Bei jedem Bissen die Bibel im Kopf

TAWERN. Knackige Ruccolamöhren, zartes Fleisch vom Maibock, saftige Erdbeeren in Weinbrandschaum, perlender Sekt und spritziger Elbling - klingt wie eine geschmackliche Reise. Das stimmt. Aber die Reise führt auch durch die Bibel. In der Tawerner Stube gab es am Freitag viel zu essen, viel zu trinken und viel zu lachen.

Als wäre der Altar aufgehoben und in das Landgasthof Tawerner Stube getragen worden. Eine aufgeschlagene Bibel, vor ihr glänzt ein goldener Kelch, links und rechts säumen Blumen das große Buch. Oh-oh. Hätte man vielleicht besser seine Bibel mitgebracht? Zum Mitlesen und mitbeten? Die Antwort: Nein. "Wir wollen hier weder eine Messe noch ein theologisches Seminar abhalten", sagt der Tawerner Pastor Jörg Dunsbach. "Für so etwas gehen wir an die Uni." Eine kulinarische Weinreise durch die Bibel sollen die Gäste an diesem Abend im Landgasthof erleben. Eingeladen hat der Fellericher Winzer Peter Greif. Im vergangenen Jahr bot zum Wein & Gourmet-Festival die "Getanzte Weinprobe". In diesem Jahr sollen die Gäste sitzen bleiben. "Wie kommt man von der getanzten Weinprobe, wo eine Frau halbnackt getanzt hat, auf die Idee, eine kulinarische Reise durch die Bibel zu machen?", begrüßt Peter Greif die Gäste und erklärt es: durch ein Bild, das zwei Weinkundschaftler zeigt, die Moses ins gelobte Land schickt. Vor einiger Zeit war er darüber mit Dunsbach ins Gespräch gekommen. Als er mit seiner Familie nach einem Motto für die Wein & Gourmet-Veranstaltung 2003 suchte, erinnerte er sich an das Gespräch. "Unser Beitrag zum Jahr der Bibel", erklärt der Winzer. "Ich war überrascht, wie oft in der Bibel von Wein die Rede ist." Auch Chefköchin und Gasthof-Inhaberin, Marie-Therese Weyer-Keilhauer, wurde während der Vorbereitungen bibelfester. Sie hat während der Auswahl der sechs Gänge ständig zum Buch der Bücher gegriffen. "Ich musste mich belehren lassen", sagt die Schülerin von Johann Lafer. Die biblische Relevanz der Speisen und des Weines erklären Pastor Dunsbach, der französische Professor Denis Donetzkoff und Marilu Greif. Und los geht es mit 2002er rotem Elbling und 2002er Rivaner zu Carpaccio vom Rinderfilet. Der biblische Bezug? Einmal, der italienische Maler Carpaccio, der für seine Bilder sakrale Motive wählte. Zudem, wie Donetzkoff erklärt, die Opfergaben im Alten Testament - durchgehend von Rindern und Kälbern.Welche Bibelgeschichte passt zum Zanderfilet?

Welche Bibelgeschichte passt zum soufflierten Zanderfilet in Wermutsauce an grünem Spargel? Die Erzählung über Jesus, der gebratenen Fisch mit seinen Jüngern isst. Allerdings stellt Donetzkoff klar. "Die Bibel kennt keinen Zander." Pastor Jörg Dunsbach, der die Gäste fast mit "liebe Schwestern und Brüder" begrüßte, erzählt von den unterschiedlichen Referenzen der Bibel zu Wein: die Hochzeit von Kanaa, das Abendmahl, das Gleichnis vom barmherzigen Samariter - und auch einen Satz für Verliebte gebe es. "Seine Augen sind dunkel wie Wein, seine Zähne weiß wie Wein", zitiert der Pastor. Pause. "Wer sagt uns das, Herr Bürgermeister?" Ortsbürgermeister Josef Weirich, ledig, lacht. Wie die 95 Gäste - und zwar nicht zum letzten Mal an diesem Abend.

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