Altes erhalten und Gutes gestalten

KANZEM. "Neues Bauen in alter Umgebung" – zum sechsten Mal vergab der Landkreis Trier-Saarburg seine Urkunden für vorbildliches Bauen im Kreis. Vier Häuser hatte der Architektenbeirat des Kreises der Auszeichnung für würdig befunden – und einen Garten der ganz besonderen Art: den "Philosophischen Friedhofsgarten" in Kanzem.

Das Motto verrät es: Nicht traditionelles, regionstypisches Bauen soll mit dem Wettbewerb gefördert werden; eine der wesentlichen Zielsetzungen des Beirats ist es, "die Bevölkerung zu einem kreativen Umgang mit der Architektur anzuregen". So heißt es in der Begründung für die Nominierung eines Wohnhauses in Longuich (Bauherren: Markus und Elke Thul, Architekt: WW+Architektur+Management, Esch-sur-Alzette). Klare Formensprache, dorfgerechte Proportion

Ähnlich lobend ist die Beschreibung der neuen Tourist-Information in Kasel (Architekten Stein+Hemmes, Kasel). Darin wird festgestellt: "Spontane Vertrautheit wird hervorgerufen als wohltuende Folge der Wiedererkennung von Bekanntem. Das Festhalten an der Grundidee der Verwendung regionaler Materialien schafft eine hohe Identifikation." Mit dem Neubau sei es gelungen, in der gewachsenen dörflichen Struktur ein in seinem Charakter ursprünglich erscheinendes, dennoch zeitgemäßes Gebäude zu erstellen. Die Absicht, nicht die Ergebnisse von Gestaltungsexperimenten in neuen Baugebieten auszuzeichnen, sondern gelungenes neues Bauen in alter Umgebung zu fördern, wird in der Laudatio für das Wohnhaus von Marlies Luy-Rommelfangen und Peter Rommelfangen in Mannebach (Architektin: Marlies Luy-Rommelfangen, Ballini Pitt & Partners) deutlich. Darin heißt es: "Ein zweigeschossiges Haus fällt besonders auf durch seine klare Formensprache, dorfgerechte Proportion und die gute Einpassung in das… Grundstück." Als viertes Gebäude gefiel dem Architektenbeirat das wie ein weißer Würfel anmutende Wohnhaus von Conny Huls und Martin Licht in Nittel (Architekten: Rainer Dürr und Jutta Falk, Trier). Hier begründet der Beirat seine Entscheidung unter anderem wie folgt: Es sei "den Bauherren und ihren Architekten beispielhaft gelungen, auf die Besonderheiten des Landschaftsraums und des Klimas eine angemessene Antwort zu finden. Wie ein Findling positioniert sich der strenge kubische Baukörper an der Hangkante über der Mosel." Eine besondere Belobigung für vorbildliches Bauen ist die erstmalige Nominierung einer kleinen Parklandschaft. Auf einer Fläche von 14 mal 120 Metern zwischen einer dörflichen Straße und einem Altarm der Saar ließ Architektin Rosa Vollmuth in Kanzem den "Philosophischen Friedhofsgarten" entstehen. Das ist ein Stück auf besondere Art eingefangener und gestalteter Natur, das von Laudator Alois Peitz unter anderem so beschrieben wird: "Wer sich auf diese Landschaft einlässt, kann lernen, dass es auch etwas anderes gibt, als Natur nur nachzuahmen. Hier lässt sich gestaltete Natur deuten. Der Besucher findet sich selbst wieder in der Art der Zeichen: Im Garten des Werdens, des vollen Lebens, im Garten der Reife und schließlich im Garten der Erfüllung." Landrat Günther Schartz wies zu Beginn der Feier im Bürgerhaus Kanzem darauf hin, dass dieser Wettbewerb Anregung zu einer zeitgemäßen, ökologischen Nutzung sei. Ortsbürgermeister Günter Frentzen hatte in seiner kurzen Begrüßungsansprache berichtet, weshalb die Preisvergabe in seinem Dorf (und nicht wie bisher in Trier) stattfand: "Als ich hörte, dass unser Friedhofsgarten ausgezeichnet werden sollte, habe ich gesagt: Das könnten wir doch in Kanzem machen." Forderung: Bauen in Dorfkernen unterstützen

Für den Architektenbeirat des Kreises Trier-Saarburg hatte Hans-Jürgen Stein (Kasel) gefordert, die Attraktivität des innerdörflichen Bauens müsse massiv gesteigert werden, die Grundstücke müssten größer, Neubauten müssten leichter genehmigt, und das teurere Bauen im Dorfkern müsse billiger werden. Notwendig seien spezielle neue Förderprogramme, die das neue, moderne Bauen im Dorfkern unterstützen. Ähnlich äußerte sich auch Marie-Luise Niewodniczanska, die dem Kreis Trier-Saarburg ein "großes Lob für die Einrichtung des Architektenbeirats" aussprach und dafür plädierte, neue Wege zu beschreiten: "Die Innenentwicklung der Dörfer ist wichtiger, als oft problematisch gestaltete Neubaugebiete auszuweisen." Das Motto müsse sein: "Altes erhalten und Gutes neu gestalten".

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