Bauernpräsident informiert sich an der Basis

Sinkende Erlöse und ausufernde Bürokratie machen Bauern und Winzern zu schaffen. Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer, hat sich im Rahmen seiner Regionalbesuche bei Bauern und Winzern im Landkreis Trier-Saarburg über deren aktuelle Situation informiert.

Norbert Schindler (Mitte) hat sich den Hofladen des Reinsfelder Eichhofs angeschaut. Mit im Bild (von links): Senior Reinhold Wahlen, das Landwirtpaar Hans-Peter und Beate Reichert und Leo Blum, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. TV-Foto: Ursula Schmieder

Norbert Schindler (Mitte) hat sich den Hofladen des Reinsfelder Eichhofs angeschaut. Mit im Bild (von links): Senior Reinhold Wahlen, das Landwirtpaar Hans-Peter und Beate Reichert und Leo Blum, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. TV-Foto: Ursula Schmieder

Reinsfeld. "Das ist Fleiß mehrerer Generationen." Mit diesen Worten hat Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, die Entwicklung des Reinsfelder Eichhofs als Erfolgsgeschichte gewürdigt.

Hans-Peter und Beate Reichert bewirtschaften dort, unterstützt von Senior Reinhold Wahlen, 140 Hektar Acker- und Grünland. Sie versorgen 140 Milchkühe samt Nachzucht, führen einen Hofladen mit eigener Metzgerei und Partyservice. Nebenbei bewirtschaften sie den elterlichen Betrieb von Hans-Peter Reichert in Korlingen mit weiteren 150 Hektar und 90 Mutterkühen. Der 1997 eröffnete Hofladen ist laut Reichert ein wichtiges Standbein. Die Direktvermarktung mache neben Ackerbau und Milchwirtschaft etwa 40 Prozent des Betriebes aus.

Doch völlig reibungslos läuft das Geschäft nicht: Als Probleme nennt der 48-Jährige die anhaltend schlechten Milch- und Getreidepreise, die Trockenheit, den hohen Bürokratie- und Dokumentationsaufwand sowie die durch den Biogasanlagen-Boom steigenden Pachtpreise. Für die Zukunft des Betriebes sei vor allem die Entwicklung des Milchpreises von großer Bedeutung. Die Kinder Angelina und Fabian würden zwar daran denken, den Betrieb gemeinsam fortzuführen. Doch falle der Milchpreis von derzeit 28 Cent pro Liter weiter, sei das nicht zu bewältigen. "Das kann kein Betrieb auf Dauer durchhalten", pflichtet Norbert Schindler bei. Er sieht die Milchviehhaltung sogar generell bedroht.

Für Vizepräsident Heribert Metternich ist für die Frage der Nachfolge aber auch entscheidend, welchen Stellenwert die Gesellschaft dem Berufsstand "Landwirt" einräumt. Direkte Gespräche wie im Rahmen von Schindlers Regionalbesuchen seien daher sehr wichtig: "Wir lernen hier zehnmal mehr als bei Versammlungen."

Leo Blum, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, hofft derweil auf eine Stabilisierung der Preise insgesamt. So wirke sich etwa aktuell die Trockenheit positiv aus auf den Getreidepreis, der parallel zur Nachfrage steige. Dennoch brauchten die Bauern, die im EU-weiten Wettbewerb stünden, auch Unterstützung der Politik. So etwa beim Abbau von Bürokratie, den laut der Europaabgeordneten Christa Klaß eigentlich alle Länder wollen. Doch würden gerade in Deutschland Gestaltungsräume zu wenig ausgeschöpft: "Daran, dass wir vieles so kompliziert machen, sind wir teils auch selbst schuld."

Weitere Etappen von Schindlers Kreistour waren das Weingut Bernhard Weich in Riol und der Trierweilerer Landwirt Robert Bellersheim. Dieser Betrieb setze auf einen sparsamen Umgang mit seinen Ressourcen, lobte Gerhard Brenner, Kreisgeschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes: "Wer mit Engagement sein Unternehmen führt, kann sehr wohl auch wirtschaftlich sein Auskommen finden."

Winzer Bernhard Weich sprach über die Bedeutung des Tourismus. "Wir sind froh, wenn die Besucherzahlen so bleiben oder wir sie ausbauen können." Rad- und Kulturtouristen nutzten das Gästehaus des Weinbaubetriebes mit Brennerei und Direktvermarktung. Perspektiven zeige auch das Projekt "Riol am See".

Im Zuge der Wirtschaftskrise würden die Kunden aber zurückhaltender einkaufen.

Extra Landwirtschaft und Weinbau in Zahlen Laut neuesten Erhebungen des Statistischen Landesamts war die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Rheinland-Pfalz im Jahr 2009 weiter rückläufig. Mit 23 800 gab es rund 3,6 Prozent weniger Betriebe als im Jahr zuvor. Frieder Zimmermann, Pressesprecher der Landwirtschaftskammer, schätzt, dass rund 108 000 Menschen in diesen Betrieben beschäftigt sind - einschließlich der Betriebsleiter und der etwa 50 000 "Familien-Arbeitskräfte". Auszubildende gebe es insgesamt etwas mehr als 2000 in 14 Berufen - vom Landwirt, Winzer und Gärtner über Pferde- oder Tierwirt bis zu Agrar- oder Hauswirtschaftern. Die Betriebe bewirtschaften überwiegend relativ kleine Flächen, was auf die hohe Zahl der Wein- und Obstbauern zurückzuführen ist. Im Kreis Trier-Saarburg gibt es derzeit 1683 Landwirtschaftsbetriebe. Die Zahl der dort beschäftigten Mitarbeiter schätzt Gerhard Brenner, Kreisgeschäftsführer des Bauern- und Winzerverbands, auf etwa 3350. Daneben gebe es rund 6000 Saisonarbeitskräfte. "Erschreckend" ist aus Brenners Sicht allerdings die Zahl der Auszubildenden von aktuell nur "rund einem halben Dutzend" kreisweit in Landwirtschaft und Weinbau. (urs)

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