Bewährung statt Gefängnis: Serieneinbrecher muss nicht in Knast

Trier · Nach einer Einbruchsserie hat das Trierer Landgericht einen 38-Jährigen aus der Verbandsgemeinde Saarburg zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Wegen seiner geistigen Behinderung fiel das Urteil sehr mild aus.

Erleichterung huscht durch sein Gesicht. Martin J. hat soeben das Urteil der dritten Großen Strafkammer am Landgericht Trier gehört, die ihn zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe, die auf Bewährung ausgesetzt wird. Das kommt dem Serieneinbrecher entgegen, denn der 38-Jährige hatte vor dem Urteil darum gebeten: "Ich möchte nicht in den Knast oder die Psychiatrie. Ich will in die Behindertenwerkstatt und das packen."

Richter Armin Hardt betont: "Das Urteil ist mehr als milde." Immerhin wird der Angeklagte in mehreren Fällen des schweren Diebstahls und in einem Fall des schweren Computerbetrugs für schuldig befunden. Versuchter Diebstahl und versuchter Computerbetrug kommen hinzu (siehe Extra).

Martin J. hat zudem ein langes einschlägiges Vorstrafenregister und schon mehrere Haftstrafen abgesessen. Seit Anfang der 1990er Jahren hat er Dinge aus offenen Autos gestohlen, ist in Imbisse, Kindergärten und auch Wohnhäuser eingebrochen, um seine Spielsucht zu finanzieren. Oft war er abends in den Verbandsgemeinden Konz, Saarburg und Kell am See mit seinem Rucksack voller Einbruchswerkzeug unterwegs. "Sie müssen aufhören, Straftaten zu begehen, sonst landen sie in der Psychiatrie - auf unbegrenzte Zeit", warnt Richter Hardt den 38-Jährigen aus der Verbandsgemeinde Saarburg.

Dass er trotzdem keine Gefängnisstrafe bekommt, liegt an seiner geistigen Verfassung. Die intellektuellen Fähigkeiten des Verurteilten sind weit unterdurchschnittlich. Deshalb gilt er als vermindert schuldfähig.
Ingo Baltes, Facharzt für Psychiatrie, veranschaulicht den Zustand des Mannes in seinem Gutachten: Er habe eine leichte Intelligenzminderung. Ein Test, den er selbst nicht für sehr aussagekräftig halte, habe ergeben, dass der 38-Jährige einen Intelligenzquotienten von 72 hat, erläutert Baltes.

Der Durchschnittswert liegt bei 85 bis 115, als geistig behindert gelten Menschen ab einem Intelligenzquotienten von 69. Hinzu kommt ein unheilbarer Hirnschaden, den der Serieneinbrecher hat, seitdem ihn 1995 ein Auto angefahren hat.

Trotz des Hirnschadens rät der Gutachter von der Unterbringung in einer Psychiatrie ab: "Die Prognose ist schlecht, weil man da nichts heilen kann", sagt Baltes. "Er braucht klare Strukturen und eine harte Führung." Ein Damoklesschwert, das über ihm schwebe, könne helfen - zum Beispiel in Form einer möglichen Unterbringung in einer Psychiatrie. Dann bestehe eine Chance, dass er nicht rückfällig werde.

Staatsanwältin Anne Wildfang, Verteidiger Jan Kamp und das Gericht folgen dem Gutachten. Neben der Bewährungsstrafe muss der Mann sich in die Obhut eines Behindertenwohnheims samt Werkstatt begeben, Kontakt mit seiner Bewährungshelferin halten sowie auf den Besuch von Spielhallen verzichten. Die bei dem Täter gefundenen 625 Euro und 40 Schweizer Franken bekommt die Jugendgruppe Tawern, die er um 1000 Euro erleichtert hat.
Extra

Die Taten im Detail Martin J. ist im Jahr 2010 und 2011 in mehrere Kindergärten, ein Feuerwehrhaus, einen Jugendclub sowie einen Raiffeisenmarkt in Tawern, Saarburg und Merzkirchen eingebrochen. Mit einer aus dem Jugendraum gestohlenen EC-Karte hat er zudem 1000 Euro von einem Konto der Jugendlichen abgehoben. Mit 2500 Euro beziffert die Staatsanwaltschaft die Gesamtbeute. Das unterschreitet den Sachschaden von 4500 Euro bei Weitem.

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