Allein unter Männern: Alexandra Bloch aus Neuhütten-Muhl ist die einzige Rangerin im künftigen Nationalpark

Neuhütten-Muhl · Modischer Häkelschal, Piercings an Lippe und Augenbraue, das blondierte Haar mit dem pinken Strähnchen zu einer trendigen Kurzhaarfrisur gestylt: Mit ihrem Erscheinungsbild würde Alexandra Bloch auch als Model durchgehen - wären da nicht das olivgrüne Hemd, die praktische Funktionskleidung und der breitkrempige Hut, der die junge Frau aus Neuhütten-Muhl als Rangerin des künftigen Nationalparks kennzeichnet.

 Alexandra Bloch ist Rangerin im künftigen Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Foto: Reiner Drumm

Alexandra Bloch ist Rangerin im künftigen Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Foto: Reiner Drumm

Foto: E-Mail Gateway (h_hochw )

Frau im vermeintlichen Männerberuf Forstwirt, einzige Rangerin im Hochwald mit 15 männlichen Kollegen, selbst erklärtes Landei mit weltoffener Ausstrahlung: Die 25-jährige Alexandra Bloch vereint spielerisch viele scheinbare Gegensätze und wirkt dabei authentisch und selbstbewusst. "Ich denke, ich habe meinen Traumberuf gefunden", sagt sie beim Treffen in Tranenweier - inmitten der Nationalpark-Idylle. Die Entscheidung, sich zu bewerben, sei innerhalb von fünf Minuten gefallen.Zusage aus Rottenburg lag vor


Nach dem Abitur in Trier-Quint zur Forstwirtin ausgebildet ("die Verwirklichung meines Kindheitstraums") hatte die gebürtige Ratingerin im Westerwald bereits drei Berufsjahre hinter sich gebracht, als sie bemerkte, dass die Motivation etwas nachließ. "Vieles war zu sehr Routine geworden, es gab keine Herausforderungen mehr. Deshalb wollte ich mich verändern, aber ohne den Beruf zu wechseln." Ein Studium der Forstwirtschaft schien der vorgezeichnete Weg, eine Zusage aus Rottenburg lag bereits vor, doch eine Herzensangelegenheit war das nicht. Viel lieber wollte die Naturliebhaberin beides verbinden: Sich beruflich entwickeln und trotzdem weiter viel Zeit im Freien verbringen.
Fast wie eine Schicksalsfügung wirkt es da, dass genau zur selben Zeit die ersten Ranger für den Nationalpark gesucht wurden. "Davon hat mir eine Kollegin bei Landesforsten erzählt", berichtet Alexandra Bloch. Nur wenig später saß sie in einem Vortrag, der über die Aufgaben der Berufsnaturschützer informiert, war sofort Feuer und Flamme und traf besagte Fünf-Minuten-Entscheidung. Nur knapp drei Monate lagen dann zwischen Bewerbung, Zusage, Absage an der Hochschule und Beginn der Ausbildung zur Rangerin.
Gleichzeitig begann sie nach einem Eigenheim zu suchen - und zwar nicht in Birkenfeld oder Idar-Oberstein, sondern bewusst mitten im Nationalparkgebiet. "Als ich zum ersten Mal nach Muhl kam, wusste ich: Hier bin ich richtig", erzählt sie. Ein Haus mit genügend Platz für ihre drei Hunde und ein Stall für ihre Hühner standen zum Verkauf. "Ich habe noch ein wenig verhandelt, aber ich wusste, das ist es." Der Umzug in den Neuhütter Ortsteil war wieder so eine Bauchentscheidung, bei der sie sich über gut gemeinte Warnungen hinwegsetzte: "Meine Kollegen haben gesagt, ich kann als Rangerin nicht nach Muhl ziehen, weil das ein Dorf voller Nationalparkgegner ist. Aber ich bin toll aufgenommen worden. Die größten Gegner haben mir am meisten geholfen." Mit den Nachbarn nach Feierabend ein Bier zu trinken, das gehört für sie mittlerweile zum Alltag - wenn auch dabei das Thema Nationalpark meist noch ausgeklammert bleibt.
Die Großstadt fehlt der lebenslustigen jungen Frau kein bisschen. "Ich bin am Wochenende viel unterwegs, um Freunde zu treffen. Da ist es schön, anschließend wieder in diese Idylle zu kommen." Ihren Hobbys Klettern, Angeln und Grillen kann sie ohnehin am besten in der Natur nachgehen. Einzig die fehlenden Möglichkeiten zum Tanzen und das spärliche gastronomische Angebot in der Region bedauert sie.
Ihr Spezialgebiet ist Inklusion
Seitdem sie ihre Prüfung bestanden und im Dezember ihre Urkunde erhalten hat, geht sie in der vielseitigen Arbeit als Rangerin auf. Derzeit steht bei ihr und ihren Kollegen die Gebietskontrolle im Vordergrund, bei der in der einen Kilometer breiten Schutzzone rund um die Nationalparkkernzone die Schäden durch Orkan Niklas ermittelt werden. "Wir nehmen die GPS-Daten umgestürzter Bäume auf, damit sie anschließend aus dem Wald geholt werden können", erklärt sie. Weitere Aufgaben sind der Bau und Erhalt von Schutzhütten und Zäunen, Waldschutz und Wildtiermanagement, die Vorbereitung der künftigen Rangertouren und Umweltbildungsprogramme und natürlich der Eröffnungsfeier am Pfingstwochenende. Für die Zeit nach dem Tag X freut sie sich besonders auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, "aber auch auf die Ruhe an Tagen, an denen keine Führungen anstehen und es gleich nach dem Frühstück raus in die Natur geht." Da für alle Ranger individuelle Weiterbildungen geplant sind, möchte sie künftig einen Schwerpunkt auf das Thema Inklusion setzen, denn dies war auch das Thema ihrer Abschlussarbeit.
Bereits vorgesehen ist eine barrierefreie Tour rund um Tranenweier und die Biotope im oberen Trauntal. "Hier gibt es auf engstem Raum mehr ökologische Vielfalt als in vielen anderen Bereichen und dazu noch die Legende um den Weiher, um die sich gut eine Geschichte stricken lässt", betont sie. Angedacht ist, an gleicher Stelle auch Hörgeschädigten und Sehbehinderten den Nationalpark näherzubringen. "Einige von uns werden sich wohl auch als Gebärdendolmetscher ausbilden lassen."
Fünf Jahre läuft zunächst der Arbeitsvertrag als Rangerin. Darüber, wie es danach weitergeht, will sie noch keine Prognose abgeben. "Mir ist es wichtig, mich weiterzuentwickeln." Und wo sieht sie den Nationalpark in fünf Jahren? Deutliche Antwort: "Ich glaube, dass an den entscheidenden Stellen bei uns derart gute und kompetente Leute am Werk sind, dass sich einige noch wundern werden, was für ein Erfolg bis dahin aus dem Projekt geworden ist."

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