Das große Krabbeln

Taben-Rodt · Es krabbelt und kreucht und fleucht. 1100 Käferarten - so viele wie nirgends sonst in Europa - tummeln sich täglich im Tabener Urwald. Viel totes Holz und das Klima bieten ideale Bedingungen.

Sie bauen, sie kämpfen, sie arbeiten, sie entspannen, sie sonnen sich. Der Tabener Urwald ist laut einem Gutachten des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz für über 1100 verschiedene Käferarten das ideale Zuhause. Nirgendwo sonst in Europa ist die Artenvielfalt größer.

Der Tabener Urwald ist ein sogenanntes Naturwaldreservat. Diese Reservate sind vollkommen sich selbst überlassen, auch abgestorbene Bäume dürfen zum Beispiel nicht entsorgt werden: Ein Grund für die Vielzahl an Käferarten. "Viele Käfer brauchen Totholz und die Pilze, von denen abgestorbene Bäume oft befallen sind, als Nahrung und Lebensraum", erklärt Förster Herbert Kirchartz, Revierleiter am Forstamt Saarburg für das Gebiet. Aber nicht nur die toten Bäume, auch die Wetterbedingungen sind ein Grund für die einzigartigen Vorkommen.

Der Tabener Urwald ist ein extremer Lebensraum. Sein Relief bewegt sich ständig, so dass ein Großteil der Fläche aus Gestein, sogenannter Blockschutthalde, besteht. "Diese Steine heizen sich durch die Sonne natürlich auf, sodass heiße Temperaturen entstehen, auf der anderen Seite aber haben wir hier auch einen stark schwankenden Wasserspiegel und im Winter durchaus kalte Temperaturen", erklärt Patrick Jaskowski, Biotopbetreuer für den Kreis Trier-Saarburg, "daher können hier nur Pflanzen und Tiere leben, die extremen Bedingungen ausgesetzt sein können." Nicht nur besondere Käferarten, auch Eidechsen und besondere Moose, sind in den steilen Hängen des Tabener Urwalds zu Hause. Doch einige der Käfer, die hier leben, sind sonst in Europa nicht mehr zu finden.

Bäume, die für die meisten Menschen als "Abfall" gelten, stellen für viele der im Tabener Urwald lebenden Käferarten den letzten Rückzugsort dar. Darauf ist nicht nur Förster Kirchartz stolz.

Der Cleverste: Der veilchenblaue Wurzelhalsschnellkäfer zum Beispiel wurde im Tabener Urwald erstmals überhaupt entdeckt. Zuvor hatte man seine Art nirgends gekannt. Der längliche violette Käfer wird bis zu 1,2 Zentimeter groß und ist vom Aussterben bedroht.
Seinen Namen verdankt er einer hörbaren Eigenschaft: Liegt er einmal auf dem Rücken, versucht er durch ruckartiges, klickendes Zusammenklappen und Hochschnellen wieder in die aufrechte Position zu gelangen.

Der Süßeste: Der Eremit ist eine ebenfalls sehr seltene Art, die bis zu vier Zentimeter lang werden kann. Er ist am ganzen Körper glänzend braunschwarz gefärbt und hat einen schwachen Metallschimmer. Männchen geben im Sommer einen Duft ab, der nach Aprikosen riecht; damit wollen sie Weibchen anlocken.

Der Größte: Der schwarzbraune Heldbock wird bis zu 5,3 Zentimeter lang und zählt damit zu den größten Käfern Mitteleuropas.
Die Fühler können beim Männchen das Doppelte seiner Körperlänge erreichen. Auch diese Käferart ist in Deutschland vom Aussterben bedroht, denn sie bevorzugt kränkelnde oder absterbende alte Stieleichen, die meist von den Förstern entfernt werden, bevor sie dem Heldbock oder anderen Käferarten als Lebensraum dienen können.

Der Kleinste: Der Faulholzkäfer hingegen ist eine der kleinsten Käferarten. Er wird gerade einmal 0,8 bis zwei Millimeter lang, ist entweder oval oder rundlich und hat einen hell- bis dunkelbraunen Körper. Auch sein Lebensraum sind - wie der Name schon sagt - faulende und alte Bäume.

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