Bald ein Bioenergiedorf?

GRIMBURG. Wird Grimburg bald ein Ort mit Modellcharakter? Rein theoretisch spricht nichts dagegen, dass sich die 550-Einwohner-Gemeinde zu einem "Bioenergiedorf" entwickeln könnte. Das ist das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie, die Thomas Anton vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) im Bürgerhaus vorstellte.

Die Resonanz war eher enttäuschend: Nur zehn Grimburger Bürger und Bürgerinnen, Ortschef Franz-Josef Weber und Bürgermeister Michael Hülpes fanden am Dienstagabend den Weg ins Bürgerhaus, wo Thomas Anton, Betriebswirt vom IfaS des Umwelt-Campus Birkenfeld, die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorstellte. Der Ausgangspunkt der Überlegungen für ein möglicherweise wegweisendes Projekt: Energiepreise steigen, und es wird nach Alternativen gesucht. Immer mehr Acker- und Forstflächen liegen brach, Wald und Äcker werden wertlos. Bei der ersten Vorstellung der Projektidee im Juni (der TV berichtete) hatte Franz-Josef Weber ausgerechnet, dass jährlich etwa allein an Heizkosten in den zirka 200 Grimburger Haushalten um die 300 000 Euro anfallen. Mit der Gewinnung von Energie aus Rohstoffen, die vor der Haustür sind, könne ein örtlicher Wirtschaftskreislauf geschaffen werden, der Äcker und Wald aufwertet und den Geldbeutel der Verbraucher schont. Einstimmig hatte der Gemeinderat daraufhin beschlossen, das IFaS mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie zu beauftragen. Ein entscheidender Punkt für diesen Beschluss: Das Mainzer Umweltministerium hatte betont, dass es unabhängig von einer späteren Umsetzung die Finanzierung der Studie übernimmt. Experten arbeiteten drei Monate, das Land bezahlt

Das war vor drei Monaten. In der Zwischenzeit haben Thomas Anton und ein Hilfswissenschaftler das Dorf unter die Lupe genommen und nach Auswertung der Daten festgestellt: Grimburg eignet sich als "Bioenergiedorf". Demnach würde ausgehend von einer Heizzentrale durch ein Rohrsystem Energie und Wärme an die einzelnen Haushalte verteilt. Grundlage ist jeweils eine Holzhackschnitzelanlage und ein Ölspitzenkessel, wenn ohne Biogasanlage Energie gewonnen wird. In diesem Fall wäre zwar Öl als Energieträger nach wie vor erforderlich. 80 Prozent der Energie würden aber über Holz gewonnen. Anton stellte die Vor- und Nachteile eines "großen und kleinen Netzes" vor. Bei einem kleinen Netz würden 39 Gebäude an das System angeschlossen, bei einem großen Netz 155 Gebäude. Das Problem des kleinen Netzes: "Es ist keine vollständige Wärmenutzung möglich", so Anton. Anders würde es aussehen, wenn eine Biogasanlage, in der Gülle und Mais zur Energiegewinnung genutzt werden, ins Spiel kommt. "Plus Biogasanlage" bedeutet, dass Strom und Wärme ausschließlich aus regenerativen Energien gewonnen werden könnten und Grimburg in diesem Falle hundertprozentiger "Selbstversorger" wäre. Summa summarum, nach Auflistung aller anfallenden Kosten von den Investitions- bis hin zu den Verbrauchskosten, ist laut Anton das große Netz inklusive Biogasanlage letztendlich die günstigste Variante. Für die Heizzentrale werde eine Fläche von 1500 Quadratmetern benötigt, und eine Halle von 15 mal 15 Metern müsste errichtet werden. Wichtig für Hauseigentümer: Bei einem Heizölverbrauch von 3000 Litern pro Jahr könnten die einzelnen Haushalte bei einer Versorgung durch regenerative Energien 700 bis 1300 Euro jährlich einsparen. Und: Der Umweltschutzbeitrag durch die Kohlendioxid (CO2)-Einsparung ist erheblich. Die Produkte der land- und forstwirtschaftlichen Flächen könnten weiter vermarktet werden, Arbeitsplätze blieben erhalten, so der Experte. Ob die Idee "Bioenergiedorf Grimburg" weiterverfolgt wird, wird der Ortsgemeinderat entscheiden. "Der nächste Schritt wäre, dass Realdaten der einzelnen Haushalte genau erfasst werden und geschaut wird, wo ist Sanierungsbedarf", sagte der Fachmann. Und so Anton abschließend: Die Chancen, dass auch "Schritt drei" Richtung Modellprojekt von Mainz gefördert werde, sind nach seiner Ansicht "sehr gut".

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