Belgische Arbeiter bereiten Bau der neuen Wellener Moselbrücke vor

Wellen/Ocquier · Report aus dem Stahlwerk: Belgische Arbeiter bauen im 800-Seelen-Ort Ocquier in den belgischen Ardennen mehr als 70 Einzelteile für die neue Brücke zwischen Grevenmacher und Wellen. Die Pendler im Raum Konz-Saarburg profitieren davon, denn die Sperrung der Brücke fällt deshalb kürzer aus als bei ähnlichen Projekten.

Wellen/Ocquier. Schleifgeräte kreischen, Schweißgeräte blitzen, Lackpistolen zischen. Ein Höllenlärm! Der Geruch heißen Stahls liegt in der Luft. In den 30 000 Quadratmeter großen Hallen der Ateliers Roger Poncin im belgischen 800-Seelen-Dorf Ocquier wird seit Ende Februar an einem der bedeutendsten Projekte für den Raum Konz-Saarburg gebaut: Die Stahlarbeiter bereiten mehr als 70 Teile für die neue Grenzbrücke zwischen Wellen und Grevenmacher vor. Die 213 Meter lange Brücke wird die wichtigste Verbindung zwischen Luxemburg und Deutschland an diesem Teil der Obermosel. Insgesamt werden 1900 Tonnen Stahl verbaut, den die belgischen Arbeiter für die Endfertigung vorbereiten.

Vom Stahlwerk nach Mertert: Zunächst werden einzelne Stahlplatten in der Produktionsstraße angepasst und zusammengeschweißt. Danach werden sie gereinigt und in die Nachbarhalle gebracht. Dort kümmern sich die Stahlarbeiter um die Feinheiten. Sie schleifen die Metallteile ab, schweißen nach und grundieren sie. Noch sind alle Elemente grau oder bräunlich. Die oberste Lackschicht bekommen sie erst in Luxemburg, damit diese beim Transport nicht beschädigt wird. Später erstrahlt die Brücke zum Teil in Weiß.
Die beiden schwersten Stahlkolosse wiegen jeweils 85 Tonnen. Sie sind gerade fertig geworden. "Das sind die wichtigsten Brückenteile", erklärt Firmeninhaber Vincent Poncin. Später sollen die V-förmigen sechs mal zwölf Meter großen, etwa 1,80 Meter hohen Metallteile die Stahlplatten tragen, auf denen die Fahrbahn liegt. Sie müssen dann täglich das Gewicht von etwa 15 000 Fahrzeugen stemmen, die zwischen Wellen und Grevenmacher über die Mosel fahren.
Noch hängt der erste Stahlriese an zwei großen Kränen. Er soll auf einen Transporter geladen werden, der gerade rückwärts in die Produktionshalle rollt. Zentimeter für Zentimeter lassen die Arbeiter das Teil herab, bis es aufliegt. Der Laster ächzt zwar unter der Last, aber das Brückenteil ist sicher verladen. Der Schwertransport macht sich auf den 180 Kilometer langen Weg zum Merterter Hafen.

Von der Schmiede zum Stahlwerk: Vincent Poncin, dessen Großvater Roger das belgische Stahlwerk aufgebaut hat, ist sichtlich stolz, dass ein wichtiger Teil des Großauftrags abgeschlossen ist. Sein Unternehmen hat sich innerhalb von 70 Jahren von einer Dorfschmiede zum weltweit operierenden Spezialisten für Stahlbrückenbau entwickelt - zur letzten Stahlfirma in Süd-Belgien. Obwohl die belgische Firma mit 100 Mitarbeitern relativ klein ist, hat sie schon Brücken in Deutschland, Belgien und Frankreich, aber auch in Saudi-Arabien oder Kanada gebaut.
Die neue 17 Millionen Euro teure Grenzbrücke ist aber eines der größeren Projekte Poncins. "Da ist viel Vorbereitungsarbeit notwendig", sagt der Firmenchef.

Enorme Zeitersparnis: Neben der bestehenden Brücke sei kein Platz für eine Hilfsbrücke, sagt Projektingenieur Gilberto Fernandes von der luxemburgischen Straßenbauverwaltung. Er erklärt die Hintergründe: Die alte Brücke müsse abgerissen werden, um Platz für die neue zu schaffen. Damit die daraus resultierende Sperrung so kurz wie möglich ausfalle, erfolge der Abriss aber erst, wenn die neue Brücke weitgehend fertig ist. Deshalb werden die belgischen Stahlteile im Merterter Hafen zusammengesetzt und dann per Schiff an den Brückenstandort gebracht.
Die Sperrung der Brücke für viereinhalb Monate vom 21. Mai bis zum 15. Oktober sei sehr kurz, betrachte man vergleichbare Projekte, sagt Fernandes. Ohne die Vorarbeit hätte der Neubau und mit ihm die Straßensperrung mindestens ein halbes Jahr länger gedauert, schätzt er. Die Zeiteinsparung hat jedoch ihren Preis: Ohne die Vorproduktion der Brücke in Ocquier wäre sie deutlich günstiger gewesen. Eine genaue Zahl nennt die luxemburgische Straßenbaubehörde jedoch nicht.

Stahlpreise sinken: Doch Werkschef Poncin hat eine gute Nachricht für die Auftraggeber: Die Stahlpreise hätten sich in den vergangenen Monaten gut entwickelt. Während er 2012 bis zu 1200 Euro pro Tonne gezahlt habe, seien es 2013 etwa 800 Euro. Insgesamt könnte das Projekt also doch ein wenig günstiger werden, als es errechnet wurde. Darüber dürften sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und sein luxemburgischer Amtskollege Claude Wisseler freuen. Sie kommen am Dienstag, 30. April, 13.30 Uhr, zum Spatenstich für die Brücke nach Grevenmacher.

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