Bald ist es vorbei mit dem jungen Gemüse

Reinsfeld · Im Hochwald verliert ein weiterer Ort sein einziges Lebensmittelgeschäft. In Reinsfeld machen Ende Oktober Gabriele und Eckhart Junkes die Türen ihres Frische-Markts für immer zu. "Es hat sich einfach nicht mehr gelohnt", sagt das Ehepaar. Das habe aber nicht nur mit der zu starken Konkurrenz in Hermeskeil, sondern auch mit einer früheren Baustelle vor ihrem Haus zu tun.

 Ihr Obst und Gemüse müssen sich Martina Straten (links) und Christine Boesen (rechts) bald woanders besorgen. Denn Gabriele Junkes (Mitte) schließt Ende Oktober ihr Lebensmittelgeschäft in Reinsfeld. TV-Foto: Axel Munsteiner

Ihr Obst und Gemüse müssen sich Martina Straten (links) und Christine Boesen (rechts) bald woanders besorgen. Denn Gabriele Junkes (Mitte) schließt Ende Oktober ihr Lebensmittelgeschäft in Reinsfeld. TV-Foto: Axel Munsteiner

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Reinsfeld. "Wenn es nur immer so wäre, dann müssten wir das Geschäft auch nicht schließen." Das sagt Gabriele Junkes beim TV-Besuch im Reinsfelder Frische-Markt. Denn ausgerechnet in dieser Zeit herrscht im Laden reger Betrieb. Es sind größtenteils Stammkundinnen wie zum Beispiel Christine Boesen, Elfriede Hanke, Marianne Welter oder Lotte Großmann, die gerade ihren täglichen Einkauf bei den Junkes erledigen.
Was sie alle eint, ist das große Bedauern über den Entschluss, den das Betreiberehepaar des Geschäfts in der Reinsfelder Siedlungsstraße gefasst hat. "Am 31. Oktober machen wir hier Schluss", sagt Gabriele Junkes. Ihre Mutter hatte das Geschäft 1952 eröffnet.

Der Frische-Markt ist das einzige noch verbliebene Geschäft in Reinsfeld, auf das die früher gängige Bezeichnung "Tante-Emma-Laden" zutrifft, weil es dort Lebensmittel und andere Dinge für den täglichen Bedarf zu kaufen gibt. Es bleiben ab November in Reinsfeld - mit 2300 Einwohnern immerhin der zweitgrößte Ort in der Verbandsgemeinde Hermeskeil - damit nur noch Bäcker, Metzger und ein Bioladen.

"Ist es nicht schrecklich, dass ein so großes Dorf wie Reinsfeld jetzt bald keinen Lebensmittelladen mehr hat?", fragt Elfriede Hanke. Sie wohnt in der Siedlungsstraße, hat immer die kurzen Wege geschätzt und muss nun auch ihre Gewohnheiten ändern. "Ich habe immer spontan und nicht auf Vorrat eingekauft. Jetzt muss ich mir eine lange Liste machen, wenn ich nach Hermeskeil fahre." Immerhin hat Hanke ein Auto. Bei Lotte Großmann ist das anders. Sie ist 90 Jahre alt und sagt: "Ich muss jetzt in Zukunft schauen, wer mich nach Hermeskeil fährt oder mir von dort etwas mitbringt." Christine Boesen ist eine junge Frau und damit auch mobil. "Natürlich weiß ich, wo ich in Zukunft meine Sachen besorgen kann. Aber das Einkaufen wird viel anonymer. Hier hat man sich auch immer unterhalten können, und so viel vom Dorfgeschehen mitbekommen. Das wird nun auch fehlen", sagt sie.

Groß jammern wolle er nicht, stellt Eckhard Junkes im TV ausdrücklich fest. Im Laufe der Jahre seien aber immer mehr Reinsfelder zum Einkaufen eher nach Hermeskeil mit seinen Supermärkten - zum Beispiel Kaufland und Rewe - und seinen Discountern wie Lidl und Aldi gefahren, als dies im Ort zu tun. Die Konkurrenz dort war nicht nur wegen der etwas niedrigeren Warenpreise letztendlich zu stark. "Diese größeren Geschäfte sind auch in der Lage, viel längere Öffnungszeiten, zum Beispiel samstags bis 20 Uhr, anzubieten. Das könnten wir uns gar nicht leisten", sagt Junkes. Er schätzt, dass wegen dieser Abwanderungsbewegungen in seinem Geschäft in den vergangenen zehn Jahren die Umsätze etwa um ein Drittel zurückgegangen sind.

Er selbst ist 60 Jahre alt, seine Frau Gabriele 57, die Kinder haben beruflich andere Wege eingeschlagen. Einen Nachfolger gibt es in der Familie nicht. Also haben er und seine Frau schon im Winter für sich entschieden, dass sie das Geschäft schließen. Dabei spielten auch die Bauarbeiten, wegen denen die Siedlungsstraße 2014 zeitweise gesperrt werden musste, eine Rolle. "Das hat uns viel ausgemacht und die Sache noch verschlimmert. Viele Kunden sind in dieser Zeit weggeblieben und haben nachher nicht mehr den Weg zurück zu uns gefunden", sagt Gabriele Junkes.
Ortsbürgermeister Rainer Spies (SPD) bedauert die Entscheidung, bezeichnet sie aber auch als "absehbar". Denn: "Das Problem ist, dass in Hermeskeil alles vorhanden ist und sich dort die Geschäfte ballen." Gleichwohl werde sich der Rat darum bemühen, "dass in der Ortsmitte ein kleiner Supermarkt zur Grundversorgung etabliert werden kann." Die Gemeinde sehe sich diesbezüglich als Vermittler. Denn es gebe im Zentrum von Reinsfeld Privathäuser mit Gewerberäumen, die sich für die Einrichtung eines solchen Lebensmittelladens eignen könnten.
Meinung

Zu nah auf der Pelle
Eigentlich ist es paradox: Anders als im großen Rest der Verbandsgemeinde Hermeskeil ist Reinsfeld ein Ort, dessen Einwohnerzahl immer noch wächst. Und trotzdem wird es dort bald keinen reinen Lebensmittelladen mehr geben, weil sich zumindest für die Familie Junkes das Geschäft wegen zu wenig Kunden nicht mehr gelohnt hat. Für die Infrastruktur von Reinsfeld, das sich gerne als aufstrebende Gemeinde darstellt, ist der private Entschluss der Betreiberfamilie ein Rückschlag. Er muss aber natürlich respektiert werden. Wenn sich die Reinsfelder Politiker nun um die Neuansiedlung eines Geschäfts in der Ortsmitte bemühen wollen, hört sich das zwar gut an. Was die Erfolgsaussichten angeht, sind jedoch Zweifel angebracht. Denn jeder potenzielle Betreiber eines Ladens in Reinsfeld steht vor dem unternehmerischen Risiko, dass ihm die starke Konkurrenz in Hermeskeil sehr nah auf der Pelle sitzt. Im Gegensatz zum Beispiel zu Kell, das als Amtsort ein größeres Einzugsgebiet hat, kann ein Geschäftsinhaber in Reinsfeld nicht mit allzu viel Kunden aus den umliegenden Orten rechnen. Er ist somit auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass genug Reinsfelder auch in ihrem Reinsfelder Geschäft einkaufen gehen. Im Frische-Markt Junkes war das im Laufe der Zeit immer weniger der Fall. Ob sich das mit einem neuen Laden an anderer Stelle wesentlich ändern würde, erscheint fraglich. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Abgesehen von den Geschäften in der Stadt Hermeskeil wird es nach der Schließung des Frische-Markts in Reinsfeld in der Verbandsgemeinde nur noch ein kleineres Lebensmittelgeschäft geben - und zwar der von Ludwig Welter betriebene Laden im Bürgerhaus Beuren. 2012 machten sowohl in Geisfeld als auch in Bescheid die dortigen Dorfläden zu. In Bescheid kam das Aus für das Geschäft schon nach weniger als einem Jahr. In der Verbandsgemeinde Kell sieht die Situation noch etwas besser aus. Im Ort Kell hält neben dem Rewe-Markt das Spar-Geschäft von Udo Jungblut. In Schillingen gibt es das Lebensmittelgeschäft Heinz, in Hentern den Laden von Bernhard Wagner und in Zerf das Nah- und Gut-Geschäft Koch. Noch in diesem Jahr ist außerdem die Eröffnung des Dorfladens in Mandern geplant, der von einer Genossenschaft betrieben werden soll. ax

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