Bürger fürchten sich vor zu vielen Windrädern

Hermeskeil · Rund um Hermeskeil könnten deutlich mehr Windräder entstehen, als die Verwaltung zugebe. So lautet ein Vorwurf der Interessengemeinschaft Rettet den Hochwald. Der VG-Chef weist die Kritik zurück.

Hermeskeil Auf dem Tisch im Wohnzimmer von Christa Breidert liegt eine Landkarte. Darauf haben Mitglieder der Interessengemeinschaft (IG) Rettet den Hochwald mit Reißzwecken markiert, wo in der Umgebung Hermeskeils Windräder entstehen sollen. "Uns ärgert, dass jetzt gesagt wird, von der ursprünglichen Planung sei fast nichts übrig", sagt IG-Sprecher Karl Diller. "Da kommt deutlich mehr auf die Bürger zu", erklärt Breidert mit Blick auf die Karte. Die IG-Mitglieder befürchten, dass sich künftig mehr als 50 "Monsterräder" von über 200 Metern Höhe rund um Hermeskeil drehen könnten. Der Kreisverwaltung Trier-Saarburg lägen Anträge für 36 Anlagen vor, sagt Diller. Dabei seien geplante Flächen bei Beuren und Bescheid nicht eingerechnet. Zudem sei ein Repowering - ein Ersatz durch größere, leistungsstärkere Räder - bei den vorhandenen 18 Anlagen an der A 1 wahrscheinlich. Die IG geht von etwa zwölf repowerten Rädern aus. Bei einer öffentlichen Veranstaltung 2014 habe die IG eine Fotomontage gezeigt, um die Wirkung der geplanten Anlagen rund um die Stadt zu veranschaulichen. Damals hätten ihr einige Ortsbürgermeister vorgeworfen, zu übertreiben. "Jetzt können wir beweisen, dass wir Recht hatten", sagt Diller mit Verweis auf die frisch errichteten Räder auf Nonnweilerer Gebiet. "Man sieht sie von überall", sagt Breidert. Die Visualisierungen der VG seien damals "verharmlosend" gewesen. Die Landschaft werde "verschandelt", ohne einen "echten Gewinn" zu erzielen, kritisiert Breidert, die auch die "Rentabilität" der Anlagen an den geplanten Standorten bezweifelt. Die Landschaft sei "das einzige Kapital Hermeskeils", sagt Gudrun Tewaag. Um die Zahl der Räder zu reduzieren, habe die IG Vorschläge gemacht, "die alle in den Papierkorb getreten wurden", moniert Diller. Der von ihr geforderte Mindestabstand zu Wohnhäusern von 1400 Metern sei nur in der Stadt Hermeskeil angenommen worden - nachdem es dazu ein klares Bürgervotum gab. Eine VG-weite Abstimmung habe der VG-Rat abgelehnt. Nun bleibe der IG nur das Beharren auf Schutzabständen für gefährdete Vogelarten. Sie habe "große Zweifel" an dem Gutachten zum Flugverhalten der Rotmilane bei Pölert und Hermeskeil, sagt Breidert. Es sei "zu wenig beobachtet" worden. Zudem habe der Investor selbst das Gutachten beauftragt, das für die Öffentlichkeit nicht vollständig einsehbar sei. Diese "Geheimniskrämerei" sei nicht einzusehen, kritisiert Diller. Die IG werde auf diese Dinge "beim Genehmigungsverfahren für jedes einzelne Rad zurückkommen". Der VG-Rat hatte die Schutzradien um Rotmilan-Horste überall dort verringert, wo sich die Vögel laut Gutachten kaum aufhalten (TV vom 14. Juli 2016).Der Kreisverwaltung liegen sechs Genehmigungsanträge für insgesamt 38 Windräder auf den Gemarkungen Hermeskeil, Grimburg, Reinsfeld, Rascheid und Gusenburg vor, teilt sie mit. Die Stadt Hermeskeil plant im Windpark Hermeskeil-Süd inzwischen nur noch vier Räder. Laut Kreis stehen aber noch acht Anlagen im Antrag.Verbandsbürgermeister Michael Hülpes (CDU) weist die Vorwürfe der IG "entschieden" zurück. Es stimme "in keinster Weise", dass die damaligen Visualisierungen im VG-Rat "verharmlosend" gewesen seien. Das Fachbüro habe sie auf "fundierter Grundlage" erstellt. Die Verbandsgemeinde habe "immer mit offenen Karten gespielt", sagt Hülpes. Beim Rotmilan-Gutachten gebe es "kein Versteckspiel". Die VG könne nur veröffentlichen, was der Investor bereitstelle - und das habe dem Rat ausgereicht. Er halte das Gutachten für "belastbar". Zur Zahl der zu erwartenden Räder sagt der VG-Chef: "Man kann vieles beantragen. Was davon genehmigt wird, ist eine ganz andere Frage." Er gehe davon aus, dass auf den ins Auge gefassten Flächen "maximal 20 bis 25 neue Anlagen dazukommen können". Zugleich wolle man auch die bereits ausgewiesenen Flächen reduzieren. Momentan wartet die VG Hermeskeil auf ein Signal der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord. Die Behörde muss unter anderem klären, ob in der Kernzone des Naturparks Saar-Hunsrück bei Beuren Windräder möglich sind. Das Land will Windräder in den Kernzonen ausschließen. Aber für Beuren hat die SGD schon 2004 eine Befreiung von dem Verbot erteilt. Fraglich ist, ob diese noch gilt (TV vom 1. Oktober). Den Plan ohne diese Zusage zur Genehmigung vorzulegen, habe keinen Sinn, sagt Hülpes und verweist auf die VG Schweich. Deren Planung wurde vom Kreis abgelehnt, weil sie neue Landesvorgaben zur Windkraft nicht berücksichtigt hatte (siehe Info). KommentarMeinung

Keiner wird nachgebenDer Konflikt zwischen der Verbandsgemeinde Hermeskeil und der IG Rettet den Hochwald besteht nun schon länger. Er wird nur auf gütlichem Wege aufzulösen sein, wenn eine Seite freiwillig nachgibt. Damit ist aber nicht zu rechnen. Denn letztlich läuft alles auf die Frage hinaus, wie viele Windräder rund um Hermeskeil für die Beteiligten vertretbar sind. Unabhängig davon, wie viele Räder am Ende genehmigt werden - den IG-Vertretern ist das, was an Flächen geplant ist, schlicht zu viel. Die Folgen für Natur und Landschaft sind ihnen zu groß. Deshalb suchen sie verständlicherweise nach Mitteln und Wegen, die Planung zu reduzieren. Die VG ihrerseits hat längst entschieden, welche Folgen sie in Kauf nehmen will. Sie ist zudem sicher, das Verfahren korrekt zu führen - und auch die zuständige Behörde akzeptiert das Rotmilan-Gutachten. Soll nach Jahren der Planung der erhoffte Finanzschub für die Dörfer noch erreicht werden, kann die VG von ihrem Weg gar nicht mehr abrücken. c.weber@volksfreund.de SCHWEICHER PLANUNG ABGELEHNT

Extra

(alf/cweb) Die VG Schweich hat als erste Verbandsgemeinde im Kreis Trier-Saarburg ihren neuen Flächennutzungsplan zur Genehmigung vorgelegt - und eine Absage erhalten. Das liegt unter anderem an geänderten Landeszielen zur Windkraft. Der neue Landesentwicklungsplan liegt zwar bislang nur als Entwurf vor, die neuen Vorgaben wurden von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord aber schon angewandt. Sie hat geprüft, ob die Planung der VG Schweich vom noch geltenden Raumordnungsplan für die Region abweichen darf. Diese Zusage wurde aber verweigert. Denn neuerdings sind Windparks mit weniger als drei Anlagen und Räder in großen Laubwäldern, die älter als 100 Jahre alt sind, tabu. Auch Auflagen zum Schutz des Moseltals sind zu befolgen. Deshalb fallen nun Flächen bei Trittenheim und Mehring/Pölich aus der Planung der VG, die den Bescheid juristisch prüfen lassen will.

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