"Das ist sadistisch"

Prüm/Bitburg · Weil ein Paar einen Dreijährigen in Panik versetzt und dabei auch noch gefilmt hat, ist eine 24-jährige Mutter aus dem Raum Prüm am Montag am Bitburger Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Ihrem 17-jährigen Exfreund, der nach Jugendstrafrecht zu beurteilen war, wurde dagegen eine Jugendstrafe angedroht. Er hat nun ein Jahr Zeit, sich zu bewähren.

Prüm/Bitburg. Das erstickte Jammern ist bis in die hintere Publikumsreihe im Sitzungssaal des Bitburger Amtsgerichts zu hören. Leise zwar, aber durchaus vernehmbar. Ein Kind weint und schreit. Mehr als drei Minuten dauert die Videosequenz, die Richter Udo May am Montag bei der Sitzung des Jugendschöffengerichts abspielen lässt. Ein verwackelter Film, der im ersten Halbjahr 2010 unter Jugendlichen im Prümer Raum kursierte. Die Szenen dokumentieren ein wahres Geschehen. Sie sind Anlass dafür, dass sich gestern zwei junge Menschen - sie 24, er 17 Jahre alt - vor dem Bitburger Gericht verantworten müssen.
Das Video zeigt einen Dreijährigen, der in einer Decke gewickelt wie in einem Sack in einiger Höhe an einer Tür baumelt. Der Kleine kann nichts sehen, wird von seinen Peinigern - seiner Mutter und ihrem damaligen Freund - gezwickt und geklapst. Nachgeahmtes Hundebellen verängstigt den Jungen zusätzlich. "Das ist sadistisch", sagt Staatsanwältin Susanne de Renet.
Wegen gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung sind die beiden ehemaligen Förderschüler aus dem Raum Prüm angeklagt. Der arbeitslosen 24-Jährigen wird außerdem die Misshandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen, ihrem Ex-Freund, der nicht der Vater des Kindes ist, Beihilfe dazu. Die insgesamt drei Kinder der jungen Frau befinden sich mittlerweile in der Obhut des Jugendamts. "Wegen des Haushalts, der nicht so in Ordnung war", sagt sie. Wohl aber auch, weil sie und auch ihr Ex-Freund nicht in der Lage gewesen sind, die Kinder zu erziehen. So geben die beiden etwa auch zu, dem schlafenden Dreijährigen ein anderes Mal einen Lautsprecher ans Ohr gehalten und die Musik aufgedreht zu haben. "Wir wollten gucken, wie laut das werden kann, bis er wach wird", sagt die Mutter, ohne einen Anflug von schlechtem Gewissen oder gar Reue.
"Wenn Kinder Kinder bekommen, sind das in den seltensten Fällen günstige Voraussetzungen", kann sich Richter May denn auch nicht verkneifen. Als "jung, unreif, unerfahren und naiv" bezeichnet er die beiden Angeklagten. Eine Erklärung für den Vorfall, so es denn für so etwas überhaupt eine geben kann, haben sie nicht. Ihr Sohn sei immer wieder ungezogen gewesen, sagt die junge Frau. Einen konkreten Anlass für die Bestrafungsaktion habe es allerdings nicht gegeben.
Wer denn überhaupt auf diese Idee gekommen sei?, will May wissen. Achselzucken. "Was sollte das Ganze denn bringen?", bohrt er weiter. Wieder Schweigen. Ihr Sohn sei nach dem Vorfall aber ganz normal gewesen, beteuert die 24-Jährige.
Die beiden Angeklagten hätten Glück, dass nicht mehr passiert sei, betont May: Er verurteilt die 24-Jährige zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. In dieser Zeit soll die junge Frau, solange sie keine festen Anstellung habe, unentgeltlich 25 gemeinnützige Arbeitsstunden pro Woche ableisten. Bei dem 17-Jährigen, der nach Jugendstrafrecht zu beurteilen ist, setzt das Gericht die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe aus: Er hat nun ein Jahr Zeit, sich zu bewähren, und muss monatlich 20 Euro an den Kinderschutzbund zahlen.

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