Als würde die Welt versinken

KONZ. Große Musik, kompetente Interpretation, voll besetzter Saal. Das Benefizkonzert mit Mitgliedern des "Orchestre Philharmonique du Luxembourg" entwickelte sich im Festsaal Konz-Karthaus zu einem Höhepunkt im Konzer Kulturprogramm

"Es ist ein Traum für mich", sagte der luxemburgische Klarinettist Bruno Guignard. Ein Traum, weil er die Klarinettenquintette von Wolfgang Amadeus Mozart und Johannes Brahms öffentlich spielen konnte. Ein Traum auch, weil die beiden Kompositionen zum Größten und Schönsten für dieses Instrument zählen - und vielleicht zum Größten und Schönsten in der Musik überhaupt. Der luxemburgische Verein "Solidarität mit der Jugend von Cuzco", der in der ehemaligen Inka-Metropole auf dem peruanischen Hochland ein Haus für Waisenmädchen betreibt, hatte das Benefizkonzert arrangiert und damit gleich zweierlei erreicht - eine finanzielle Unterstützung für das Waisenhaus und einen Höhepunkt im Konzer Kulturleben. Die ersten Takte des Mozart-Klarinettenquintettes klingen auf, und augenblicklich verbreitet sich im Festsaal Konz-Karthaus jene Stimmung zwischen Heiterkeit und Melancholie, die dieses Quintett so kostbar macht. Guignard und seine Luxemburger Kollegen Angela Rathjen und Aurélie Detampel (Violinen) Bernard Kaiser und Katrin Reutlinger (Viola und Violoncello) spielen einen unverzärtelten, einen energischen Mozart und geben dem Quintett doch seinen unvergleichlichen Tonfall: das abgeklärt Schwebende, die zerbrechliche, verletzliche Schönheit, die den Atem anhalten lässt. Und die doch nicht neutral und distanziert daherkommt, sondern übermütig wie im Ländler des zweiten Trios und mit heiterer Brillanz im abschließenden Variationssatz. Das Klarinettenquintett von Johannes Brahms nach der Pause klang, als wäre die spätsommerliche Stimmung eigens für diese Musik erfunden worden. Brahms hatte bekanntlich mit dem Komponieren schon abgeschlossen, als ihn der Meiniger Klarinettist Richard Mühlfeld zu diesem Werk (und einigen anderen für Klarinette) inspirierte. Ein Abgesang? Nein, eine späte Blüte! Trotz kleiner Ungenauigkeiten: Das Luxemburger Quintett findet nicht nur den Tonfall für die süße Wehmut dieses Werks, sondern auch die Kraft für dessen Ausdrucks-Energie, dessen ganz diesseitige Klangfülle. Die Streicher, vor allem Bratsche und Cello, singen die Kantilenen aus und bauen auch noch in den leisen, geringstimmigen Abschnitten eine Spannung auf, die bis zum letzten Takt trägt. Und über diesem Streichersatz schwebt der sanft verhaltene, virtuos bewegte und oft leidenschaftliche Klang der Klarinette. Es ist, als würde die Welt versinken und nur noch das Kunstwerk existieren - mit seiner Ausdruckstiefe und Klangfülle, seiner passionierten Kraft und seinem immensen Reichtum an Feinheiten. Ein bewegender, ein ergiebiger Abend - nicht nur für die Waisenmädchen in Cuzco. Weitere Veranstaltungen im Konzer Kulturprogramm: "Weißt du eigentlich, was ich fühle?" Ein Abend mit Drogenfahnder und Autor Jörg Schmitt-Kilian (28. September, 20 Uhr, Stadtbibliothek); Kammermusik-Matinee mit dem "Ensemble 4-3-4" und Werken von Mozart, Schumann und Brahms im Festsaal Karthaus (1. Oktober, 11 Uhr).

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