Angsten zum Anfassen

GREIMERATH. Wo er auch hinkommt – vorstellen muss sich Werner Angsten nirgends mehr, wenn ihm die Tür geöffnet wird. Im Wahlkampf haben auch für ihn "Hausbesuche" einen festen Platz im Terminkalender. Der TV hat den CDU-Bewerber und derzeitigen Rathaus-Chef dabei in Greimerath begleitet.

"Hurra, es gibt was zu feiern!", ruft Anita Essig aus und läuft zum Kühlschrank, um eine Sektflasche zu köpfen. Doch halt, falsch geraten: Werner Angsten ist nicht der Grund für den Freudenausbruch der Mitarbeiterin des "Panshauses" vor den Toren von Greimerath - obwohl der CDU-Kandidat für das Bürgermeisteramt just in diesem Moment mit seiner Wahlkampfhelferin Simone Martini der Gaststätte einen Besuch abstattet und sich einen Kaffee genehmigt. Nein, eben kam der Anruf aus dem Hermeskeiler Krankenhaus, dass Essig Patin geworden ist. "Viktoria heißt das Mädchen", erzählt sie mit einem strahlenden Lachen. Der Name passt: Denn "Viktoria", also "Sieg", ist auch die Mission, die Angsten an diesem Morgen nach Greimerath geführt hat. "Kurz, aber intensiv", sei sein Motto bei den Touren, die ihn seit dem 9. März durch alle 13 Dörfer in der VG führen und ihm Stimmen für den Wahlerfolg gegen seinen SPD-Kontrahenten Christian Kruchten sichern sollen. "Ich wollte erst mal den ganzen Fastnachtszirkus vorüber gehen lassen. Außerdem hätte es vielleicht zu aufdringlich ausgesehen, wenn ich schon Wochen vorher mit den Hausbesuchen angefangen hätte", sagt Angsten. Denn eines hat der 57-Jährige - im Gegensatz zu vielen seiner Politikerkollegen, die vor Wahlen auf Stimmenfang gehen - beim besten Willen nicht nötig. Wenn er Haus um Haus abklappert und sich die Türen öffnen, muss er niemandem lang und breit erklären, wer er ist. "Welch seltener Besuch" freuen sich beispielsweise die beiden älteren Schwestern Elisabeth und Hedwig Kelter mit einem Augenzwinkern, als der Bürgemeister vor ihnen steht. Und auch bei Cornelia Wagner gibt es einen herzlichen Empfang: "Herein, Herr Angsten, wir kennen uns". Vorstellen muss sich der CDU-Kandidat also nirgends, und deshalb eröffnet er das Gespräch häufig mit einem Händedruck und der Bemerkung: "Dann können Sie sich ja bestimmt denken, warum ich gekommen bin." Tiefer gehende Themen oder konkrete kommunalpolitische Fragen werden an diesem Morgen zwar eher selten angeschnitten. Allerdings: "Wenn ich abends fertig bin, habe ich auf meinem Block mindestens zwei Seiten mit Fragen oder Anregungen von Bürgern voll, die ich auf dem Amt abklären lasse", erzählt Angsten. Zumeist bleibt es jedoch beim lockeren Plausch mit den Leuten, bei dem sich stets aufs Neue zeigt: Wenn der Bürgermeister behauptet, "dass ich jeden mit Namen kenne und von vielen die Lebensgeschichte erzählen kann", dann ist das wohl nicht zu dick aufgetragen. Ob jemand im Musikverein aktiv ist oder beim Karneval auftritt - Angsten zeigt sich fast an jedem Haus über die Bewohner gut informiert. Er weiß hier eine Anekdote zu erzählen, erinnert sich dort an frühere Begegnungen und erfährt in Greimerath viel Zuspruch und Aufmunterung: "Wir wissen doch, was wir an Ihnen haben", sagt ein älterer Mann zu ihm. "Herr Angsten, sie brauchen doch keine Angst zu haben", beruhigt ihn Alois Marx, und selbst Franz Backes, seit 1962 SPD-Mitglied, ruft aus seinem Auto heraus: "Zu mir brauchen Sie nicht zu kommen. Ich wähl Sie sowieso." Kritische Fragen oder gar Ablehnung sind an diesem Morgen Fehlanzeige. Das mag aber vielleicht auch daran gelegen haben, dass Angsten und Martini für den "Häuser-Wahlkampf" gut ausgerüstet sind. Während der Bürgermeister aus seinem Jute-Beutel zwei Image-Prospekte, einen Bleistift und einen Notizblock hervorholt, verteilt seine junge Begleiterin nämlich etliche Sachen zum Naschen und - vor allem für die Männerwelt nicht uninteressant - einen Terminplaner für die Fußball-WM.

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