"Das Geräusch wird man nie wieder los"

Nicht nur Lilli Marx erinnert sich genau an den 11. Mai 1944: Auch ein Konzer und eine 84-jährige Frau werden ihre Erlebnisse nie vergessen. TV-Redaktionsmitglied Sarah München und TV-Redakteur Christian Kremer haben mit ihnen gesprochen.

Ein Mann aus Konz erinnert sich:
"Ich war zum Zeitpunkt des Bombenangriffs auf Konz zwar erst acht Jahre alt, doch ich kann mich an den Tag noch sehr gut erinnern. So etwas vergisst man nicht."
Am Tag zuvor hatten er und ein paar Freunde an den Bahngleisen zwischen Konz und Filzen gespielt. "Dort haben wir Flugblätter gefunden, die auf einen Bombenangriff hingedeutet haben".
Was genau auf diesen Flugblättern stand, daran erinnert er sich nicht mehr. Richtig ernst genommen hat diese Warnung aber niemand in seiner Umgebung.
Am 11. Mai gibt es einen Fliegeralarm. "Wie so oft." Doch aus dem Fliegeralarm wird ein Wechselalarm. "Das ist ein Geräusch, das man nie mehr los wird." Der Alarm wird immer schneller. "Da war klar, dass es etwas Ernstes ist."
Die Familie flüchtet ins Erdgeschoss des Hauses in der Granastraße. "Wir hatten riesiges Glück und einen richtig guten Schutzengel". Denn das Haus wird getroffen, der obere Teil komplett zerstört, das Dach stürzt ein. "Wenn wir oben gewesen wären, wären wir jetzt alle tot". Im Keller bricht das Treppenhaus zusammen. Nur das Erdgeschoss bleibt weitgehend unversehrt.
In der Küche steht die Mutter bis zu den Knien in Schutt und Asche. Seine zweijährige Schwester wird unter einer Tür und einem Haufen aus Unrat vergraben. Die Tür funktioniert wie ein Schutzschild, und sie bleibt unverletzt.
Doch einer seiner Brüder hat kein Glück. Der 15-Jährige hält sich nicht im Haus auf und stirbt bei diesem Angriff. "Überall war Feuer. Das ERW hat lichterloh gebrannt. Die Hitze hat man auf der Haut gespürt".
Die Familie flüchtet. "Wir sind zu Fuß zum Kloster Karthaus gelaufen". Dort finden sie Schutz. Fast ein Jahr sind sie dann im Hunsrück evakuiert, bis sie wieder zurück in ihr Zuhause können. müs

Sehr eindrücklich schildert auch eine 84-jährige Konzerin ihre Erlebnisse an diesem Schicksalstag.
Damals war die Frau, die anonym bleiben möchte, 14 Jahre alt. Im Jahr 1944 absolvierte sie gerade ihr Pflichtjahr - sie musste ein Jahr lang einer Familie helfen und sich zum Beispiel ums Vieh kümmern.
Am 11. Mai 1944 saß sie an der Schillerstraße vor dem Haus der Familie. Als die ersten Flieger kamen, fiel eine Bombe nur wenige Meter entfernt von ihr auf ein Nachbarhaus.
Der Explosionsdruck schleuderte die 14-Jährige in den offenen Keller, wo sie bis zum Ende des Bombeninfernos Deckung fand.
"Ich war am ganzen Körper schwarz und blau", erzählt sie. Das 14-jährige Mädchen kam aber mit einem Schock, blauen Flecken und Prellungen davon.
Gefährlich wurde es für sie erneut auf dem Heimweg. Nach dem Angriff sei sie losgelaufen, um zu ihrem Elternhaus auf der anderen Seite der Schienen - zur Wiltinger Straße zu kommen.
Dass die Schillerbrücke in Trümmern lag, habe sie erst gesehen, als sie fast heruntergestürzt ist. Die 14-Jährige achtete nicht auf ihre Schritte, weil sie ihren Blick nicht von der Bahnhofstraße abwenden konnte, wo "alles brannte". cmk

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