Bahn beteiligt Bürger: Namen für Züge gesucht

Konz/Saarburg · Die Deutsche Bahn will die 13 neuen Talent-2-Triebwagen, die im Moseltal unterwegs sind, nach Orten mit Bahnhaltepunkten benennen. 36 Orte stehen zur Wahl. Die Abstimmung läuft bis zum 15. Mai. Die Gemeinden, die die meisten Stimmen im Verhältnis zur Einwohnerzahl erhalten, siegen.

Konz/Saarburg. Dörfer konkurrieren mit Städten, Trier mit Konz, Saarburg, Schweich oder Wittlich. Insgesamt sind es 36 Gemeinden von Perl bis Koblenz, die als Namenspatron für eine Zugtaufe infrage kommen. Auf die neuen Talent-2-Triebwagen (siehe Hintergrund) soll dann nicht nur der Ortsname, sondern auch das Wappen der Gemeinde kommen: "Jeweils beidseitig an den Triebköpfen der Triebwagen, anlog zu den ICE-Benennungen", sagt ein Bahnsprecher auf TV-Anfrage.

Lokalpatrioten gefragt


Um aus den 36 Gemeinden 13 auszuwählen, lässt die Deutsche Bahn die Bürger abstimmen. "Wir wollen mit dem Wettbewerb die Bahn-affinsten Gemeinden mit einer Taufe belohnen", sagt ein Bahnsprecher. Es ist also Lokalpatriotismus gefragt (siehe Extra). Denn nur die Gemeinden, die bis zum 15. Mai anteilsmäßig zu ihrer Einwohnerzahl die meisten Stimmen erzielen, prangen am Ende mit Ortsnamen und Wappen auf den neuen Triebwagen. Eine kleine Gemeinde wie Wellen an der Obermosel mit 780 Einwohnern hat dabei die gleichen Chancen wie Trier mit mehr als 100 000 Einwohnern.
Jeder Ortschef, Stadt- und Oberbürgermeister hat für die Abstimmung das passende Zubehör bekommen: unter anderem Stimmkarten für jeden Einwohner. Die Stimmabgabe ist aber nicht nur per Karte möglich, sondern auch im Internet unter www.moseltalbahn.de/zugtaufe/ Die persönlichen Daten, die die Teilnehmer dort angeben müssen, werden laut dem Bahnsprecher nach der Wahl wieder gelöscht. Nach Ablauf der Abstimmung verlost die Bahn an 20 Teilnehmer Saarland-/Rheinland-Pfalz-Tickets.
Mit der Taufe der Talent-2-Züge beendet die Bahn die pannenbehaftete Einführung der modernen Triebwagen auf der Moseltalbahn. Eigentlich sollten die 13 Gefährte dort schon seit Dezember 2009 unterwegs sein. Zurzeit sind immer noch erst zwölf moderne Triebwagen unterwegs.
"Das letzte Fahrzeug wird bis zu den Sommerferien erwartet", sagt ein Bahnsprecher. Wenn der 13. Zug dann da ist, sind die neuen Fahrzeuge dreieinhalb Jahre später als geplant unterwegs. Der Grund dafür seien Zulassungsprobleme, sagt der Bahnsprecher.Extra

Der TV hat nachgehört: Warum soll der Zug nach Ihrem Ort benannt werden, Herr Bürgermeister? Die Ortschefs antworten: mit Argumenten oder Slogans. Richard Fochs, stellvertretender Ortsbürgermeister in Palzem (Haltepunkt Wehr): "Wehr sollte Namensgeber für einen Zug werden, weil es dort so guten Wein gibt, weil die Landschaft so schön ist, weil es eine lange Tradition gibt und weil hier alle aussteigen wollen." Leo Holbach, Ortsbürgermeister von Wincheringen: Wincheringen sollte auf einem Zug prangen, weil "der Bahnhof Wincheringen seit der Eröffnung der Obermoselstrecke 1878 besteht. Der Bahnhof, seit 1905 zugelassen für Personen- und Güterverkehr, galt bis nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er stark beschädigt wurde, als der größte und schönste Bahnhof an der Obermoselstrecke." Hans-Josef Wietor, Ortsbürgermeister in Nittel: "Der Zug sollte nach Nittel benannt werden, weil die Nitteler nett und gastfreundlich sind, und weil der Ort inmitten einer herrlichen Landschaft, umrahmt von hohen Kalkfelsen, an einer markanten Moselschleife liegt." Hans Dostert, Ortsbürgermeister in Wellen, hat einen Slogan parat: "An den Moselwellen mit dem Wellen (Mosel) nach Wellen an der Mosel! Ihre Bahn AG." Der Temmelser Ortschef Joachim Mimler: "Ein Zug sollte Temmels heißen, weil die Temmelser ebenso kreativ, entgegenkommend und bekannt sind wie die Deutsche Bahn." Andreas Beiling, Ortsbürgermeister in Oberbillig: "Allein der skurrile Ortsname spricht für Oberbillig: Der Name ist Programm für ein günstiges Verkehrsmittel." Herbert Rausch, Ortschef in Wasserliesch: "Wasserliesch hat man früher Eisenbahner-Dorf genannt - diese Tradition sollten wir wahren, indem der Name auf einen Zug kommt." Karl-Heinz Frieden, Bürgermeister der Stadt Konz: "Einer der 13 Züge soll auf Konz getauft werden, weil Konz mit vier Bahnhöfen und fünf Eisenbahnlinien die längste und bedeutendste Eisenbahntradition hat." Klaus Jensen, Oberbürgermeister der Stadt Trier: "Mit der Benennung des Zuges mit dem Namen der ältesten Stadt Deutschlands, Zentrum der Antike, soll klargestellt werden, dass an Trier kein Weg vorbeiführt!"Extra

Die Deutsche Bahn hatte bereits 2007 insgesamt 321 Züge im Wert von 1,2 Milliarden Euro beim Hersteller Bombardier bestellt. Doch das Eisenbahn-bundesamt verweigerte auch nach zahlreichen Nachbesserungen die Zulassung. Laut Bombardier sind die gesetzlichen Grundlagen geändert worden, nachdem das Unternehmen den Auftrag bekommen hatte. DB Regio hat die europaweite Ausschreibung für die Moselstrecke gewonnen - mit dem Versprechen, den Talent 2 dort ab 2009 einzusetzen. Die ersten drei neuen Züge nahmen den Betrieb im Moseltal jedoch erst am 11. Dezember 2011 auf - damals wegen eines Software-Problems noch mit zwei Zugführern. Erst Mitte Juni 2012 wurde der Zug offiziell bei einem Festakt in Betrieb genommen. Seitdem trägt die Strecke den Namen Moseltalbahn. Zu dem Zeitpunkt waren zwar die Software-Probleme an den vierteiligen Zügen behoben, aber es gab immer noch keine Zulassung des Eisenbahnbundesamtes für die zweiteiligen Triebwagen. cmk

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