Bürger haben Angst vor Atomkraft

24 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl steckt die Angst vor einem Supergau noch tief. Das war am Dienstagabend im Sitzungssaal der Verbandsgemeinde Saarburg (VG) zu spüren. Dort diskutierten Rat und Bürger mit Experten über das französische Kernkraftwerk Cattenom.

Saarburg. Es war eine Premiere: Erstmals hatte der VG-Rat Bürger eingeladen, um über das Atomkraftwerk Cattenom zu informieren (der TV berichtete). Das nutzten mehr als 60 Bürger, die drei Stunden lang emotional, aber sachlich mit Experten über leistungsstärkere Brennelemente und die Notfallplanung diskutierten.

Die Brennelemente sollten ursprünglich 2011 in Cattenom eingesetzt werden. Experten befürchten eine höhere Störanfälligkeit. "Nach den uns vorliegenden Informationen können wir Ihnen mitteilen, dass der Einsatz dieser Brennelemente in Cattenom nicht vor 2018 geplant ist", sagte Dieter Wolf, Leiter der Abteilung Energie, Atomaufsicht und Strahlenschutz im rheinland-pfälzischen Umweltministerium.

Bislang keine erhöhte Störanfälligkeit



Zurzeit sei der Einsatz auf das Kernkraftwerk Nogent an der Seine beschränkt. Nach den ihnen zugänglichen Informationen habe man bislang international aber keine erhöhte Störanfälligkeit feststellen können. Er betonte weiter, dass die Landesregierung in Kontakt mit den Cattenom-Betreibern und der französischen Aufsichtsbehörde stehe, wenn auch der Einfluss sehr begrenzt sei. Das Ministerium werde von der französischen Aufsichtsbehörde sofort informiert, wenn radioaktive Auswirkungen einer Störung zu befürchten sind, versicherte Wolf. Außerdem habe das Ministerium eigene Messstationen.

Beim zweiten Komplex des Abends, der Notfallplanung, wurde es emotionaler. Im Falle eines Unfalls in Cattenom gehören einige Gemeinden der VG zur sogenannten Außenzone, bis zu 25 Kilometer vom Kraftwerk entfernt, und damit zum Bereich, für den der Katastrophenschutz aktiv wird. "In dieser Zone werden Messfahrzeuge ausgesendet und Jodtabletten verteilt", erklärte Volker Meyer von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD).

Im Katastrophenfall Anlaufstelle in Konz



Der bundeseinheitlich geregelte Katastrophenschutz sieht keine Evakuierung vor. "Der Notfallplan für die VG geht sogar noch weiter als vorgesehen", sagte Meyer. So werde im Katastrophenfall eine Notfallstation in Konz als Anlaufstelle eingerichtet. Vielen Zuhörern ging es aber nicht weit genug. "Wenn die Leute fliehen wollen, werden sie daran gehindert?", fragte eine Zuhörerin. "Nein", hieß es vom Podium. Allerdings sehe der Notfallplan auch keine Maßnahme für eine etwaige Panik vor.

Auf Kritik stieß auch die Tatsache, dass es seit Ende des Kalten Krieges kein durchgängiges Sirenensystem mehr gibt, das zusätzlich zu Lautsprecherfahrzeugen die Anwohner warnen würde.

Das Informationsbedürfnis blieb nach drei Stunden hoch. "Ich gehe sehr aufgewühlt nach Hause, weil ich das Gefühl habe, dass wir sehr allein gelassen werden", sagte eine Bürgerin, die vorschlug, Leitlinien für alle Bürger zu verteilen.

Für Dieter Wolf ist das durchaus eine sinnvolle Idee: "Vielleicht nimmt die ADD diese Veranstaltung ja zum Anlass, darüber nachzudenken."

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