Autofahrer ärgern sich über Staus und Umwege

Trier/Konz/Schweich/Saarburg · Etliche Pendler fahren tagtäglich Umwege oder stehen im Stau, weil an vielen Stellen gebaut wird. Doch wie viele Bauprojekte auf einmal sind eigentlich gut? Der TV hat beim Landesbetrieb Mobilität nachgehört und unter anderem erfahren, wie philosophisch Straßenbau sein kann.

Grenzbrücke zwischen Wellen und Grevenmacher viereinhalb Monate voll gesperrt, Staus auf den Ausweichstrecken. Nach und nach Bauarbeiten an der Trierer Uferstraße, einspurig befahrbar, es gibt Rückstaus Richtung Konz oder wahlweise in Richtung A 602. Ob die Granabrücke in Konz, mehrere zentrale Straßen in Trier, Landes-, Bundes- und Ortsstraßen - Sperrungen sind derzeit überall zu finden.

Etliche Autofahrer wundern sich darüber, dass sie kaum fünf Kilometer fahren können, ohne an einer Baustelle vorbeizukommen. Täglich stehen sie zum Teil mehrfach im Stau oder müssen Umwege in Kauf nehmen, weil Straßen ganz oder teilweise gesperrt sind. Sie fragen sich, ob das den ganzen Sommer weitergeht. Und: Warum müssen eigentlich alle Projekte gleichzeitig angegangen werden? Oder: Wer koordiniert das Ganze?Absprachen wichtig

Diese Fragen haben Autofahrer an den TV herangetragen, und unsere Zeitung hat bei verschiedenen Behörden nachgehört. Die Verwaltungen in Trier und in Konz antworteten nicht auf die Anfrage. Stellvertretend äußerte sich der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Trier.

"Umgekehrt könnte man sich doch auch fragen, ob nicht viel zu wenig auf einmal gebaut wird", leitet Hans-Michael Bartnick, stellvertretender Leiter des LBM Trier, seine Antwort ein. "Meist wird doch pauschal über den schlechten Straßenzustand gemeckert." Die Frage danach, welche Anzahl an Baumaßnahmen zu welchem Zeitpunkt richtig sei, sei "philosophisch" und müsse "subjektiv" entschieden werden. Die Frage nach der Existenz eines Chefplaners, der gebietsübergreifend die Konsequenzen unterschiedlicher Sperrungen berechnet, verneint Bartnick. Ob gearbeitet werde, wenn es nötig ist und die Finanzierung stehe? "Ja", sagt er. Sind die Auswirkungen dem LBM egal? "Nein!"

Bartnick verweist auf die 2100 Kilometer Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, für die Trierer Straßenplaner zuständig sind. Der LBM stimme sich aber mit anderen Behörden ab. Bei der Stadt Trier und beim LBM-Autobahnamt gebe es jährliche Besprechungen. Mit Luxemburg bestehe beim Neubau der Moselbrücke in Grevenmacher Kontakt. Bei der Terminierung müsse der LBM zudem den Schulbusverkehr, die Landwirtschaft, den Tourismus und Veranstalter von Großereignissen berücksichtigen. Oft kommt es laut Bartnick zu Konflikten: "Gastronomie und Tourismus möchten beispielsweise baustellenfreie Zeiten in den Ferien, während Schülerbeförderung und ÖPNV-Betreiber bei planbaren Verkehrsbehinderungen eher Rücksichtnahme auf die Schulzeiten einfordern."

Um die widersprüchlichen Interessen zu vereinbaren, beziehe der LBM Vertreter der Kreise, Verbandsgemeinden, Polizei und Busfirmen ein. "Die direkte Abstimmung mit den betroffenen Anliegern vor Ort sprengt regelmäßig den leistbaren Rahmen", sagt Bartnick. Da müsse man sich auf Einzelfälle beschränken, indem man große Firmen beteilige.

Eine wichtige Rolle spielt das Wetter. Asphalt- oder Betonarbeiten seien bei tiefen Temperaturen unmöglich, Sanierungsarbeiten verlangten trockenes Wetter. "Längere Regenphasen begründen vielfach Baustopps, die letztlich zu unangemessenen Bauzeitverlängerungen und damit einhergehend auch zu längeren Behinderungen führen." Sein Fazit: "Wir tun viel für unsere Region, können aber leider nicht ausschließen, dass es zeitweise zu Überlagerungen kommt." Die Stadt Trier saniert zurzeit die Fahrbahndecken am Moselufer. Triers Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani erklärt: "Wir haben jetzt die Zeit, das Geld und das nötige Wetter. In den Ferien, im Winter oder ausschließlich nachts können wir die Straßen nicht in Schuss halten."Meinung

Tief sitzendes Problem
Wie vermeidet man baustellenbedingte Staus? Die Erkenntnis, dass noch mehr Absprachen notwendig sind, was aber kompliziert ist, ist banal. Das Hauptproblem ist der Mangel an politischem Gestaltungswillen. Dabei bieten sich zwei Wege an, die, verfolgt man sie konsequent, zu einer Entlastung des Trierer Tals führen könnten. Erstens: der Bau einer neuen Moselbrücke. Die Autos würden sich besser verteilen. Insgesamt nähme das Verkehrsaufkommen aber vermutlich zu. Für den Bau einer Brücke fehlen aber beim Land der politische Wille und beim Bund das Geld. Zweitens: Autoverkehr vermeiden! Nur wenn möglichst viele Menschen in Bus oder Bahn unterwegs sind, verschwenden weniger Menschen ihre Zeit im Stau.

Allerdings fehlt hier das Geld - oder auch der politische Wille? Alle Fraktionen betonen die wichtige Rolle des öffentlichen Nahverkehrs. Aber der ÖPNV ist unattraktiv: Die Preise für ein Bus- oder Bahnticket sind angesichts des einhergehenden Verlusts an Flex ibilität einfach zu hoch. Nur wenn der öffentliche Nahverkehr konsequent subventioniert würde, könnte die Politik Autofahrer zum Umsteigen bringen. Langfristig gesehen könnte das nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch günstiger sein als das System des Individualverkehrs. Es gilt die Gleichung: Weniger Autofahrer führen zu weniger Straßenschäden. Teure Reparaturen wären nicht mehr so häufig nötig. Doch selbst die Grünen scheinen den Idealismus verloren zu haben. Statt auf einen konsequenten Ausbau des Nahverkehrs zu setzen, geben sie sich mit einem zusätzlichen Gleis und ein paar Haltepunkten im Trie rer Westen zufrieden. Eine Lösung für die Verkehrsprobleme ist das bestimmt nicht. c.kremer@volksfreund.deExtra

Rita Hirsch aus Konz fährt seit 25 Jahren täglich nach Luxemburg zur Arbeit. Auf dem Weg dorthin steht sie zurzeit oft wegen der Brückensperrung in Wellen an der Wincheringer Brücke im Stau (ihr Umweg wegen der Vollsperrung beträgt täglich etwa 23 Kilometer). Auch in die andere Richtung über Trier gibt es häufig zähfließenden Verkehr - unter anderem, weil auch am Trierer Moselufer nach und nach die Straße saniert wird. Hinzu kommt die Vollsperrung der Granabrücke, einem der wichtigsten Wege zur Konzer Innenstadt. Für Hirsch bedeutet das einen weiteren Umweg. Dann ist da noch die Sperrung der Filzener Bahnunterführung. Dadurch wird auch der Weg zu ihrem Friseur um eineinhalb Kilometer länger. Eine verärgerte Autofahrerin, die anonym bleiben will, sagt Folgendes: "Jeden Morgen ist Trier eine einzige Katastrophe. Und es wird in keiner Weise verkehrsregulierend vonseiten der Stadt eingegriffen. Zeitgleich berichtet der TV dann über die Einstellung weiterer Nahverkehrslinien. Trier auf dem Weg zur Großstadt? Da frage ich mich, ob die Verantwortlichen schon einmal wirklich in einer Großstadt waren! Jeder Großstädter lacht sich kaputt angesichts der Verkehrssituation in Trier." cmkExtra

Mächtig sauer über die Baustellenplanung der Stadt Trier ist die City-Initiative (CIT). Gerd Guillaume, Vize-Vorsitzender der CIT, kündigte gegenüber dem TV an, der Stadt noch diese Woche einen Beschwerdebrief zu schreiben. Über die geplanten Baumaßnahmen am vergangenen Wochenende sei man nicht vorab informiert worden. Viele Kunden seien offenbar angesichts der drohenden Staus zu Hause geblieben, und die, die gekommen sind, seien verärgert gewesen. "Wir haben viel Kritik von Luxemburgern gehört, dass sie zwei Stunden brauchten, um in der Stadt anzukommen", sagte Guillaume. Im vergangenen Jahr bei der "Bitburger" habe die Stadt sich vorbildlich mit dem Handel abgestimmt, dieses Jahr überhaupt nicht. "Wir sind die Leidtragenden", meinte Guillaume. Er schlägt vor, die noch anstehenden Sanierungsarbeiten an Werktagen in den Sommerferien zu machen. mic

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