Das letzte Reiseziel

HERMESKEIL. Seit einem Jahr ist das Hermeskeiler Krematorium in Betrieb. In dieser Zeit wurden im "Ignarium" 1300 verstorbene Menschen eingeäschert. Diese erste Bilanz seines Unternehmens sei "zunächst zufriedenstellend", sagt Geschäftsführer Manfred Baumann.

Angesichts der Tatsache, dass es um das Thema Tod geht, mag es manchem zwar befremdlich und nicht unbedingt pietätvoll erscheinen: Die Inbetriebnahme des privat geführten Hermeskeiler Krematoriums - der einzigen Einäscherungsanlage in der Region Trier - im Dezember 2005 bedeutete aber auch eins: Die Karten auf einem umkämpften kommerziellen Markt wurden damit neu gemischt. Als Neuling musste sich das "Ignarium" in der südwestdeutschen "Krematoriums-Landschaft" somit zunächst positionieren, was gerade in der Anfangszeit mit einigen Hindernissen verbunden war. Ein wichtiger Grund: Ein großer Mitbewerber reagierte auf die Eröffnung in Hermeskeil mit erheblichen Preisnachlässen für die Kunden, also die Bestatter. "Das hat uns schon einige Schwierigkeiten bereitet", bekennt Baumann offen. Wichtig sind Vertrauen und Verlässlichkeit

Letztlich habe sich aber auch das "Ignarium" einen festen Kundenstamm aufbauen können und mit 1300 Einäscherungen im ersten Jahr die "Zielsetzung in etwa erreicht", so Baumann. Die Verstorbenen, für die ihre letzte Reise in Hermeskeil endet, kommen aus einem Umkreis von zirka 80 Kilometer Entfernung, vom Kreis Kusel im Süden oder dem Nordsaarland bis in die Eifel, sagt der Merziger Geschäftsmann. Auch künftig wolle das Unternehmen seinen Schwerpunkt darauf setzen, "Vertrauen zu schaffen und für verlässliche Leistungen zu stehen. Das betrifft sowohl die Zusammenarbeit mit den Bestattern als auch den Umgang mit den Angehörigen", sagt Ellen Schreiner, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei "Ignarium". Bewährt hat sich aus ihrer Sicht vor allem das Angebot, Einäscherungen in Verbindung mit einer Trauerfeier vorzunehmen, wofür ein eigener Raum eingerichtet wurde. "Für viele Angehörige ist der wirkliche Abschied vom Verstorbenen hier im kleinen Kreis und nicht bei der Beisetzung", glaubt Schreiner. Und was sogar Baumann überrascht hat: "Fast immer wollen die Angehörigen selbst den Knopf drücken, mit dem der Sarg in den Ofen gefahren wird." Mit Zahlen, wie viele Einäscherungen sich das "Ignarium" in Zukunft zum Ziel setzt, ist Baumann vorsichtig. Er weist aber darauf hin, dass mit dem einen Verbrennungsöfen, der derzeit in Betrieb ist, jährlich bis zu 4000 Einäscherungen möglich sind und die Anlage sogar die baulichen Kapazitäten für drei Öfen erfüllt. Dass sich mit dem Krematoriums auch für seine Arbeit einiges verändert hat, betont der Hermeskeiler Bestatter Markus Linn. Lag bei ihm noch 2005 der Anteil an Feuerbestattungen bei rund 40 Prozent, so ist dieser Wert 2006 auf fast 70 Prozent gestiegen. Linns Beobachtung ist jedoch, "dass mir immer wieder ausdrücklich von den Leuten gesagt wird, dass die Einäscherung in Hermeskeil und nicht woanders stattfinden soll". Auch habe sich die Wartezeit für die Angehörigen vom Sterbetag bis zur Urnenbeisetzung deutlich verkürzt. "Das dauert jetzt allerhöchstens eine Woche. Das gab es noch nie", sagt Linn.Immer mehr Urnenbestattungen

Grundsätzlich sei klar die Tendenz zu erkennen, dass "Urnengrabstellen verstärkt nachgefragt werden und zwar quer durch alle Altersschichten", sagt Wolfgang Nellinger, Standesbeamter der Verbandsgemeinde Hermeskeil. Allerdings wolle er nicht so weit gehen, "einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Krematorium-Standort und der Anzahl der Einäscherungen herzuleiten". Ein Grund für die Veränderungen in der Bestattungskultur dürfte zwar oftmals auch die Kostenfrage spielen. Bei der Entwicklung in Richtung Urnenbestattung weist Nellinger aber vor allem darauf hin, dass für viele Angehörige die Grabpflege nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich ist.

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