Antike Gemäuer in Kiesgrube entdeckt

Konz · Die Firma Wacht hat die Kiesgrube neben dem Weinberg am Rand von Wasserliesch fast komplett ausgebeutet. Kurz vor der Renaturierung haben die Arbeiter antike Überreste entdeckt. Das Rheinische Landesmuseum untersucht sie zurzeit.

Marcus Thiel steht vor einer Kellermauer, die vermutlich aus dem dritten oder vierten Jahrhundert nach Christus stammt. Wenige Meter entfernt haben seine Mitarbeiter die Stufe eines antiken Wasserbeckens freigelegt. Ob es eine Badewanne oder ein Nutzbecken war, ist laut dem Grabungstechniker des Rheinischen Landesmuseums noch unklar. Direkt neben der Stufe ist ein tiefes Loch mit einer Steinmauer - laut Thiel stammt sie von einem Kalkbrennofen aus dem Spätmittelalter.

Thiel und sein Team sind zurzeit in der Kiesgrube am Wasserliescher Ortsrand beschäftigt. Sie haben dort Überreste aus der Bronze- und der Römerzeit sowie aus dem Spätmittelalter ausgebuddelt. Die Mitarbeiter der Firma Wacht waren kurz vor Ostern beim Kiesabbau darauf gestoßen. Wenig später rückten die Museumsarchäologen an.
Jetzt klettert Thiel zwischen die freigelegten Kellermauern. Er zeigt auf das Muster. Feinsäuberlich wurden rote Sandsteine zwischen weiße Kalksteine gesetzt, so dass ein treppenförmiges rot-weißes Muster in der Mauer entstanden ist. Dass eine Kellermauer mit solcher "Kunst am Bau" ausgestattet sei, halte er für ungewöhnlich, sagt Thiel. Für ihn ist das ein Indiz dafür, dass der Besitzer des antiken Gemäuers wohlhabend war.

Thiel folgert deshalb, dass es sich bei den Überresten um den Teil eines Nebengebäudes der römischen Villa in Wasserliesch handeln könnte. Deren Ruinen hatte die Gemeinde Wasserliesch 1983 in einer höchst umstrittenen Aktion beseitigt (siehe Extra).

Bestätigt ist die Villa-These noch nicht. Woher die Überreste letztlich stammen, prüfen die Trie rer Archäologen noch. Die Grabungsstelle wollen sie schon Ende dieser Woche verlassen. Ein Ergebnis der Untersuchung wird aber erst nach monatelanger Forschungsarbeit an den Museumsschreibtischen folgen.
Die Frage, wie es weitergeht, ist noch nicht beantwortet. Fest steht, dass der Kiesabbau an der Fundstelle vorläufig gestoppt ist - zumindest bis die Archäologen sie wieder freigeben.
Die Gemeinde ist hingegen daran interessiert, das Privatgelände zum Beispiel als Naherholungsfläche auszubauen - oder aber als touristisches Juwel für den Ort aufzumöbeln.

"Wir wollen abwarten, was das Landesmuseum sagt", sagt der neu gewählte Wasserliescher Ortsbürgermeister Thomas Thelen (CDU) auf TV-Anfrage. Sollte sich herausstellen, dass die archäologischen Funde an der Stelle Potenzial für eine Umgestaltung haben, komme das der Gemeinde entgegen. Thelen verweist darauf, dass in einem Dorferneuerungskonzept bereits Ideen für die Fläche ausgearbeitet seien. Allerdings sei es abhängig von dem Eigentümer des Geländes, der es für den Kiesabbau verpachtet hat. Dieser hatte vor Kurzem im Gespräch mit dem TV darauf verwiesen, dass es sich um sein Privateigentum handele. Weiter wollte er sich nicht äußern (der TV berichtete).
Der Wasserliescher Heimatforscher Ferdinand Hein hat nach Absprache mit der Ortsgemeinde einen Brief an das Landesmuseum in Trier geschrieben. Der Historiker, der auch die Vorgänge rund um die Villa Rustica aufgearbeitet hat, ist besorgt, dass bei dem neuen Fund ähnliche Fehler wie 1983 begangen werden. "Ich möchte mit dem Brief verhindern, dass die Funde direkt wieder weggebaggert werden", sagt er im Gespräch mit dem TV.
Meinung

Von
Christian KremerAus alten Fehlern lernen!Beim Umgang mit der römischen Vergangenheit hat sich die Ortsgemeinde Wasserliesch bisher nicht mit Ruhm bekleckert. 1983 hat sie es verpasst, ihr Erbe zu erhalten und touristisch auszuschlachten. Jetzt müssen alle an einem Strang ziehen, um nicht die alten Fehler zu wiederholen. Der Ort könnte zumindest einen klitzekleinen Teil seines römischen Erbes doch noch erhalten. Die Gemeinde ist da mit ihren Ankündigungen schon auf dem richtigen Weg. Jetzt wäre es wichtig, dass auch der Eigentümer der Flächen mitzieht. c.kremer@volksfreund.deExtra

1983 war für das kulturelle Erbe in Wasserliesch ein fatales Jahr. Heimatforscher Ferdinand Hein hat die Vorgänge auf der Internetseite der Gemeinde zusammengefasst (wasserliesch.de). Die Überreste der örtlichen römischen Villa fielen damals Baumaschinen zum Opfer. Die Gemeinde verpasste es, ihr kulturelles Erbe zu erhalten und ließ die Fundamente der Villa von Baggern abtragen statt das römische Erbe wieder aufzubauen und touristisch auszunutzen, wie es in anderen Orten in der Region geschehen ist - zum Beispiel in Mehring, Tawern oder Longuich. Zuvor hatte der Ortsgemeinderat beschlossen, den alten Friedhof im heutigen Ortskern abräumen zu lassen. Der damalige Chefkonservator des Landes Rheinland-Pfalz Magnus Backes sah in dem Fall von Wasserliesch "einen ungewöhnlich krassen Fall" von "misslungener Denkmalpflege", zitiert Hein ihn. "Ein Dorf - Wasserliesch an der Mosel bei Trier - hat seine ganze Geschichte weggebaggert", lautete 1983 das Fazit von Backes. Solche Aussagen führten dazu, dass Medien deutschlandweit berichteten. Grundtenor laut Hein: Die Gemeinde hat ihre Vergangenheit in einer Nacht-und-Nebel-Aktion weggebaggert. Der Kreis Trier-Saarburg leitete ein Bußgeldverfahren gegen die Gemeinde in Person des damaligen Ortscherfs ein. 900 D-Mark waren wegen des Verstoßes gegen das Landesdenkmalgesetz fällig. cmk

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort