Bauern bangen um ihre Ernte

BERNKASTEL-WITTLICH. Viele Menschen stöhnen über das anhaltend schlechte Wetter. Besonders betroffen sind davon aber die Bauern, bei denen die Getreideernte regelrecht ins Wasser fällt.

"Die Bauern sind deprimiert, sie bangen um die Ernte", beschreibt Manfred Zelder, Vorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes Bernkastel-Wittlich, die Stimmung unter seinen Kollegen. Dabei hatte es zunächst recht gut ausgesehen. Ende Juli habe man noch auf eine gute Ernte gehofft, sagt Zelder. Doch jetzt sei das Getreide reif und könne durch das anhaltend feuchte und warme Wetter nicht geerntet werden. "Das Getreide kommt in Keimstimmung", bestätigt auch Clemens Bisenius, stellvertretender Vorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes im Kreis Trier-Saarburg, die Situation. Manfred Zelder zeigt auf einem Roggenfeld von Theo Daus in Wittlich, wie das Korn bereits durch die Feuchtigkeit gelitten hat. Statt kräftiger Körner sind Keimlinge da. Das eigentliche Korn hat an Kraft verloren und ist zum Backen nicht mehr geeignet. Die Fallzahl, ein Kriterium für die Qualität, sinkt, bestätigt auch Theo Daus. Wenn diese Fallzahl zu niedrig werde, sei der Roggen nur noch als Futtergetreide zu verwerten. Im schlimmsten Fall könne es auch passieren, dass das Korn sogar als Futter nicht mehr genutzt werden könne, sondern gemulcht werden müsse, und dann wäre alle Arbeit umsonst gewesen. Auf dem Feld von Theo Daus sind die Keimlinge bei vielen Pflanzen schon deutlich zu erkennen. Aber auch wenn noch nichts zu sehen ist, kann das Korn schon geschädigt sein. Aufschluss über das Maß der Schädigung gibt ein Blick durchs Mikroskop beim Müller.Höhere Energiekosten durch Nachbehandlung

Aber auch unabhängig vom Wetter ist mit der Getreideernte für die Landwirte in diesem Jahr nicht viel zu verdienen, weil zudem die Preise niedrig sind. Gerade mal knapp acht Euro bekommt ein Landwirt für 100 Kilo Getreide. "Für den Erlös von 100 Kilo Getreide können wir gerade mal 5,5 Kilo Brot kaufen", verdeutlicht Daus das Verhältnis. Wenn das Korn noch getrocknet werden müsse, dann könne man davon noch einmal zwei bis drei Euro abziehen. Auch bei Weizen und Braugerste gibt es durch die anhaltend schlechte Witterung Probleme. Bei diesen Getreidesorten ist die Qualität zusätzlich durch Pilzbefall gefährdet. Während in niedrigeren Lagen zumindest schon ein Teil der Ernte eingebracht werden konnte, sieht es für Betriebe in höheren Lagen schlechter aus. "Wir sind zirka 14 Tage später dran mit der Ernte", bestätigt Gerd Eiden aus Hermeskeil. Eine so schlechte Ernte habe man das letzte Mal 1984 gehabt, erinnert er sich. Damals wurden aber für das Getreide noch höhere Preise gezahlt. "Wir konservieren, was noch zu retten ist", sagt Eiden. Dafür müsse das Korn, um es trotz der Nässe lagerfähig zu machen, mit Säure versetzt werden. Mit der Nachbehandlung der Ernte steigen jedoch auch die Energiekosten. Weitere Probleme macht das Unkraut, das bei dem warmen, feuchten Wetter üppig wächst und dadurch den Einsatz des Mähdreschers massiv erschwert, verdeutlicht Zelder die Misere der Landwirte.Kein Anlass zu Optimismus

Auch für das nächste Jahr gibt es bei den Bauern keinen Anlass zum Optimismus: "Durch das Wetter verzögern sich auch die Folgearbeiten", sagt Zelder. Der Boden könne nicht bearbeitet werden, und die Aussaat des Rapses verzögere sich. Dadurch besteht die Gefahr, dass dieser vor der Winterzeit nicht mehr stark wird und auch in diesem Bereich im nächsten Jahr die Ernte schlechter wird.

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