Blaues Wunder am frühen Morgen

KONZ. Sport am Morgen gehört für die Frühschwimmer im Konzer Hallenbad zu einem guten Start in den Tag. Ein gutes Dutzend Badegäste zieht morgens um 6 Uhr seine Bahnen. Schwimmmeister Rainer Schmitt kennt sein morgendliches Stammpublikum genau.

Die Pumpen und Motoren rauschen, als Rainer Schmitt an diesem Morgen um halb sechs die Technikräume im Keller des Konzer Hallenbads betritt. Oben im Becken bildet das Wasser eine glatte Oberfläche. Noch eine halbe Stunde und die ersten Gäste werden ihre Bahnen ziehen. "Ich bin gespannt, ob heute alle Frühschwimmer kommen", sagt der Schwimmmeister, nachdem er mit dem Absauggerät die Ablagerungen auf dem Boden entfernt hat. Dann steigt er noch einmal in den Keller hinab, um den Wasser- und Ölverbrauch der vergangenen 24 Stunden im Betriebstagebuch zu notieren. Frühe Schwimmer warten auf Einlass

Um 6 Uhr warten bereits zwölf Badegäste darauf, dass der Schwimmmeister die Türen öffnet. "Jetzt geht's los. Mal schauen, wer am schnellsten ist", sagt Rainer Schmitt, als er von der Umkleide zurück ins Bad geht. Lange dauert es nicht: "Eine Minute nach sechs und schon sind die Ersten im Wasser." Der 50-Jährige kennt seine Badegäste und auch "ihre Zipperlein". Die meisten kommen jeden Tag und das schon seit Jahren. "Wir sind wie eine Großfamilie. Uns fällt es auf, wenn jemand fehlt", sagt Schmitt. Um halb sieben steht Beatriz Woditsch in der Tür zu seinem Dienstraum, von dem er die Badegäste durch eine Glasscheibe beaufsichtigt. Sie erzählt, dass sie in drei Tagen verreisen wird. "Es ist gut, wenn sich unsere Gäste abmelden", meint Schmitt, der die Frühschwimmer scherzhaft als "seine Schäfchen" bezeichnet: "Sonst machen wir uns hier Gedanken." Beatriz Woditsch kommt seit 23 Jahren fast täglich um 6 Uhr ins Bad. "Klar fällt es manchmal schwer aufzustehen, aber so bin ich fit und der Tag fängt für mich gut an", erzählt sie. Schwimmmeister Schmitt ist morgens bereits hellwach - auch ohne Sport. Um halb fünf ist er heute aufgestanden. 40 Minuten braucht er, um von seinem Zuhause in Morbach zur Arbeit zu gelangen. "Ich gehe zwischen 21 und 22 Uhr ins Bett, wenn ich Frühschicht habe. Dann bin ich morgens ausgeschlafen." In zwei Wochen pro Monat beginnt er den Dienst um halb sechs, ansonsten um halb zwei mittags. Feierabend wird er heute gegen halb elf haben, wenn die Lehrer mit den Schulklassen zum Schwimmunterricht kommen. Morgens betreut er die Kasse mit. Bei den vielen Dauergästen lohne sich zusätzliches Personal nicht, sagt er. Ein kleiner Plausch am Beckenrand gehört für ihn dazu, wenn er nicht gerade die Gäste von seinem Platz hinter dem Fenster beaufsichtigt. Dabei hat er schon manche "Hierarchie" festgestellt: "Es ist ein Ritual, wer auf welcher Bahn schwimmt." Wenn neue Gäste hinzukämen, gerate das Gefüge durcheinander. Eine Frau macht die Tür zu Schmitts Raum auf und fragt ihn nach ihren Badeschlappen, die sie hat liegen lassen. "Es stand zwar kein Name darauf, aber ich wusste schon, dass sie ihr gehören", sagt der Schwimmmeister. Um halb sieben machen sich die ersten Badegäste wieder auf den Weg - zum Einkaufen, Arbeiten oder nach Hause zum Frühstück, so wie Albin Merten. Der Rentner ist Stammgast und hat das zeitige Schwimmen nach der Berufsleben nicht aufgegeben: "Spätestens um halb sechs stehe ich auf, lese Zeitung und gehe ins Schwimmbad." Und warum schon so früh? "Rentner haben ja nie Zeit", meint der 75-Jährige. Munter ist er bereits: "Ich bin morgens derjenige, der hier Stimmung reinbringt. Vorher ist es ziemlich ruhig." Albin Merten winkt Schwimmmeister Schmitt noch einmal zu, bevor er in Richtung Dusche verschwindet.

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