Bei jedem Glockenschlag bröckelt der Putz

Hermeskeil · Die Martinuskirche ist das große Wahrzeichen der Hochwaldstadt. Doch am Gotteshaus hat der Zahn der Zeit arg genagt. Um die Bausubstanz zu erhalten und Turm, Dach und Glockenstuhl zu renovieren, kommen auf die Pfarrei Kosten von circa 750 000 Euro zu. Weil die Kirchengemeinde diesen finanziellen Kraftakt allein nicht schaffen kann, ist die Gründung eines Fördervereins geplant.

 Hermeskeils stolzestes Gebäude: Die mächtige Martinuskirche prägt das Stadtbild. Doch das Gotteshaus ist ein Sanierungsfall. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hermeskeils stolzestes Gebäude: Die mächtige Martinuskirche prägt das Stadtbild. Doch das Gotteshaus ist ein Sanierungsfall. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hermeskeil. "Als wir erfahren haben, wie viel wir investieren müssen, waren wir schon einigermaßen erschrocken." So beschreibt Pastor Clemens Grünebach die Reaktion im Verwaltungsrat der Hermeskeiler Pfarrei, nachdem sich ein Architekt die Martinuskirche ganz genau angeschaut hat. Denn das Bistum Trier will bis 2016 ein Immobilienkonzept erstellen. Es soll zum Beispiel die Fragen klären, wie häufig Gotteshäuser oder Pfarrheime noch genutzt werden und welche laufenden Unterhaltungskosten sie verursachen. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem darauf, wie hoch in diesen Gebäuden der Sanierungsbedarf ist.
Es geht an die Substanz


Für die Martinuskirche liegt diese Schätzung des Bistums-Architekten nun schwarz auf weiß vor. Er geht laut Grünebach davon aus, dass in den nächsten zehn bis zwölf Jahren insgesamt zwischen 720 000 und 750 000 Euro für substanzerhaltende Renovierungsarbeiten ausgegeben werden müssen.
Das dringendste Problem ist dabei der Glockenstuhl. Das Gestänge ist aus Stahl, stammt aus dem Jahr 1949 und wurde damals in den Turm eingemauert. "Bei jedem Glockenschlag gehen die Vibrationen also direkt ins Gemäuer, und es wirken ungeheure Kräfte auf den Turm ein. Durch die Schwingungen rieselt immer wieder der Putz herunter", sagt Grünebach. Deshalb soll für circa 80 000 Euro ein freihängender Glockenstuhl installiert werden.
In späteren Bauabschnitten wäre auch die Erneuerung des Daches - zunächst an den Kirchenschiffen, dann am Turm - nötig. Gerade bei einem so großen Gebäude wie einer Kirche ist das Aufstellen eines Gerüsts eine teure Angelegenheit. Allein dafür müsse man mit Kosten von 160 000 Euro rechnen, sagt Grünebach. Da insbesondere zur Martinusstraße hin der Putz stark bröckelt und die 14 Kirchenfenster neu verbleit werden müssen, zeichnen sich noch weitere Tätigkeitsfelder für Handwerker ab.
Zuschüsse des Bistums


Einen konkreten Zeitplan für die Sanierungsarbeiten gibt es noch nicht. "Wir wissen aber jetzt, was alles ansteht", betont der Pastor. Wenn die Hermeskeiler Pfarrei ihr Gotteshaus auf Vordermann bringen will, kann sie zwar mit Zuschüssen des Bistums rechnen. "Über den Daumen gepeilt müssen wir aber zwischen 300 000 und 350 000 Euro selbst aufbringen", sagt Grünebach.
Weil die Pfarrei dieses Geld nicht hat "und diese Summe auch nicht allein von der Gottesdienstgemeinde gestemmt werden kann, hoffe ich auf eine breite Bewegung, die uns bei der langfristigen Sicherung der Martinuskirche unterstützt", so der Pastor. Aus diesem Grund soll ein Förderverein gegründet werden. Er soll Geld für die Kirchensanierung sammeln und sich zum Beispiel in Zusammenarbeit mit den Vereinen besondere Spendenaktionen einfallen lassen. Dabei setzt Grünebach nicht nur auf die Hilfe der Hermeskeiler. Die Martinuskirche habe für die gesamte Pfarreiengemeinschaft (siehe Extra) eine zentrale Bedeutung. "Dort werden wichtige gemeinsame Gottesdienste, zum Beispiel bei den Firmungen, gefeiert." Ausdrücklich sind auch Nicht-Katholiken als Mitglieder im Förderverein willkommen. Grünebach ist sich zwar bewusst, dass es bei den Bemühungen von Pfarrei und Förderverein um sehr hohe Summen geht. Der Pastor ist aber dennoch zuversichtlich, dass es eine große Anteilnahme in der Bevölkerung geben wird. Denn, so Grünebach: "Ich erlebe immer wieder, dass sich die Hermeskeiler sehr mit ihrer Martinuskirche identifizieren, auch wenn nicht alle tatsächlich in sie reingehen."
Die Gründungsversammlung des Fördervereins ist am 29. Juni ab 20 Uhr im Johanneshaus.
Meinung

Großer Kraftakt
An diese gute Sache müssen viele Hermeskeiler glauben. Kaum ist die 500 000 Euro teure Modernisierung des Mehrgenerationenhauses Johanneshaus geschafft, steht die katholische Kirchengemeinde vor dem nächsten finanziellen Kraftakt. In der Martinuskirche steht eine lange Liste an Renovierungsarbeiten an. Diese müssen zwar nicht von jetzt auf gleich angepackt werden. Wenn sie in vollem Umfang verwirklicht werden, dann kommt aber eine gewaltige Summe zusammen. Da reichen die Einnahmen aus der Kollekte hinten und vorne nicht. Da anders als beim Johanneshaus Zuschüsse von Bund, Kreis, Stadt oder Verbandsgemeinde bei der Sanierung eines Gotteshauses nicht infrage kommen, bleibt der Pfarrei nur der Weg, auf die Spendenbereitschaft der Bevölkerung zu hoffen. Die Gründung eines Fördervereins ist dafür ein geeignetes Instrument. Das hat sich vor einigen Jahren in einem kleinen Nachbarort von Hermeskeil gezeigt. Denn damals haben die Menschen im nur 140 Einwohner zählenden Hinzert eine erfolgreiche Rettungsaktion für ihre Johanneskapelle gestartet und über einen Förderverein fast 50 000 Euro gesammelt. Daran können sich die Hermeskeiler, in deren Stadt etwa 40 Mal so viele Einwohner leben, ein gutes Vorbild nehmen. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Die weithin sichtbare Hermeskeiler Martinuskirche wurde in den Jahren 1868 bis 1870 nach den Plänen des Trierer Architekten Adolph Danner im Rundbogenstil erbaut. Vorher befand sich die Hermeskeiler Pfarrkirche im Unterdorf, woran heute noch der Straßenname "Alte Kirchstraße" erinnert. Die Martinuskirche wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bomben beschädigt, in den Nachkriegsjahren restauriert und mehrfach umgestaltet. Bemerkenswert sind der barocke Marienaltar und die Oberlinger-Orgel mit 34 Registern. Der Pfarrei Hermeskeil gehören aktuell rund 4000 katholische Gläubige an. Sie bildet seit 2010 zusammen mit den Pfarreien Bescheid, Beuren, Damflos, Geisfeld, Gusenburg und Rascheid eine Gemeinschaft mit rund 10 500 Katholiken. Zurzeit laufen in Beuren Sanierungsarbeiten an der Kirche, die circa 240 000 Euro kosten. Geplant ist die Erneuerung der zweiten Dachhälfte auf der Gusenburger Kirche, die voraussichtlich 100 000 Euro kostet. ax

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