habe man sich mit dem Betreiber "auf einen marktgerechten Mietvertrag" einigen wollen.
Was marktgerecht bedeutet? Hier gehen die Meinungen auseinander. "Das Bistum wollte 6,25 Euro Miete pro Quadratmeter - plus drei Euro für 30 Jahre altes Inventar. Dazu sollte ich auf den jährlichen Zuschuss von 3000 Euro und ein Drittel der Rücklage für Bauunterhalt verzichten. Das alles ergibt 3000 Euro Miete pro Monat." Zu viel für Becker. "Ich bin Unternehmer und habe nichts zu verschenken. Zum Vergleich: In Kyllburg zahle ich für den gesamten Stiftsberg, der um ein Vielfaches größer ist, 3000 Euro Pacht", sagt er.

Und weiter: "Mein erstes Angebot lag also bei 1500 Euro Miete pro Monat und Verzicht auf den Zuschuss." Zu wenig für das Bistum. "Am Ende lag die Forderung immer noch fast 1000 Euro über meinem Angebot", berichtet Becker. Seine Vermutung: Das Bistum wolle raus aus dem Vertrag - und rein in einen rentableren - und sei deshalb nicht mehr bereit gewesen, Mittel zur Verfügung zu stellen. Uzulis verweist auf den bestehenden Nutzungsvertrag: "Der Betreiber wurde dringend, aber vergeblich darum gebeten, zuvor keine vollendeten Tatsachen zu schaffen." Die Flüchtlinge zogen trotzdem ein. Und so erfolgte keine Einigung, sondern die fristlose Kündigung seitens des Bistums.

Wie geht es jetzt weiter? Becker hat der Kündigung widersprochen und Anwälte eingeschaltet. "Ich dachte immer, man könnte sich noch mal vernünftig an einen Tisch setzen. Doch ich musste ernüchtert feststellen: Dem ist nicht so", sagt er. Rechtsbeistand zurate gezogen hat auch der Verein Karree Eifel, der die zehn jungen Flüchtlinge in Konz-Hamm im Auftrag des Kreisjugendamts betreut. "Unser Anwalt soll nun prüfen, wer überhaupt unser Vermieter ist. Bislang ist ja Herr Becker als Vermieter aufgetreten", sagt Frank Pfeiffer von der Geschäftsführung des Vereins. Nach TV-Informationen gab es gestern ein Treffen zwischen Karree Eifel und dem Bistum, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Ergebnisse stehen noch aus.

"Das Bistum arbeitet an einer Einigung mit dem betreuenden Verein Karree Eifel und bemüht sich auch um die bereits in Aussicht gestellte Zustimmung der Kirchengemeinde Konz-Hamm zum geänderten Nutzungszweck", sagt Bistumssprecher Uzulis. Georg Dehn, Pfarrer der Kirchengemeinde, setzt sich gemeinsam mit dem Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat "für die gute Aufnahme der Jugendlichen intensiv ein. Dies verstehen wir als gelebte christliche Solidarität." Ortsvorsteher Egbert Dederichs hat ebenfalls Positives zu berichten: "Auf mein Betreiben hin gab es einen Informationsabend, an dem 100 unserer 500 Einwohner teilgenommen haben." Er wertet das als vollen Erfolg: "Wir stehen mit den Bürgern hinter dem Projekt."Meinung

Der Zweck heiligt nicht immer die Mittel
Die gute Nachricht zuerst: Die minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge dürfen wohl erst mal in ihrem neuen Zuhause bleiben und sich dort einleben - trotz aller Querelen zwischen dem Bistum und dem bisherigen Betreiber. Keine Frage: Die Idee des Betreibers, dem Kreis ein nahezu prädestiniertes Objekt für eine Flüchtlings-Wohngruppe anzubieten, war gut. Denn vielerorts erschweren zum Beispiel die strengen Brandschutzbestimmungen die Suche nach geeigneten Räumen. Auch seine Forderung an das Bistum, mit dem Betrieb des Jugendhauses weiterhin etwas verdienen zu wollen, ist selbstverständlich legitim. Alleine an der Umsetzung hat es gehapert: So war zu erwarten, dass es sich das Bistum nicht gefallen lässt, wenn sich der Betreiber ohne Zustimmung über einen bestehenden Vertrag hinwegsetzt. Die Wege des Herrn mögen unergründlich sein - die Wege des Rechts sind es nicht. r.schaal@volksfreund.deExtra

Thomas Müller, Sprecher der Kreisverwaltung, sagt über die Finanzierung der Wohngruppe: "Mit dem Leistungserbringer wurde eine, im Bereich der stationären Erziehungshilfen übliche, Leistungs- und Entgeltvereinbarung geschlossen." Darin enthalten sei auch ein "kostendeckendes kalendertägliches Entgelt pro Belegungsplatz". Dieses Geld - genaue Zahlen nennt das Kreisjugendamt nicht - erhält der betreuende Verein Karree Eifel, der wiederum Miete an den Betreiber des Hauses zahlen muss. becExtra

 Seit zehn Jahren betreibt Christian Becker das Jugendhaus in Konz-Hamm. Nun hat ihm das Bistum Trier fünf Jahre vor Vertragsablauf fristlos gekündigt. TV-Fotos (2): Friedemann Vetter

Seit zehn Jahren betreibt Christian Becker das Jugendhaus in Konz-Hamm. Nun hat ihm das Bistum Trier fünf Jahre vor Vertragsablauf fristlos gekündigt. TV-Fotos (2): Friedemann Vetter

Foto: friedemann vetter (Ve._), Friedemann Vetter ("TV-Upload vetter"

Zehn unbegleitete Flüchtlinge sind seit Anfang Februar im Jugendhaus Konz-Hamm untergebracht: neun Afghanen und ein Syrer im Alter von 13 bis 18 Jahren. "Die Jungs fühlen sich dort wohl, denn es herschen dort gute Bedingungen", sagt Frank Pfeiffer, Leiter und Geschäftsführer des Vereins Karree Eifel. "Das sind sehr höfliche und angenehme Menschen." Der Verein kümmert sich um die Integration, die Einbindung in die Schule sowie die Vermittlung von Sprache. Pfeiffer: "Außerdem bringen wir ihnen unsere Kultur näher." bec

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