Das gemischte Quartett hält fest zusammen

Mettlach · Vierlingsgeburten kommen in Deutschland statistisch gesehen ein Mal im Jahr vor. Ein großes Glück, wenn alle vier Kinder gesund sind. Wie Alena, Kevin, Linda und Nico Schmitt aus Weiten bei Mettlach. Im Januar werden sie 18 Jahre alt.

 Nico, Linda, Kevin und Alena (von links) in der Weihnachtszeit 1995. Foto: pRIVAT

Nico, Linda, Kevin und Alena (von links) in der Weihnachtszeit 1995. Foto: pRIVAT

Mettlach. Im Örtchen Weiten in der Gemeinde Mettlach haben vier junge Leute - zwei Jungs und zwei Mädchen - einen Weihnachtsbaum geschmückt. Ganz farbenfroh ist er dieses Jahr geworden, darauf haben sie sich zuvor geeinigt.
Man könnte die Vier für ein Grüppchen gleichaltriger Freunde halten. Aber sie sind Geschwister - und trotzdem gleich alt: Am 10. Januar 1994 sind sie innerhalb von drei Minuten zur Welt gekommen - Alena um 9.24 Uhr, Kevin und Linda zusammen um 9.25 Uhr, und Nico, der Jüngste, genau eine Minute später. Laut Statistik ist in Deutschland pro Jahr mit einer einzigen Vierlingsgeburt zu rechnen.
Die Schmitts, damals noch in Orscholz daheim, waren so ein statistischer Sonderfall. 18 Jahre ist das her. Und jetzt steuern die Vierlinge aufs Abitur zu, sind auch schon stolze Führerscheinbesitzer und streiten manchmal, wer gerade Anspruch auf Mamas Auto hat. Planen ihre Zukunft. Leben aber alle vier noch unter Mamas Dach, doch nicht mehr in Orscholz, sondern in Weiten.
Über die frühen Jahre des Quartetts wurde früher häufig berichtet. Aber als die Kinder größer wurden, wollten sie partout kein Aufsehen mehr erregen, nicht mehr als Gruppe auftreten, schon gar nicht in den Medien.
Doch jetzt sind sie erwachsen und haben akzeptiert, dass man in ihrem Umkreis gern wissen möchte, was aus ihnen geworden ist. Und so sitzen vier hübsche, wohlgeratene junge Menschen gesprächsbereit um den Tisch, dabei die Mama, die kaum älter aussieht als ihre Töchter.
Wie sie selbst ihre besondere Situation empfunden haben, wollen wir wissen, was schön, was nicht so gut daran war, ob sie die Freunde beneidet haben, denen daheim Vater, Mutter und der Fernseher immer ungeteilt zur Verfügung standen? Und wir erfahren: Erzogen wurden die vier von Anfang an, der Not gehorchend, mit "liebevoller Konsequenz". Das Leben lief nach festen Regeln ab, sonst hätte der Alltag nicht funktioniert. Und weil eines der Mädchen als Kleinkind Neurodermitis hatte und Diät eingehalten werden musste, bekamen die anderen drei ganz solidarisch das gleiche Essen.
Alle hatten auch schon früh Aufgaben im Haushalt. Längst ist jeder selbst für seine Wäsche zuständig - und wer vergessen hat zu waschen, "der hat Pech gehabt", sagt Alena. Teilen müssen? "Wir haben es ja nicht anders gekannt. Klar, es gab immer mal Momente, wo man sich gewünscht hätte, etwas alleine für sich zu haben", sagt Nico. Und fügt hinzu: "Heute bin ich froh darüber, ein bisschen strenger erzogen worden zu sein - auch wenn ich damals eine völlig andere Meinung hatte."
Auch Linda und Alena haben sich manchmal gewünscht, Einzelkinder zu sein. "Aber im Großen und Ganzen bin ich froh, meine Geschwister zu haben", sagt Linda. Ähnlich sieht es Alena. Kevin dagegen hatte nie den Wunsch, in einer Ein-Kind-Familie zu leben: "Ich war ja immer gewohnt, drei an meiner Seite zu haben - bis heute."
Lobend und anerkennend wird erwähnt, dass alle vier immer gleich behandelt worden sind, dass keinem mehr erlaubt wurde als den anderen. Die Frage nach der Zeit der Pubertät lässt alle mal kurz durchatmen. Doch, die sei sehr schwierig gewesen, sagen Kinder und Mutter ehrlich. Dazu kam noch, dass die Trennung der Eltern vorausgegangen war. Auch für Mama Daniela war das ein doppelt schwieriger Lebensabschnitt: Alle vier Kinder begannen ja gleichzeitig, ihre eigenen Wege zu suchen.
Aber längst ist wieder Normalität eingekehrt. Die vier gehen in verschiedene Schulen, haben dadurch ganz unterschiedliche Freunde. Auch die Hobbys sind verschieden. Linda spielt Klavier, Alena Gitarre, die Jungs dagegen sind leidenschaftliche Fußballer, Mitglieder einer Orscholzer Spielgemeinschaft.
Und die Mutter? Daniela Schmitt war 30, als die Kinder in der 32. Schwangerschaftswoche ans Licht der Welt geholt wurden. Gravierende Schäden hatte keines von ihnen - ein Wunder bei Mehrlingsgeburten. Behandlungen mannigfacher Art waren trotzdem nötig, wie bei Frühgeborenen üblich. Daniela Schmitt hat ausgerechnet, dass sie im ersten Lebensjahr ihres Quartetts etwa 365 Stunden allein mit der bei allen vieren unbedingt notwendigen Krankengymnastik verbracht hat. Und geschrien hat immer eines. Mehr als zwei Stunden Schlaf im Zusammenhang waren da nie drin für die Mutter.
Heute haben alle vier schon ziemlich klar definierte Berufsziele und Vorstellungen von ihrem künftigen Leben. Nach dem Abitur planen Linda, Alena und Nico Auslandsjahre, Kevin steuert ein Freiwilliges Soziales Jahr an. Alena will dann wahrscheinlich Sozialpädagogik studieren, sie möchte sich um Kinder mit Problemen kümmern. Linda liebäugelt mit Psychologie.
Kevin möchte BWL studieren, könnte sich eine Bank-Laufbahn vorstellen. "Der kann mit Geld umgehen, der kriegt so viel Taschengeld wie wir auch, kann uns aber immer noch was pumpen, wenn wir klamm sind", flachsen die Geschwister. Und Nico denkt über BWL oder Sportwissenschaft nach.
Ob sie später Familien gründen möchten? Ja, da sind sie sich einig. Und ein oder zwei Kinder wollen auch alle. Aber vier sollten es nicht unbedingt sein, finden sie.
Als die Kinder acht Jahre alt waren, haben sich die Eltern getrennt. Mutter und Kinder sind von Orscholz nach Weiten gezogen, Daniela Schmitt ist Kosmetikerin, sie hat hier ihr Studio. Ihr zweiter Mann lebt seit acht Jahren mit der Familie. Er ist ein liebevoller Stiefvater und immer für die Kinder da. Fast sensationell bei Jugendlichen in diesem Alter: Alle fahren immer noch zusammen in Urlaub, vergangenes Jahr waren sie in Italien. Mama Daniela: "Wir haben immer viel gemeinsam unternommen, und das ist heute noch so, wir genießen es - die Zeit ist nicht mehr weit, bis alle Kinder ihre eigenen Wege gehen." Der leibliche Vater wohnt in der Nähe und kann jederzeit besucht werden.

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