Bürger in Uniform erinnern an Nazi-Opfer

Hinzert · Rund 100 Reservisten der Bundeswehr haben am Samstag an einer Gedenkfeier im früheren SS-Sonderlager/KZ Hinzert. Das Treffen der Kreisgruppe Trier, der ehemalige Soldaten aus den Kreisen Trier-Saarburg und Bernkastel-Wittlich sowie der Stadt Trier angehören, wurde jedoch von der Botschaft eines anonymen Schreibers überschattet. Der Unbekannte hatte den Zettel im Vorfeld der Veranstaltung vor der Gedenkstätte abgelegt.

Hinzert. "Wir wissen, es ist mutig in Uniform der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Aber wir wollen den Frieden", betont der Vorsitzende der Reservisten-Kreisgruppe Trier, Franz-Josef Krämer, dem TV vor der Gedenkveranstaltung, zu der ehemalige Bundeswehrsoldaten aus der ganzen Region im früheren KZ Hinzert zusammengekommen sind. Krämers Aussage hat einen triftigen Grund.
Denn unmittelbar vor dem Treffen wurde am Eingang der Gedenkstätte eine anonyme Botschaft gefunden. Auf dem Zettel standen die Worte: "Uniformierte haben hier nichts verloren."
Ex-Soldaten zeigen Zivilcourage


Für Krämer steht jedoch fest, dass es gerade auch für Soldaten gelte, Zivilcourage zu zeigen.
"Die Erinnerung darf nicht enden", sagte Krämer in seiner Begrüßung vor rund 100 Gästen der Gedenkveranstaltung, die meisten von ihnen in Uniform. Ungerechtigkeit sei die Wurzel allen Übels. Im KZ Hinzert sei viel Ungerechtigkeit geschehen. Auf die anonyme Botschaft eingehend fragte Krämer: "Wenn nicht wir an die Opfer erinnern, wer dann?"
Bis zu 12 000 Menschen kommen in jedem Jahr in diese Gedenkstätte Hinzert. Die Nationalsozialisten hatten dort 1939 ein Haftlager eingerichtet. "Bis März 1945 sind 13 600 Häftlinge hier durchgeschleust worden", informierte der Schirmherr und Bürgerbeauftragte von Rheinland-Pfalz, Dieter Burgard.
Nachweislich haben 321 Menschen in Hinzert den Tod gefunden, darunter viele Luxemburger. 200 Opfer sind auf dem nahe gelegenen Friedhof beigesetzt.
Die russischstämmige Pianistin Tatjana Klepikova spielte für den Anlass angemessene Werke von Händel, Chopin, Albinoni und Beethoven.
Sie stammt aus Kursk, der russischen Stadt, von der aus Kriegsgefangene auch nach Hinzert gebracht wurden.
Kaplan Tim Sturm und Pfarrerin Heike Diederich zelebrierten einen ökumenischen Wortgottesdienst, der vom Reservisten-Musikzug aus Trier umrahmt wurde.
Die evangelische Priesterin fragte in ihrer Predigt: "Wieviel Vergangenheit verträgt die Gegenwart?" Die Geschichte habe ein langes und gutes Gedächtnis. "Die Menschen müssen heute weiter den Mut haben, der Geschichte die Anonymität zu nehmen", forderte Diederich.
Lilien legten die Besucher an Gräbern nieder, gedachten der Opfer in Stille.
Franz-Josef Krämer, Dieter Burgard und der Landesvorsitzende der Reservistenkameradschaften, Oberst Michael Sauer, legten einen Kranz nieder.
Danach hatten die rund 100 Teilnehmer Gelegenheit, sich bei einer Führung in der Gedenkstätte das ganze Ausmaß des Grauens in Nazideutschland erklären zu lassen.

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