Das Europa der Konsumenten

KONZ/GREVENMACHER. Als vor zwölf Jahren die Grenzkontrollen wegfielen, konnte sich kaum jemand vorstellen, in welchem Umfang die Öffnung die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen würde. Mittlerweile funktioniert der "kleine Grenzverkehr" – und bringt allen nur Vorteile.

Ein Blick auf die Großparkplätze genügt: Vor dem Möbelhaus "Martin" in Konz haben sich die Wagen mit den gelben Nummernschildern fest etabliert, und "lëtzebuerger" Laute sind an der Drehtür zum Eingang und an den Kassen unüberhörbar. Umgekehrt bevölkern die Autos mit den weißen Kennzeichen aus Deutschland seit langem schon die Plätze vor dem "Match-Copal" in Grevenmacher. Vor allem an den Sonntagvormittagen frühstücken die deutschen Kunden dort, laden die Einkaufswagen voll und tanken. Zumindest für ein paar Stunden ist in Luxemburg jeder Sonntag verkaufsoffen. Und die Tankstellen befinden sich eh fest in deutscher Kunden-Hand.Fester Faktor im Geschäfts-Kalkül

Mittlerweile ist der "kleine Grenzverkehr" zum festen Faktor im Kalkül der Supermarkt-Ketten geworden. Wie aus dem Konzer Rathaus verlautet, haben sich die Märkte in Konzerbrück ganz gezielt jenseits der Saar etabliert - mit dem Blick auf die luxemburgischen Kunden. Und beim Einrichtungs-Haus "Möbel Martin" am Moselufer lernen die Angestellten Französisch, damit sie auch Kunden bedienen können, die des Deutschen nicht mächtig sind. Beim Schuh-Discounter "Reno" in Konzerbrück hat eine Verkäuferin sogar präzise Zahlen parat: "Wir hatten eine Postleitzahlen-Umfrage bei unseren Kunden: Rund elf Prozent kommen aus Luxemburg." Und im Konzer "Dm"-Drogeriemarkt direkt neben dem Schuhgeschäft gibt es sogar einen noch höheren Anteil an Luxemburger Kunden; er wird auf etwa 25 Prozent geschätzt.Unterschiede im Goldanteil

Ist dieser Austausch der Käuferströme wieder einmal nur ein Fall für die Großen? Bleiben die kleineren Läden, die sich in der Regel auf Traditionskundschaft stützen, im Rennen um den Kunden von der jeweils anderen Moselseite auf der Strecke? Optiker Kranz von Fricken empfängt in seinem "Augentraum" in den Konzer Schillerarkaden oft Luxemburger Kunden. Die gleiche Erfahrung macht Christian Berweiler in seinem Uhren- und Schmuckgeschäft am Konzer Marktplatz. Er präzisiert: "Wir haben nur rund ein Dutzend luxemburgische Stammkunden, keine Laufkundschaft." Tatsächlich unterscheiden sich die Schmuck-Angebote in Deutschland und Luxemburg nach dem Goldanteil. Trotz der etwas abseits gelegenen Lage des Sport- und Schuhgeschäfts "Holbach" in der Wiltinger Straße finden luxemburgische Kunden den Weg dorthin. Generell nehmen die deutschen Händler für sich in Anspruch, die Kunden besser und individueller zu bedienen, als das auf luxemburgischer Seite der Fall ist. Auf dem Lebensmittel-Sektor zeigen sich die Deutschen zudem davon überzeugt, preisgünstiger zu sein. Umgekehrt scheinen die Luxemburger vor allem auf exklusive Kollektionen und auf höhere Ansprüche zu setzen. Qualität statt Quantität für verwöhnte Kunden. Das Uhren- und Schmuckgeschäft "Hoffmann" gibt es seit 50 Jahren in Grevenmacher. Uhrmachermeister Hoffmann sagt, die deutsche Kundschaft sei in den vergangenen Jahren weniger geworden, aber es gebe immer noch treue Stammkunden. "Deutsche Kunden sind kritteliger"

Das Optikergeschäft "Die Brille" ist sowohl in Grevenmacher als auch in Konz vertreten. Die Luxemburger Verkäuferin hat auch in Konz gearbeitet und kennt den Unterschied zwischen deutschen und luxemburgischen Kunden: "Die deutschen Kunden sind kritteliger." Im Möbelhaus "GMG" (Galerie Moderne Grevenmacher) hat Firmenchef Jean Seil gute Erfahrungen mit deutschen Kunden gemacht: "Trotz Möbel Martin in Konz kommen sie zu uns. Wir haben andere Kollektionen als die Möbelmärkte." Seiner Meinung nach könnte die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland im kommenden Jahr für seine Branche einen vermehrten Kundenzulauf vom östlichen Moselufer auslösen.

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