Aufräumen gegen das Vergessen

SAARBURG. Versteckt zwischen haushohen Bäumen, unterhalb der Straße "Erdenbach", liegt der jüdische Friedhof von Niederleuken – oder besser: das, was davon übrig ist. Jugendliche aus Saarburg wollen ihn als "Stätte der Erinnerung an einen Teil der Stadtgeschichte" erhalten.

Ursprünglich hatten Simon Godart und seine Kumpels Spenden für die Erhaltung von Kriegsgräbern sammeln sollen. Dass die jungen Leute aus Saarburg dem Aufruf des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge nicht nachgekommen sind, hat seinen Grund - und der liegt, geografisch gesehen, unterhalb der Straße "Erdenbach" im Saarburger Stadtteil Niederleuken. Wer an der Stelle vorbeikommt, der muss schon etwas genauer hinsehen, um das von üppiger Vegetation umgebene und gewöhnlich verschlossene Eisentor, in dessen Nähe einige Glascontainer stehen, erkennen zu können. Das leicht abschüssige Gelände dahinter ist mit unzähligen haushohen Bäumen und Hecken bewachsen.Geht Erinnerung an die Opfer verloren?

Das, was Simon Godart und die anderen vom Saarburger Jugendtreff seit einiger Zeit beschäftigt, ist die Historie des verwahrlost wirkenden Ortes, auf dessen Bedeutung lediglich ein paar Grabsteine hinweisen. Dort, inmitten wuchernden Grüns, befindet sich der jüdische Friedhof von Niederleuken. Simon, der lange in dem Saarburger Stadtteil gewohnt hat, berichtet: "Als wir uns an der Kriegsgräber-Spendenaktion beteiligen sollten, ist mir spontan der jüdische Friedhof eingefallen." Denn ein paar Meter weiter befinde sich das Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege, das im Gegensatz zum Friedhof in einem guten Zustand sei. Vor allem die Inschrift des Sandstein-Sarkophags im Zentrum der Gedenkstätte brachte den jungen Mann zum Nachdenken: "Das Blut der Gefallenen werde der Same zu neuen Helden". "Ich fragte mich: Weshalb werden die, die an den beiden Kriegen teilgenommen haben, verehrt, während die Erinnerung an die, die während des Dritten Reichs Opfer der Nazis wurden, zumindest in Saarburg, verloren zu gehen scheint?" In der Folgezeit setzten sich die "Stammgäste" des Saarburger Jugendtreffs intensiv mit der Thematik auseinander. Anna Erhard berichtet: "Wir haben uns den jüdischen Friedhof angesehen und waren entsetzt über seinen schlechten Zustand." In den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs habe sich offenbar niemand darum gekümmert. Tatsächlich sind die wenigen Grabsteine, die noch stehen, in einem erbarmungswürdigen Zustand. Teile von zerbrochenen Grabmalen wurden für den Bau von Stützmauern verwendet, andere Bruchstücke liegen an mehreren Stellen am Boden. Bernd Bredin, städtischer Jugendsozialarbeiter, weiß: "Nach Kriegsende sollte der Friedhof zur Gedenkstätte werden, doch der Stadt fehlte damals das Geld für die Umsetzung." Aus dem Entsetzen der Leute vom Jugendtreff ist inzwischen die Idee entstanden, sich um den Begräbnisplatz, der immerhin ein Teil der Saarburger Stadtgeschichte ist, zu kümmern. "Wir wollen den Friedhof wieder aufmöbeln und ihn so ins Bewusstsein der Saarburger zurückbringen", erklärt Simon Godart. Im Oktober wolle man mit ersten Aufräumarbeiten beginnen. Außerdem sei geplant, am Friedhof Info-Tafeln und in der Stadt Hinweisschilder aufzustellen.Führung zu Stätten der Erinnerung

Bereits am kommenden Sonntag, 1. Oktober, haben Interessierte die Möglichkeit, etwas über die "jüdische Vergangenheit" Saarburgs zu erfahren. In Zusammenarbeit mit der Saarburger Volkshochschule (VHS) veranstaltet der als Geschichtslehrer am Gymnasium Saarburg arbeitende Günter Heidt eine historische Führung durch die Stadt. Unter dem Titel "Stätten der Erinnerung" soll außerdem die Zeit des Dritten Reichs beleuchtet werden. Insgesamt zwei Führungen sind geplant. Die Erste mit dem Thema "Jüdische Zeugnisse in Saarburg" beginnt um 11 Uhr am Jugendtreff an der Seilbahn und dauert etwa zwei Stunden. Nach einer Mittagspause geht es um 14.30 Uhr weiter. Das Thema der zweiten, etwa eineinhalbstündigen Exkursion lautet "Nationalsozialismus in Saarburg."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort