Betreuungskonzept für Flüchtlinge für den Kreis Trier-Saarburg: Mit dem Bleiberecht hört die Arbeit nicht auf

Saaarburg/Konz · Der Kreistag will am Montag ein Betreuungskonzept für Flüchtlinge beschließen. Die ehrenamtlichen Helfer sehen noch Defizite.

Saaarburg/Konz Die Zahl der Asylbegehrenden im Landkreis Trier-Saarburg hat sich innerhalb eines Jahres von 1582 auf 752 reduziert (siehe Grafik). Der Höchststand war im Februar 2016. Für 2017 rechnet der Kreis mit maximal 600 Zuweisungen. Ist damit die Herausforderung gemeistert, die Verwaltungen an den Rand des Leistbaren brachte und die nur dank der Hilfe von Hunderten Ehrenamtlichen bewältigt werden konnte? Aus Sicht der Helfer nicht. Denn es gibt Einschnitte bei der Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter, die die Ehrenamtlichen beunruhigen.

Eine von den Hunderten Helfern für Geflüchtete im Kreisgebiet ist Elisha Weinandi. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Interkulturellen Netzwerk in Konz. Die Tawernerin arbeitet auch hauptamtlich mit Flüchlingskindern zusammen. Als Förderkraft an der Grundschule St. Johann in Karthaus lernen Kinder aus Flüchtlingsfamilien bei ihr Deutsch. In Reaktion auf die jüngste Berichterstattung im TV über die möglichen Einsparungen beim kreiseigenen Projekt Flucht und Asyl ("Kreis will bei der Flüchtlingshilfe sparen", 24. Februar) hat sie dem TV einen ausführlichen Brief zugesandt.
Darin beschreibt sie Probleme, die trotz aller Bemühungen beim Integrationsprozess entstehen. "Ich erlebe Familien, die keine oder nur sehr unzureichende Kenntnisse über unser Behördensystem und unser Schulsystem haben", schreibt Weinandi. "Dass die Eltern ihre Kinder nur bedingt unterstützen können, liegt nicht allein an der Sprache. Sie haben oft auch niemanden, der ihnen unsere Systeme erklärt."
Eine Herausforderung sei auch, dass das Hilfsangebot für Flüchtlinge mit Erlangung eines Aufenthaltstitels weniger werde. Viele ehrenamtliche Helfer seien zum Beispiel in erster Linie nur für noch nicht anerkannte Asylbewerber zuständig, erklärt Weinandi. Aus ihrer Sicht fehlen durch Kürzungen bei professionellen Mitarbeitern im Projekt Flucht & Asyl Kräfte, die Ehrenamtler beraten können. Insgesamt gelinge die Arbeit nur, weil sich alle Beteiligten, Professionelle wie Ehrenamtler, über ihr Soll hinaus engagieren.
Von ähnlichen Erfahrungen berichtet Martina Heckmann aus Trierweiler-Sirzenich. Sie sagt: "In der Öffentlichkeit entsteht der Eindruck, dass alles läuft." Doch das stimme nicht. Aufgrund der gesunkenen Zahl von neuen Asylbegehrenden sei das Thema wohl aus dem Fokus geraten. Die Realität sei jedoch diese: Gerade dann, wenn die Menschen ein Bleiberecht hätten oder nicht abgeschoben werden könnten, "beginnt die Arbeit erst richtig." Heckmann berichtet von einem Afghanen, der zwar Deutsch spreche. Und auch fachlich laufe es sehr gut. Doch in der Berufsschule hagele es schlechte Noten, da es an der Rechtschreibung mangelt.
"Wir verstehen nicht, warum gerade jetzt gespart wird", sagt die Sirzenicherin. Einige aus ihrem Helferkreis hätten inzwischen schon aufgegeben, da die Arbeit immer mehr würde. Gemeinsam mit Hilfsgruppen aus Newel-Butzweiler, Igel sowie zwei Gruppen aus der Fidei haben sich die Trierweilerer in einem Schreiben unter anderem an Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Landrat Günther Schartz gewandt. Nach Auskunft von Martina Heckmann hat darauf bisher nur Wolfgang Reiland, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Trier-Land, reagiert.

Für den Caritasverband im Kreis Trier-Saarburg, der das Projekt Flucht & Asyl im Kreis Trier-Saarburg gemeinsam mit dem Diakonischen Werk trägt, beantwortet Pressesprecher Andreas Schäfer die Fragen des Volksfreunds. Der Kreis bemühe sich, das Projekt weiterzuführen. Das begrüße die Caritas sehr. Im Vergleich zu anderen rheinland-pfälzischen Landkreisen sei der Kreis ohnehin vorangeprescht bei der Flüchtlingsarbeit, sagt Schäfer und hebt den vereinbarten Betreuungsschlüssel von einem Sozialarbeiter auf 100 Geflüchtete hervor. In der aktuellen Situation sieht der Pressesprecher eher das Land und den Bund in der Pflicht, mehr Geld in die Integration zu investieren. Aus Schäfers Sicht sind die Migrationsdienste überlastet. "Wir haben versucht an mehr Geld zu kommen vom Bund und vom Land, aber es gab nur eine minimale Aufstockung", erklärt er. "Nach der Anerkennung bleibt da oft nur der Verweis ans Jobcenter."
Am Montag will der Kreistag Trier-Saarburg festlegen, wie das Betreuungskonzept für Asylsuchende fortgeführt wird (Sitzungsbeginn 17 Uhr, Kreishaus). Die Verwaltung will dem Gremium vorschlagen, dass der derzeit geltende Betreuungsschlüssel von Eins zu 100 (acht Sozialarbeiter oder Sozialhelfer sind für rund 800 Asylbewerber zuständig) bis Ende 2018 beibehalten werden soll - ungeachtet dessen, wie sich die Zahl der Asylanten entwickelt. Angesichts des Rückgangs der Asylsuchenden im vergangenen Jahr hatte der Landkreis auch die Sozialarbeiterstellen von 14 auf acht zurückgefahren. Dadurch spart der Kreis rund 400 000 Euro an Personalkosten.
Der entspannteren Flüchtlingssituation soll auch in dem neuen, bis Ende 2018 gültigen Betreuungskonzepts, Rechnung getragen werden. So ist geplant, die Gemeinschaftsunterkünfte in Konz, Saarburg und Schweich ausschließlich für die Unterbringung von Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen in den ersten sechs Monaten nach Zuweisung an den Kreis zu nutzen. Im Hochwald werden zusätzlich das Haus am Park in Reinsfeld und die mobilen Wohneinheiten in Kell am See für diesen Personenkreis genutzt.DIE ZUKUNFT DER GEMEINSCHAFTSUNTERKüNFTE

Extra

Die Belegung der Gemeinschaftsunterkünfte im Landkreis soll auf ein "sozialverträgliches Maß" reduziert werden. Etagenbetten werden künftig nur noch einfach belegt. Das bedeutet höchstens drei Asylbewerber in einem Container statt bisher sechs. In Konz, Saarburg und Schweich werden laut Konzept die Büros für die soziale Betreuung beibehalten und mit jeweils zwei Personen besetzt. Die bisher als Gemeinschaftsunterkünfte genutzten Hotels sollen künftig ausschließlich als Unterkünfte für anerkannte Flüchtlinge im Sinne einer Wohngemeinschaft genutzt werden. Es handelt sich überwiegend um Einzelpersonen.

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