Auch im Alter in Würde wohnen

Eine ehemalige Chefarzt-Villa in Saarburg wird zum Zuhause für eine Wohngemeinschaft besonderer Art: Demenzkranke ältere Menschen werden weitgehend selbstständig unter diesem Dach leben. Kreis- und landesweit ist dieses Projekt nach Auskunft des Kreises ein absolutes Novum.

 Sind von der Idee überzeugt, in dieser Villa eine Senioren-WG einzurichten: Harald Lehnertz (links) und Dieter Ackermann. TV-Foto: Susanne Rendenbach

Sind von der Idee überzeugt, in dieser Villa eine Senioren-WG einzurichten: Harald Lehnertz (links) und Dieter Ackermann. TV-Foto: Susanne Rendenbach

Saarburg. Irgendwann kommt die Frage auf jeden zu: Wie will ich leben, wenn ich alt bin und es in den eigenen vier Wänden ohne Weiteres nicht mehr geht? Eine besondere Dimension erhält diese Überlegung, wenn zum fortgeschrittenen Alter eine Demenz-Erkrankung hinzukommt.

Dass der Anteil älterer, unter Gedächtnisverlust leidender Menschen seit Jahren stetig steigt, ist hinlänglich bekannt.

"Bei uns leben zurzeit 105 Männer und Frauen zwischen 60 und 100 Jahren", sagt Hermann-Josef Rommelfanger, Sozialarbeiter im - ans Krankenhaus angedockten - Seniorenzentrum St. Franziskus in Saarburg. "70 Prozent sind dement."

Pflegedirektor Harald Lehnertz prophezeit: "Das Thema Demenz wird uns in den kommenden Jahren überrennen."

Viele kommen zu früh in Altenpflege-Heime



Grund seien die Auswirkungen des demografischen Wandels sowie geänderte Familienstrukturen. Dabei weiß Dieter Ackermann von der Leitstelle Älterwerden des Kreises Trier-Saarburg: "Viele demenzkranke Menschen kommen in Altenpflege-Heime, obwohl sie dort noch gar nicht hingehören." Die Senioren seien häufig noch zu vielem fähig, was in den Heimen aber nicht abgefragt werde und sie so schneller abbauen lasse.

Auf der Suche nach einem alternativen Konzept, das diesen Menschen so lange wie möglich die Normalität des Alltags bewahrt, ist Ackermann gemeinsam mit den Verantwortlichen des Saarburger Kreiskrankenhauses fündig geworden.

"Die Krankenhaus GmbH besitzt diese ehemalige Chefarzt-Villa an der Kahrener Straße, die seit etwa drei Jahren leer steht", berichtet Pflegedirektor Lehnertz. Während eines gemeinsamen Termins mit Dieter Ackermann in Saarburg sei die Idee entstanden, das Haus für eine Senioren-Wohngemeinschaft nutzbar zu machen. Lehnertz: "Der Vorteil ist, dass man das Haus durch einen Umbau komplett so konzipieren kann, wie wir es uns für das Projekt vorstellen."

Zwölf an Demenz erkrankte Senioren sollen nach dem mehrmonatigen Umbau - der voraussichtlich im Frühjahr 2010 startet - in die Villa einziehen. Jeder erhält ein eigenes Zimmer, in das die persönlichen Möbel mitgebracht werden können. Der Küchen- und Bad-Bereich wird gemeinsam genutzt. "In diesem Haus leben die Senioren als ganz normale Mieter, die ihren Tag nach ihren Vorstellungen gestalten", erläutert Ackermann die Planung. Soweit möglich sollen sie selbst einkaufen gehen, bei der Essensplanung und -zubereitung sowie bei anderen Arbeiten im Haushalt mitanpacken.

Zwei hauswirtschaftliche Kräfte sowie eine weitere, die sich um die Bewohner kümmert, sollen eingestellt werden. "Außerdem wird es eine Nachtbereitschaft im Haus geben", sagt Ackermann.

"Der Charme an dieser Sache ist die 24-Stunden-Betreuung, so dass Familien ihre Angehörigen mit gutem Gefühl in der Wohngemeinschaft lassen können." Ein Beschäftigungs-Angebot werde sicher gemacht, allerdings betont Ackermann: "Jeder soll in der Wohngemeinschaft so leben können, wie er möchte. Es gibt kein Pflicht- Programm." Medizinisch versorgt würden die Bewohner im Bedarfsfall von frei gewählten Pflegediensten. "Landesweit gibt es circa 25 Senioren-Wohngemeinschaften. Keine ist allerdings so konzipiert wie die geplante in Saarburg", sagt Ackermann. "In Saarburg soll auch ein Sozialhilfeempfänger einziehen können, dafür haben wir mit dem Kreis ein Finanzierungskonzept aufgestellt."

Auch die vor wenigen Monaten in Greimerath eröffnete Senioren-WG sei von der Ein- und Ausrichtung her nicht mit Saarburg vergleichbar. "Saarburg wird kreis- und landesweit tatsächlich eine Premiere."

Meinung

Stimmiges Konzept

Seniorenwohnheime schießen landauf, landab wie Pilze aus dem Boden. Dezidierte Angebote für ältere, demente Menschen, die im Altenheim unterfordert sind, die aber auch noch keine rein pflegerische beziehungsweise medizinische Permanent-Versorgung benötigen, sind hierzulande hingegen Mangelware. Die geplante "Alten"-Wohngemeinschaft in Saarburg wird in diesem Bereich eine echte Lücke schließen. Das Konzept für das kreisweite Novum ist schlüssig, der Betreiber seriös, die Rahmenbedingungen mit der zur Verfügung stehenden Immobilie sind ideal. s.rendenbach@volksfreund.deExtra Initiator und Betreiber der Senioren-Wohngemeinschaft (WG) ist das Kreiskrankenhaus St. Franziskus, Träger wird der Kreis Trier-Saarburg. 430 000 Euro sind für den Umbau der Villa veranschlagt. 85 000 bezuschusst das Land, den Rest muss das Krankenhaus aufbringen. Auf die Bewohner kommen neben der Miete Kosten für Haushaltsgeld sowie für einen Pflegedienst und eine Betreuungs-Pauschale zu. Eine speziell ausgehandelte Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kreis und dem Krankenhaus soll gewährleisten, dass sich auch Sozialhilfeempfänger die Einrichtung leisten können. Grundsätzlich könnten Einwohner aus dem gesamten Kreis Trier-Saarburg einziehen. Über jeden einzelnen Interessenten wird ein WG-Beirat entscheiden. (sw)

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