Blanker Hass im Internet kann teuer werden

Konz/Trier · 26 Mal hat die Trierer Staatsanwaltschaft dieses Jahr wegen Volksverhetzung ermittelt. Dabei wird nicht zwischen Internetstraftaten und Delikten im realen Leben unterschieden. Für die Einstellung eines Verfahrens nach einem rassistischen Kommentar im Internet hat ein Mann aus der Verbandsgemeinde Konz sogar 1000 Euro zahlen müssen.

Eine syrische Familie - Vater, Mutter und zwei Kinder - flieht unter großen Strapazen nach Deutschland. Sie entkommt der Gewalt in ihrem Heimatland und landet in Konz. Der TV erzählt ihre Geschichte Ende Februar im Rahmen einer Serie Flüchtlinge in der Region. Die Redaktion veröffentlicht einen Link zu dem Text auch auf der Facebookseite von <u>volksfreund.de - dort beginnt die Debatte.

Syrer rassistisch verunglimpft

Etliche Menschen sind gerührt von dem Schicksal der Familie. Sie wollen helfen und wünschen den Syrern viel Glück. Doch ein Mann aus der Verbandsgemeinde Konz sieht das anders. Er bezeichnet die Familie unter anderem rassistisch als "Syrerpack" - unter seinem echten Namen. Was der Mann zu dem Zeitpunkt nicht wusste: Der Kommentar, der inzwischen gelöscht wurde, würde ihn noch teuer zu stehen kommen. Den Link hat die TV-Redaktion ebenfalls gelöscht - auch weil weitere beleidigende Kommentare folgten, die sich einerseits gegen Flüchtlinge und andererseits gegen den Hasskommentator selbst richteten.

Die Staatsanwaltschaft leitete direkt nach dem Vorfall ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung gegen den Mann ein. Denn bei dem Kommentar handelt es sich um eine Straftat nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs: Volksverhetzung liegt zum Beispiel dann vor, wenn ethnische oder religiöse Minderheiten pauschal beleidigt werden. Das zuständige Gericht stellte das Verfahren gegen den Kommentator später gegen die Zahlung von 1000 Euro vorläufig ein. Voraussetzung für die Einstellung ist, dass der Mann sich einsichtig zeigt und keine Vorstrafen hat.

Dieses Ermittlungsverfahren ist kein Einzelfall. Deutschlandweit machten in den vergangenen Monaten schon mehrere Fälle die Runde, in denen Hasskommentatoren für ihre Facebook-Einträge bestraft worden sind (siehe Extra). Das Trierer Amtsgericht hat laut dem Leitenden Oberstaatsanwalt Peter Fritzen sogar einen Mann wegen Volksverhetzung in einem Facebook-Beitrag zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der Mann hatte auf seinem Facebook-Profil das Schmähgedicht ‚Hallo deutscher Depp' geteilt und einen zustimmenden Kommentar hinzugefügt. Der Text verunglimpft Asylbewerber unter anderem als HIV-infizierte Drogendealer.

Internetdelikte gleich behandelt

Probleme bei der Zusammenarbeit mit dem US-Konzern Facebook hatte die Staatsanwaltschaft bei den bisherigen Verfahren nicht. Alle Beiträge und deren Verfasser seien ohne Einbeziehung der Betreiber der Netzwerke ermittelt worden, erklärt Fritzen. Bislang gab es 2015 im Zuständigkeitsbereich der Trierer Staatsanwaltschaft 26 Verfahren wegen Volksverhetzung. Zwischen Straftaten im Internet und im realen Leben wird nicht unterschieden. Die meisten wurden laut Fritzen nach Strafanzeigen eröffnet. Ein kleinerer Anteil wird von Amts wegen eingeleitet. Dann ermittelt die Staatsanwaltschaft selbstständig, wenn ein Tatverdacht besteht.

Die Ermittler müssen jede Anzeige auf strafbares Verhalten prüfen. Im Fall einer Strafanzeige wegen einer Hetzparole in sozialen Netzwerken spielen der Wortlaut des Kommentars und der Zusammenhang zu anderen Äußerungen, Bildern und Artikeln eine Rolle. Auch die Art der Veröffentlichung - ob der Eintrag auf Facebook nur für Freunde, nur für angemeldete Nutzer des sozialen Netzwerks oder für alle Internetnutzer sichtbar ist, ist relevant. Bei der Prüfung ergibt sich dann, ob die Voraussetzungen einer Volksverhetzung erfüllt werden. Sollte das der Fall sein, wird eine Ermittlung eingeleitet.

Gemeinsam gegen Hass vorgehen!
meinung

Christian Kremer

Jeder, der gerne in einer Demokratie lebt, muss gegen Hass und Rassismus vorgehen. Denn Hass zerstört unsere freiheitlichen Werte. Und diese Werte, in erster Linie die Menschenwürde, müssen alle überzeugten Demokraten verteidigen - offline und online, auf der Straße, in der Schule, im Büro oder auf Face8book, Youtube und Skype. Denn Volksverhetzung bleibt Volksverhetzung, egal ob sich der Hassprediger am Stammtisch in der Eckkneipe, in der Umkleidekabine nach dem Fußballspiel oder im Internet äußert. Dieser Hass gehört nicht in die Wertordnung der Bundesrepublik, sondern in eine längst verrottet geglaubte Mülltonne unserer Geschichte. <u>c.kremer@volksfreund.de

Extra Hasskommentare

Andere Verfahren: In Bayern ist Ende Juli ein 25-Jähriger wegen eines Hasskommentars zu einer Geldstrafe von 7500 Euro verurteilt worden. In Berlin wurde ein Mann für einen Kommentar, in dem er zu Gewalt gegen ethnische Minderheiten aufgerufen hat, zu einer Geldstrafe von 4800 Euro verurteilt. Im niedersächsischen Bückeburg gab es eine viermonatige Bewährungsstrafe für einen 23-Jährigen, der zu Brandstiftung in Flüchtlingsheimen aufgerufen hat. Andere Hass-Kommentatoren haben ihren Job verloren - zum Beispiel ein Lehrling des Autokonzerns Porsche.

Anzeigemöglichkeiten: Man kann einen Screenshot von Hasskommentaren machen, ihn speichern und bei Facebook melden. Allerdings reagiert der US-Konzern zurzeit noch sehr langsam oder gar nicht, wenn rassistische Kommentare gemeldet werden. Die Bundesregierung hat deshalb das Gespräch mit den Managern gesucht. Es ist auch möglich, potenzielle Volksverhetzer anzuzeigen. Dazu sollte ein Screen8shot gemacht werden. Es besteht auch die Möglichkeit, Hinweise auf mögliche Straftaten an Internetwachen der Polizei zu melden. Rheinland-Pfalz hat noch keine eigene Internetwache. Meldungen in anderen Bundesländern sind möglich.

Protest auf Facebook: Im sozialen Netzwerk Facebook hat sich die Gruppe 02.01.2016 zusammengetan. Die Nutzer tauschen ihr Profilbild gegen ein Bild aus, auf dem das Datum zu sehen ist. Gemeinsam wollen sie dem Konzern eine Frist setzen. Die Strategie: Geht das Unternehmen bis zum 2. Januar nicht offensiv gegen Hasskommentare vor, löschen alle Mitglieder der Gruppe aus Protest ihren Facebook-Account. cmk

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort