Kriegsgeschichte Als der Tod am 11. Mai 1944 nach Konz kam

Konz · 58 Menschen starben am 11. Mai 1944 bei einem Angriff auf Konz. 75 Jahre nach diesem Schicksalstag blickt der TV auf die Attacke, die den Luftkrieg im Raum Trier einleitete.

 Die Bilder von der Stadt Konz aus dem Jahr 1944 in der oberen Reihe stammen aus dem Bildarchiv des Konzer Chronisten Rudolf Molter. Die aktuellen Bilder hat TV-Fotograf Friedemann Vetter gemacht. Zu sehen sind von links nach rechts: Konstantinstraße (Blickrichtung Granastraße), Goetestraße (von der Schillerstraße aus gesehen) und Karthäuser Straße (in Blickrichtung Innenstadt vor der heutigen Granabrücke).

Die Bilder von der Stadt Konz aus dem Jahr 1944 in der oberen Reihe stammen aus dem Bildarchiv des Konzer Chronisten Rudolf Molter. Die aktuellen Bilder hat TV-Fotograf Friedemann Vetter gemacht. Zu sehen sind von links nach rechts: Konstantinstraße (Blickrichtung Granastraße), Goetestraße (von der Schillerstraße aus gesehen) und Karthäuser Straße (in Blickrichtung Innenstadt vor der heutigen Granabrücke).

Foto: TV, Rudolf Molter/Friedemann Vetter, Fotoarchiv Rudolf Molter

„Konz in Rauch und Trümmern – Zeitzeugen berichten“. So lautet die Überschrift des Kapitels in der Stadt-Chronik von 2009. Der Abschnitt beschreibt einen Schicksalstag für Konz, der sich heute jährt: Am 11. Mai vor 75 Jahren bringen drei Bomberverbände Tod und Zerstörung über weite Teile der Konzer Innenstadt. Laut dem Text von Rudolf Molter, Ehrenbürger der Stadt und Autor der Konzer Chronik, werfen 55 amerikanische B-17-Bomber an diesem Tag tonnenweise Spreng- und Brandbomben ab. 58 Menschen – Männer, Frauen, Kinder – verlieren durch diesen Angriff ihr Leben.

Die Zeitzeugen, auf deren Berichten Molters Artikel von 2009 basiert, leben laut dem Autor heute nicht mehr. Es bleiben aber schon veröffentlichte Zitate, um den Angriff anschaulich zu beschreiben: „Die Detonationen übertrafen alle Vorstellungen, die man sich bisher von einem Bombenangriff gemacht hatte. In den wankenden Häusern und erst recht im Freien wurden die schreienden Menschen durch den Luftdruck herumgewirbelt. Die Luft war im Nu mit Staub und Qualm gefüllt; es wurde finster wie bei Nacht ...“, zitiert Molter einen der Zeugen. Für den TV hat der Hobby-Historiker sein Fotoarchiv noch einmal genau gesichtet und einige teils unveröffentlichte Bilder hervorgeholt, die die Folgen des verheerenden Bombenangriffs dokumentieren. Auf den Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind die zerstörte Goethestraße, die untere Konstantinstraße sowie die Karthäuserstraße 2, das ehemalige Gasthaus Sorgen, abgebildet. Ein Foto zeigt die Beisetzung der Opfer auf dem Friedhof St. Nikolaus.

Die tödliche Attacke ist Teil eines größeren Plans der Alliierten, um die Landung in der Normandie vorzubereiten. Historiker ordnen ihn in eine Reihe von Luftangriffen auf das Eisenbahnnetz zwischen dem Deutschen Reich und der französischen Atlantikküste ein. Stefan Reuter von der Dillinger Geschichtswerkstatt, einem Zusammenschluss saarländischer Hobby-Historiker, beschreibt die sogenannte Operation No. 351 in einem Aufsatz über den parallelen Angriff auf Saarbrücken. Die Alliierten wollen demnach die Nachschubrouten der Wehrmacht nach Frankreich abschneiden, um den Weg für den D-Day am 6. Juni 1944 zu bereiten.

Laut den Historikern fliegen am 11. Mai insgesamt 608 viermotorige Bomber vom Typ B 17 in Süd-England los, um Verschiebebahnhöfe in Brüssel, Lüttich, Trier-Ehrang, Konz-Karthaus, Luxemburg, Völklingen und Saarbrücken zu zerstören. Formiert sind die Fliegenden Festungen, wie sie auch genannt werden, in zwölf Verbänden. Sechs davon (274 Flugzeuge) attackieren die Städte in Belgien. „Die restlichen 334 Bomber nehmen Kurs auf den Saar-Mosel-Raum“, heißt es in Reuters Aufsatz.

Nach Konz kommen laut einer Luftangriffsstatistik für den Raum Trier, die der Koblenzer Historiker Helmut Schnatz in einem Aufsatz ausgewertet hat, Piloten der 1. Bombardement Division in der 8. Air Force. Die 91., 92. und 401. Bomb Group werfen zwischen 18.40 und 18.42 Uhr 133,1 Tonnen Bomben ab – 99,8 Tonnen Sprengkörper und 33,3 Tonnen Brandbomben. Laut der Statistik ist der Angriff – gemeinsam mit dem auf den Verschiebebahnhof in Trier-Ehrang – am 11. Mai der erste große Luftschlag in der Region Trier. Es wird bis zum Kriegsende aber bei weitem nicht der letzte sein (siehe Info).

Dass in Konz drei Bombergruppen beteiligt gewesen sein sollen, entspricht Molters Zeitzeugenschilderungen in der Konzer Chronik. Demnach erfolgt der Angriff in drei Wellen, die unmittelbar aufeinander folgen. Das bombardierte Gebiet erstreckt sich von der Saarbrücke über die Grana-, Schiller- und Goethe- sowie Konstantinstraße bis hin zu den Eisenbahnwerkstätten in Karthaus. Der erst Pulk wirft Bomben mit Sprengstoff ab. Dann folgen Brand- und Phosphorbomben. Die dritte Welle lässt eine gemischte Ladung aus Spreng- und Brandbomben auf Konz niedergehen. „Sie bringen Feuer, Zerstörung und Tod über vorgenannte Straßenzüge“, schreibt Molter. Auch der Bereich zwischen Bahnhofstraße, Lichtsmühle und Weinbergstraße sowie die südliche Karthäuser Straße (Bild Gasthaus Sorgen) und die Alte Straße sind betroffen. Direkt sterben 53 Konzer, an den Folgen schwerer Verletzungen durch den Angriff fünf weitere Menschen. Die 58 Namen sind in der Konzer Chronik aufgelistet. Hunderte Menschen werden verletzt oder etliche weitere verlieren ihr Dach über dem Kopf.

Besonders hart trifft es das Betriebsgelände der Konzer Maschinenbaufirma Zettelmeyer im Bereich des heutigen Saar-Mosel-Zentrums. Die Spätschicht hat dort kurz vor dem Angriff ihre Arbeit aufgenommen. „Wo bis vor einigen Minuten noch das Hauptverwaltungsgebäude sowie Montage-, Maschinen und Werkzeughallen gestanden hatten, nur noch dampfende Bombentrichter, brennende und rauchende Trümmer“, beschreibt Molter das Horrorszenario. „Das Öl- und Gaslager hat Volltreffer erhalten. Die Brände aus Brandsätzen und Phosphor gespeist sind explodiert oder explodieren noch immer.“

 Bei der Beisetzung der Opfer auf dem Friedhof St. Nikolaus waren etliche Bürger und Vertreter der NSDAP dabei.

Bei der Beisetzung der Opfer auf dem Friedhof St. Nikolaus waren etliche Bürger und Vertreter der NSDAP dabei.

Foto: Rudolf Molter/Fotoarchiv Molter

Noch heute zeugen immer wieder gefährliche Relikte von den Attacken auf die Bahnhöfe und Brücken in der Region, zum Beispiel die 2018 in Konz entdeckte 500 Kilogramm schwere US-Fliegerbombe, ein Blindgänger, den Arbeiter in der Nacht vom 24. auf den 25. Oktober 2018 auf einer Bahnbaustelle an der Alten Straße 1 gefunden haben. Um den Sprengkörper, der im Fall einer Explosion hätte etliche Menschen töten können, zu entschärfen, mussten am 28. Oktober 6600 Menschen für mehrere Stunden ihre Häuser verlassen. Sie alle wären im Fall einer Explosion gefährdet gewesen. Erst nach der Evakuierung des Bereichs konnte der Kampfmittelräumdienst die Zünder entfernen. Zum letzten Mal war die Truppe an diesem Tag vermutlich nicht in Konz im Einsatz. 

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