Biogasanlage am Stadtrand - Bürger sind kritisch

Hermeskeil · Vor den Toren Hermeskeils soll ab Juli im Bereich des alten Schwimmbads eine Biogasanlage gebaut werden. Die Ackerflächen gehören der Landwirtfamilie Eiden, die die Anlage betreiben will. Der Stadtrat hat den Plänen zugestimmt. Es gibt aber bereits erste kritische Stimmen von Bürgern.

Die Familie Eiden betreibt seit über 300 Jahren auf ihrem Hof in der Züscher Straße Landwirtschaft. Mit Blick auf die Zukunft sagt Gerhard Eiden jedoch: "Mit Kühen allein können wir an diesem Standort nicht weiter wachsen. Wir müssen uns breiter aufstellen." Deshalb will der Landwirt zusammen mit seinem Sohn und Nachfolger Markus unter die Energieerzeuger gehen und plant den Bau einer Biogasanlage. Sie soll ab Juli auf dem Grund und Boden der Familie entstehen - und zwar hinter ihrem Hof in der kleinen Senke im Bereich des alten Schwimmbads. Von dieser Stelle aus sind es circa 200 Meter bis zu den nächstgelegenen Wohnhäusern. Die Anlage werde aber kaum zu sehen sein, betont Markus Eiden.

Den Bauantrag haben die Landwirte schon beim Kreis gestellt. Jetzt warten sie auf die Genehmigung. Die ist nach Auskunft von Pressesprecher Thomas Müller noch nicht erteilt, da noch Stellungnahmen von Fachbehörden ausstehen. Schall- und Geruchsgutachten liegen aber schon vor (siehe Extra).

Die Eidens betonen im TV-Gespräch, dass aus Expertensicht "alle Vorgaben eingehalten werden". Sie weisen zudem darauf hin, dass die von ihnen geplante Biogasanlage ausschließlich mit nachwachsenden Rohstoffen - also vornehmlich Rindergülle, aber auch Mais- oder Grassilage - gefüttert werden soll. Die damit verbundene Geruchsbelastung sei deutlich geringer als beim Einsatz von Lebensmittelabfällen, wie es beispielsweise an der Reinsfelder Biogasanlage an der B 52 geschieht. Dort hatte es in der Vergangenheit Klagen aus der Bevölkerung gegeben (der TV berichtete).

Geschätzte Kosten 1,3 Millionen Euro



Die Anlage der Eidens - deren Kosten sie nicht nennen wollen - soll eine Leistung von 250 Kilowatt (kW) haben. Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gibt für vergleichbare Anlagen dieser Größe eine Investitionssumme von circa 1,3 Millionen Euro an. Mit 250 kW wäre die Anlage halb so groß wie jene, die derzeit neben dem Reinsfelder Birkenhof an der B 407 gebaut wird. Zwei kleinere, abgedeckte Fermenter, also die kuppelförmigen Behälter, sind von den Eidens vorgesehen - einer dient für den Gärvorgang, einer als Lager für die Gärreste. Die Rohstoffe sollen über den Wirtschaftsweg, der aus Richtung Züsch am Hermeskeiler Ortsschild links abbiegt, zur Biogasanlage angeliefert werden.

Bedenken wegen möglicher Geruchsbelästigung



Wegen der Nähe zur Stadt spricht Udo Moser (Bürger für Bürger) zwar von einer "sensiblen Geschichte". Der Stadtbürgermeister erwartet aber durch den Betrieb der Anlage "keine Beeinträchtigungen" für die Anwohner. Die Mitglieder des Stadtrats hatten die Eidens vor einiger Zeit zur Besichtigung einer Biogasanlage in der Eifel eingeladen. In seiner jüngsten Sitzung hat das Gremium, dem die Gutachten vorlagen, dann hinter verschlossenen Türen mehrheitlich sein Einvernehmen mit den Plänen der Landwirte erklärt. Über dieses Ergebnis gibt Moser auf TV-Anfrage Auskunft.

Aus den Reihen der Bürgerschaft gibt es aber bereits erste skeptische Aussagen. "Ich habe Bedenken wegen der Geruchsbelästigung", sagt Klaus Feilen, der in der Gerberstraße wohnt, dem TV. Auch aus dem Neubaugebiet Medumland werden solche Stimmen laut. "Uns sind diese Ängste bewusst. Wir wollen sie den Bürgern aber nehmen und Akzeptanz für unsere Pläne erreichen", sagt Gerhard Eiden. Deshalb wird es am Montag, 21. März, ab 19 Uhr eine öffentliche Infoveranstaltung im Johanneshaus geben. Bei diesem Termin sind auch die Gutachter dabei, um die fachlichen Fragen der Bürger zu beantworten.

Meinung
Verständliche Vorbehalte

Es ist vorhersehbar: Gerade wegen der Furcht der Bürger vor zu starkem Geruch wird der geplante Bau der Biogasanlage in Hermeskeil nicht geräuschlos über die Bühne gehen. Nun sind solche Anlagen in direkter Nähe von Orten zwar keine Seltenheit mehr - ein anschauliches Beispiel gibt es im kurz hinter der Kreisgrenze gelegenen Hilscheid bei Thalfang. Ein kleines Dorf ist aber nicht mit einer Stadt mit über 6000 Einwohnern zu vergleichen. In Hermeskeil und dort vor allem in den Wohngebieten auf der Höhe wird es deutlich mehr Menschen geben, die sich mit dem Gedanken an eine Biogasanlage vor ihrer Haustür kaum anfreunden können. Eins ist aber auch klar: Man kann der seit über 300 Jahren an dieser Stelle ansässigen Landwirtfamilie nicht anlasten, dass die Stadt im Laufe der Zeit dicht an ihren Hof herangerückt ist. Zudem muss man den Eidens ganz klar zugutehalten, dass sie mit offenen Karten spielen wollen und sich bei der vorgesehenen Infoveranstaltung am 21. März auch kritischen Fragen stellen. Denn verpflichtet wären sie dazu nicht. a.munsteiner@volksfreund.de

Extra Rechtliche Situation: Beim Projekt der Eidens handelt es sich um ein sogenanntes "privilegiertes Vorhaben im Außenbereich". Das heißt, die Biogasanlage steht im direkten "räumlich-funktionalen" Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb. Die Rohstoffe werden überwiegend von den Eidens selbst geliefert, und das Gärsubstrat wird als Dünger wieder größtenteils auf die ihnen gehörenden Felder ausgebracht. Allerdings sei auch die Kooperation mit einem anderen Landwirt aus der Region angedacht, so die Aussage der Eidens. "Wenn alle Auflagen erfüllt sind, ist von uns eine Genehmigung zu erteilen", stellt Kreis-Sprecher Thomas Müller klar. Es gebe keine konkreten gesetzlichen Vorgaben, was den Mindestabstand zu Wohnhäusern betrifft.

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