Ärztekittel bleiben heute im Schrank

SAARBURG. Wer heute in Saarburg einen Arztbesuch eingeplant hat, sollte ganz schnell umdisponieren: Fast alle Praxen bleiben wegen des Ärtzeprotestes geschlossen. Ein Notdienst sichert die Grundversorgung.

"Diese Praxis bleibt heute geschlossen" - diese oder eine ähnlich formulierte Mitteilung wird heute an zahlreichen Eingangstüren zu Arzt-Praxen zu lesen sein. Der Grund: Auch die Saarburger Ärzteschaft beteiligt sich - fast komplett - am landesweiten Protest (TV vom 17. Februar).Fast alle schließen sich Protestaktion an

Während in den Nachbarstädten Trier und Konz verschiedene Praxen an mehreren Tagen dieser Woche geschlossen bleiben, machen die Saarburger nur am heutigen Mittwoch "dicht". Bis auf einen Kollegen schließen sich nach Auskunft des Allgemeinmediziners Dr. Richard Bauer alle niedergelassenen sowie die Beleg-Ärzte des Kreiskrankenhauses Saarburg der Gemeinschaftsaktion an. Sein internistischer Kollege Dr. Matthias Hild weiß von einigen, die "nur halb geschlossen" haben. "Zum Teil werden bestimmte, seit langem vereinbarte Eingriffe trotzdem heute gemacht", sagt er. Die Praxen, die heute nicht öffnen, hätten ihren Patienten die Termine rechtzeitig abgesagt. Zudem haben die Saarburger am vergangenen Samstag eine entsprechende Anzeige im Trierischen Volksfreund veröffentlicht. Auch wenn Hild die solidarische Haltung der Konzer Kollegen schätzt, die zum Teil versetzt über die gesamte Woche ihre Praxen geschlossen lassen, hält er dies für Saarburg für nicht umsetzbar: "In Saarburg wurde gar nicht erst darüber diskutiert, sich dem Protest die ganze Woche anzuschließen. Dafür ist die Stadt einfach zu klein. Wir wollen schließlich unsere Patienten im Boot halten und sie nicht vor die Wand laufen lassen." "Der Termin ist ein bisschen ungünstig gewählt wegen der Fastnachts-Woche", meint Bauer. "Das sieht so aus, als wollten die Ärzte Karneval feiern. Aber das ist nicht zu ändern." Tatsächlich habe knapp die Hälfte der etwa 20 Niedergelassenen geplant, von Trier aus mit zur Protestkundgebung nach Neustadt zu fahren. Dort will die versammelte rheinland-pfälzische Ärzteschaft noch einmal ihrer Wut über die geplante Bonus-Malus-Regelung Ausdruck verleihen. Die gesetzliche Bonus-Malus-Regelung soll ab dem 1. April greifen und die Mediziner beim Verschreiben von Medikamenten einschränken sowie Tagestherapiekosten festsetzen. So sieht die geplante Regelung vor, dass Ärzte zur Kasse gebeten werden, die in einem bestimmten Zeitraum zu viele (teure) Medikamente verschrieben haben. Im Gegenzug sollen jene Kollegen mit einem Bonus belohnt werden, die ihren Patienten kostengünstigere Präparate beziehungsweise grundsätzlich weniger verschreiben. Billigere Präparate sichern mehr Punkte

"Je weniger der Arzt verordnet, desto mehr verdient er. Das ist eine höchst unethische Sache", sagt Hild. Kollege Richard Bauer meint: "Den Ärzten werden stetig mehr Steine in den Weg gelegt. Diese neue Regelung ist ein ganz blödes Spiel zwischen Patienten und Ärzten. Wenn ich als Arzt wegen der Reglementierung gezwungen werde, günstigere Präparate zu verschreiben, sieht das so aus, als wolle ich mich auf Kosten der Patienten bereichern." Die Kollegen in Saarburg und andernorts verwendeten viel Zeit darauf, ihre Patienten über die geplanten Neuerungen und den Protest zu informieren. Ein "sehr gutes und informatives" Schreiben habe ein Tawerner Kollege aufgesetzt. Das sei auch in Saarburger Praxen ausgelegt. "Ganz wichtig ist darüber hinaus, mit den Patienten zu sprechen und ihnen die Situation zu erklären", sagt Hild. Nach seiner und der Erfahrung der Kollegen brächten die meisten viel Verständnis für den Ärger der Mediziner auf. "In einer Fernsehsendung wurde in den vergangenen Tagen gesagt, 80 Prozent der Bevölkerung beurteile den Ärzteprotest negativ, 20 Prozent könne ihn nachvollziehen. Nach dem, was bei uns hier ankommt, ist dieses Verhältnis genau umgekehrt." Den Notdienst heute übernimmt Dr. Dieter Obmann, Telefon 06581/2420.

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