Briefmarken als Zeitdokument

Konz-Karthaus · Die Schar der Enthusiasten, die sich für Postwertzeichen interessieren, wird immer kleiner. Das hat der Saar-Mosel-Briefmarkenclub wieder einmal zu spüren bekommen. Unter den wenigen Besuchern des Tauschtages waren etliche, die ihre Sammlung zu Geld machen wollten.

 Plant die engere Zusammenarbeit mit anderen Sammlervereinen: Hans-Joachim Meretich mit DDR-Marken in einzelnen Druckstufen und anderen Raritäten. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Plant die engere Zusammenarbeit mit anderen Sammlervereinen: Hans-Joachim Meretich mit DDR-Marken in einzelnen Druckstufen und anderen Raritäten. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Konz-Karthaus. "Wir haben in jüngster Zeit einige Sterbefälle und altersbedingte Austritte. Jetzt sind wir nur noch 18", bedauert der Vorsitzende des Saar-Mosel-Briefmarkenclubs, Hans-Joachim Meretich (70). Entsprechend ruhig ging es beim Großtauschtag im Festsaal des Klosters Karthaus zu. Gerade mal 30 Besucher kamen, darunter kein einziger aus Trier.
Aber immer wieder gibt es Menschen, die mit einer Sammlung unterm Arm kommen und mit Geld im Portemonnaie den Saal wieder verlassen wollen. "Diese Leute müssen wir enttäuschen", bedauert der Vorsitzende. Heute müsse eine Sammlung, die Geld bringt, nicht nur komplett und eine Rarität, sondern auch von allerhöchster Qualität sein, quasi wie frisch aus der Druckerpresse. Der mangelnden Resonanz will der Club mit einer intensiveren Zusammenarbeit mit anderen Vereinen entgegenwirken, um auf gemeinsamen Veranstaltungen den kleinsten Wertpapieren der Welt wieder mehr Gewicht zu verleihen: "Gute und seltene Briefmarken sind teilweise mehr wert als so manche der großen Risikopapiere." Vor dem Handel im Internet warnt der Sammler: "Das sind meist überteuerte Stücke. Die Reklamationen sind langwierig und umständlich." Als Beispiel für eine echte "Wertanlage" zeigt er DDR-Marken, die in allen acht einzelnen Farben vorliegen. "Bei dieser Serie lassen wir den Betrag, den die wert sind, lieber weg", meint Meretich, denn das, was er da in der Hand hält, dürfte es eigentlich gar nicht geben. Diese sogenannten "Phasendrucke" wurden in der DDR gegen Honorar ausgestellt, mit der Auflage, sie danach wieder zurückzugeben. "Einige Sammler haben das halt vergessen, und so kamen diese Raritäten auf den Markt", weiß der Philatelist.
Keine Wertanlage



Einige Fehldrucke von Marken der Bundesrepublik waren mit einem Wert von 900 Euro ebenso die Stars des Tages. Geld verdienen könne man mit der Sammelleidenschaft dennoch nicht. Meretich erklärt aber einen anderen, für ihn viel wichtigeren Wert: "Die Marken sprechen zu mir." Will sagen, er erkennt an jedem einzelnen Exemplar, welche politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in dem Land und der Zeit herrschten, aus dem sie stammen. Ob die Marke aus einer Diktatur oder einer Demokratie kommt, springe sofort ins Auge. Außerdem sind die historischen Postwertzeichen nicht nur Bewahrer der Geschichte, sondern auch persönlicher Erinnerungen: "Bei Märchenausgaben fällt mir wieder meine Kindheit ein."
Die Zeiten jedoch, in denen ein junger Mann seiner Angebeteten seine Briefmarkensammlung zeigen konnte, um ihr zwischenmenschlich näherzukommen, sind lange vorbei.
Informationen bei Hans-Joachim Meretich unter Telefon 06501/13555.

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