Das Miteinander in Ockfen funktioniert

Ockfen · Die Bewohner der Abtei St. Martin freuen sich auf den Ockfener Herbstmarkt am Samstag und Sonntag, 22./23. Oktober. Für die Lebenshilfe ist der Markt rund um ihre Wohnanlage gelebte Inklusion. Das trifft auf die gesamte Abtei zu. Die Bewohner werden gern im Ort gesehen. Das war nicht unbedingt von Anfang an klar.

Ockfen. Jürgen Brillowski sagt: "Ich freue mich auf den Ockfener Herbstmarkt, besonders auf den Glühwein." Stephan Ponzlet und Meike Essebagggers hat es eher die Musik angetan, die für das kommende Wochenende geplant ist.
Die drei gehören zu den 16 Bewohnern der Abtei St. Martin in Ockfen. In ihrem Innenhof und um die Abtei herum findet der Markt statt. Das Gebäude gehört der Lebenshilfe, die dort Appartments an geistig behinderte Menschen vermietet. Die Bewohner sind relativ selbstständig. Die meisten von ihnen arbeiten im Hofgut Serrig, einige sind bereits in Rente. Die Bewohner erhalten punktuell Unterstützung bei Dingen, die sie nicht so gut hinbekommen, wie Wäsche waschen, Bad reinigen oder auch eine Fahrt ins Kino organisieren.
"Angekommen im Ort"


Zum dritten Mal steigt am kommenden Wochenende der Ockfener Herbstmarkt rund um die Abtei St. Martin. 2014 waren sich Organisator Christof Kramp, Ortsbürgermeister Gerd Benzmüller und der damalige Verantwortliche für die Abtei, der Landtagsabgeordnete Lothar Rommelfanger, flott einig, dass es eine gute Idee sei, den Markt um das Lebenshilfegebäude herum zu organisieren. Der Markt kommt an, er wächst stetig (siehe Extra).
Die behinderten Bewohner der Abtei sind mitten drin, können sich aber auch in ihre Appartments zurückziehen, wenn sie wollen. "Der Markt ist für uns auch gelebte Inklusion", sagt Bernhard Hoellen, pädagogischer Leiter der Lebenshilfe.
Grundsätzlich stellt er für Ockfen fest: "Wir sind angekommen im Ort." Die Abteibewohner nähmen am Leben im Dorf teil. Sie besuchten die Gottesdienste, unterstützten die Fußballmannschaft und gingen zum Weihnachtsmarkt. Hoellen: "Und wenn einer mal einen Platten mit dem Fahrrad hat im Dorf, dann helfen die Leute. Wir sind froh mit der Unterstützung der Gemeinde."
Und umgekehrt scheint das genauso zu sein. Ortsbürgermeister Gerd Benzmüller sagt: "Ich, der Rat und auch die Bürger sind froh, dass wir die Lebenshilfe hier haben." Die Bewohner der Abtei seien sehr aktiv im Ort, sie gehörten einfach dazu. Sie seien bei jedem Fest dabei und überhaupt sehr kontaktfreudig. Da werde immer gewunken, wenn man durchs Dorf fahre. Gehe er am Haus vorbei, werde er gerufen und dann miteinander geredet. Die Bewohner klingelten auch gerne mal, insbesondere bei älteren Leuten. Sascha Hess sieht das ähnlich. Er wohnt drei Häuser neben der Abtei und sagt: "Die sind alle nett und freundlich. Der Stephan und der Rainer waren schon hier, Stephan hat hier Kirschen gepflückt." Er fragt sich, ob es genug Angebote für die Abteibewohner vor Ort gibt.
Das problemlose Miteinander war nicht von Anfang an eine Selbstverständlichkeit. Der Ortschef erinnert sich an die Anfänge der Diskussion um die Lebenshilfeeinrichtung: "Es gab auch Vorbehalte. Einige meinten, man könne dann seine Kinder nicht mehr vor die Tür lassen. Die Vorbehalte waren aber innerhalb von ein paar Monaten weg." Benzmülller lobt das Vorgehen der Verantwortlichen. Die Einrichtung sei langsam aufgebaut worden, man habe mit zwei, drei Bewohnern angefangen. Frühzeitig hatte die Lebenshilfe auch in öffentlichen Veranstaltungen darüber informiert, was sie plant.
Ortsbürgermeister Gerd Benzmüller ist auch froh, dass die Lebenshilfe die Abtei 2008 gekauft und instand gesetzt hat. Das Gebäude mit wechselvoller Geschichte hatte zuvor zehn Jahre leer gestanden. Die Abtei war als Außengutshof des Klosters St. Martin in Trier erbaut worden, ging dann in Privatbesitz über und war Weingut und später Hotel/Restaurant.Extra

Der Ockfener Herbstmarkt wächst stetig. Im vergangenen Jahr bestand er aus zwölf Verkaufsständen, in diesem Jahr sind es bereits 22. Marktbeginn ist am kommenden Samstag um 12 Uhr, am Sonntag um 11 Uhr. Die 22 Stände: Kreatives wie Selbstgenähtes und -gestricktes, Filztextilien, geklöppelte Tischdecken und Gartendeko werden angeboten. Auch heimische Produkte wie Nudeln, Käse, Liköre, Sekt und Weine, Federweißer, Apfelsaft, Glühwein sowie Öle gibt es zu kauften. Zu essen gibt es Flammkuchen, Waffeln, Crêpes, Würstchen und sonntags Kaffee und Kuchen. Die Musik: Liedermacher Achim Weinzen tritt am Samstag mit seiner Gitarre ab 18 Uhr auf. Der gebürtige Bitburger singt seine Lieder in Mundart. Am Sonntag präsentiert die Sängerin Eileen Hogan mit Clan ab 14 Uhr Irish Folk Music. Dazu gehören Balladen ebenso wie Pub-Songs zum Mitsingen. Eileen Hogan stammt aus Irland und lebt heute in Trier. Mitmachzirkus: Junge und junggebliebene Besucher sind am Sonntag ab 13 Uhr zur Zirkus-Aktion eingeladen. Dort können sie zusammen mit dem Stelztheater Circolo Stelzenlauf ausprobieren, jonglieren lernen, auf Bändern balancieren und Wurf- und Geschicklichkeitsspiele spielen. Zuschauen, ausprobieren, mitmachen ist das Motto. Das macht den Nachwuchsartisten Spaß und kann auch ein Erfolgserlebnis sein.mai

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