Auf der Suche nach kranken Bäumen

Saarburg · Nachdem in Trier eine umstürzende Kastanie eine Frau erschlagen hatte, reagierten viele Gemeinden. Sie planen Baumkataster, um effizienter kontrollieren zu können. Auch die Verbandsgemeinde Saarburg soll ein solches Verzeichnis bekommen.

 In der Verbandsgemeinde Saarburg sollen Bäume systematisch registriert werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

In der Verbandsgemeinde Saarburg sollen Bäume systematisch registriert werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Saarburg. Drama in Trier: Völlig unerwartet war im vergangenen November in der Innenstadt ein riesiger Baum umgestürzt. Er begrub zwei Menschen unter sich. Eine Frau starb. Ein Mann wurde schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Seitdem ist eine neue Diskussion um die Sicherheit von Bäumen entbrannt. In vielen Orten vermessen Experten Bäume, um Baumkataster zu erstellen. Auch die Verbandsgemeinde (VG) Saarburg soll so ein Verzeichnis bekommen.Ortsgemeinden erstellen Listen


Bisher kontrollieren Ortsbürgermeister oder Gemeindearbeiter die Gemeindestraßen, um der Verkehrssicherungspflicht der VG nachzukommen. Dabei nehmen sie auch Bäume in Augenschein - allerdings unsystematisch. "Die Ereignisse der letzten Zeit haben uns bewogen, ein Baumkataster in Angriff zu nehmen", sagt Verbandsbürgermeister Leo Lauer. Sind Straßen, Wege und Plätze denn nicht mehr sicher? "Bäume werden regelmäßig unter die Lupe genommen. Ein Kataster, in dem systematisch viele Daten wie Größe, Alter, Zustand und Kontrolltermine stehen, erleichtert uns die Arbeit deutlich", sagt Lauer.
Bisher läuft es so: Jährlich füllen Ortsbürgermeister oder Gemeindearbeiter Kontrollblätter aus. Darauf erfassen sie den Zustand der Gemeindestraßen, der Bauwerke entlang der Straßen wie Weinbergsmauern oder eben den Zustand der Bäume. Werden Schäden beobachtet, schauen Sachverständige genauer hin. Die Kontrollblätter werden bei der VG eingereicht. Unter den Ortsbürgermeistern herrscht aber Verunsicherung. Wer haftet, wenn es wegen schlechter Straßen oder maroder Bäume einen schweren Unfall geben sollte? "Wenn die Dokumentation nicht gewissenhaft gemacht wird, kann es Probleme geben. Die Kontrollbögen dienen auch als Absicherung für die Ortsgemeinden", sagt der VG-Chef. Vom Städte- und Gemeindebund Rheinland-Pfalz kommt dieser Ratschlag: "Zuständig ist die VG. Wenn sich ein Ortsbürgermeister die Kontrolle nicht zutraut, sollte er Nein sagen."
Straßen und Plätze werden also geprüft. Es ist aber bislang nicht möglich, individuelle Kontrolltermine für spezielle Bäume zu planen. Robert Franzen von der VG-Verwaltung erläutert, wie es nun gemacht werden soll. Die Erfassung aller Bäume eines Dorfes übernimmt der Ortsbürgermeister oder ein Gemeindearbeiter. Auf einem Erfassungsbogen tragen sie zahlreiche Werte ein: Eigentümer, Standortkoordinaten, Baumart, Funktion, Pflanzjahr, Größe, Krankheitssymptome an Wurzel, Stamm und Krone sowie Pflegeempfehlungen. Mitarbeiter der VG-Verwaltung übertragen die Bögen in die Verwaltungssoftware. Hohe Kosten für ein Katastersystem sollen nicht entstehen. Für wenige Hundert Euro sei ein Zusatzmodul verfügbar. Die Ersterfassung koste die Ortsgemeinden zwischen acht und zehn Euro pro Baum.
"Es sträubt sich niemand dagegen", sagt Lauer zur Akzeptanz des Katasters. Laut Verwaltung sei es auf einer nicht öffentlichen Bürgermeisterversammlung "übereinstimmend" beschlossen worden. Florian Wagner, Ortsbürgermeister von Palzem, gefällt diese Formulierung nicht. "Anfang Juli werden wir noch einmal darüber reden. Aus meiner Sicht ist das nicht notwendig. Aber wenn die VG das mit ihrem Personal kann, ist es ok", sagt Wagner. Der Ortsbürgermeister befürchtet eine Kostenspirale: "Palzem ist die flächengrößte Gemeinde der VG."
Auch Egbert Adam, Bürgermeister von Serrig, klingt wenig begeistert. "Auf Serrig kommen Kosten zwischen 4000 und 10 000 Euro zu. Letztlich geht das nur mit Rückbau." Das bedeutet nichts anderes, als gesunde Bäume zu fällen. 25 kranke Bäume wurden im Frühjahr entfernt. "Teilweise war Gefahr im Verzug", sagt Adam. In Wincheringen läuft die Erfassung. "Bei uns übernehme ich das", sagt Ortsbürgermeister Leo Holbach. Er rechnet mit etwa 1000 zu erfassenden Bäumen. Eine Schulung, die ihn auf die Aufgabe vorbereitet, gab es nicht. Zeitweise bekommt er Unterstützung von einer Expertin, die in Wincheringen wohnt.Meinung

Komplizierte Sache
Die Verbandsgemeinde Saarburg will ein Baumkataster erstellen lassen. Die Ortsbürgermeister sollen die Bäume erfassen und kontrollieren. Die Gefahr, dass die Ortschefs damit überfordert sind, ist groß. Auf dem Datenbogen wird nicht nur nach Standort, Stammumfang oder Baumart gefragt. Es sind Krankheiten und (versteckte) Schäden zu diagnostizieren. Es sollen neue Prüftermine und Pflegearbeiten empfohlen werden. Das können nur Fachleute. Die Verunsicherung der Ortsbürgermeister dürfte künftig noch größer werden. Soll das Verzeichnis mehr als eine reine Zählung dokumentieren, müssten Experten ran. Denn erst dann kann das Kataster seine Stärken ausspielen - nämlich zur Grundlage für eine gezielte Kontrolle und Pflege werden. Andere Gemeinden in der Region suchen sich den Rat von Experten. Auch die Verbandsgemeinde Saarburg sollte das tun. t.thieme@volksfreund.deExtra

Etliche Gemeinden in der Region erstellen Baumkataster. Die Verbandsgemeinde (VG) Konz plant ein Register, die Stadt Konz hat bereits eines. Ein externer Baumgutachter soll den Job machen. Auch die VG Wittlich-Land legt ein solches Verzeichnis an. Dort sollen speziell geschulte Forstwirte die Erfassung übernehmen. thie

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