Das Urteil ist gefällt

Gusenburg · Ein Jahr nach ihrem 100. Geburtstag ist das Schicksal dreier, 1912 auf dem Gusenburger Friedhof gepflanzter, Sommerlinden besiegelt. Anfang Januar werden sie aus Sicherheitsgründen gefällt. Für die Aktion mit schwerem Gerät sind zwei bis drei Tage eingeplant.

Gusenburg. Nach fast einstündiger Debatte war das Schicksal der drei mächtigen Linden besiegelt. Mit zwölf Ja- und zwei Neinstimmen hat der Ortsgemeinderat Gusenburg beschlossen, alle drei 101-jährige Bäume auf dem Gusenburger Friedhof zu fällen. Einer hätte noch aufwendig saniert und so vielleicht für eine gewisse Zeit erhalten werden können (der TV berichtete). Der Rat hält das aber angesichts des Verhältnisses von Chancen und Kosten für sinnlos. Denn irgendwann wäre auch dieser Baum unterhalb der Leichenhalle ein Sicherheitsrisiko.
Bis dahin herrschte Einvernehmen im Rat. Dennoch stimmten Thomas Köhl, Sprecher der Freien Wählergruppe (FWG), und Fraktionskollege Ernst Erschens dagegen. Sie kritisierten die Eile und die Art der Auftragsvergabe. "Es gefällt mir nicht, dass wir den Gutachter, der gesagt hat, wir sollten zwei der Bäume fällen, beauftragen", begründete Köhl. Erschens sprach von einem "faden Beigeschmack". Beide sprachen sich für einen neutralen Gutachter und für ein formelles Ausschreibungsverfahren aus, worauf der Rat wegen der voraussichtlich vierwöchigen Verzögerung verzichtete. Schließlich sei hier "Gefahr in Verzug", begründete Ortsbürgermeister Josef Barthen die Entscheidung, der in diesem Notfall sogar ohne Ratsbeschluss hätte entscheiden können.
Er erinnerte daran, dass Revierleiter Jörg Clemens in der jüngsten Sitzung betonte, unter den gegebenen Umständen würde kein Forstarbeiter die Bäume fällen. Wie berichtet ist nicht nur der Zustand der 1912 gepflanzten Sommerlinden problematisch, sondern auch ihr Standort nahe an einem RWE-Transformator, einem Haus und an einer Urnengräberreihe. Der Einsatz erfordert daher nicht nur versierte Baumfäller, sondern auch Steiger, ein Kranfahrzeug und mehrere Container. Laut Barthen sei es für die Gemeinde wichtig, dass der Gutachter als Vertragspartner der Gemeinde auch Sorge dafür trage, "das gesamte Equipment beizuschaffen". Vor allem aber hafte er als entsprechend versicherter Auftragnehmer auch für etwaige Schäden, ergänzte der erste Beigeordnete Marco Weber. Für Fachunternehmer sei es zudem alltäglich, bei Aufträgen wie diesem pietätvoll vorzugehen.
Was die Aktion letztlich kosten wird, ist laut Barthen vorab nicht zu sagen. Fest stünden lediglich die jeweiligen Stundensätze für Maschinen und Personal. Und die könnten, je nachdem, ob die Arbeiten reibungslos oder problematisch verlaufen sollten, stark variieren. Daher seien auch keine Pauschalangebote zu erhalten. Nach Rücksprache mit RWE kann die mit zwei bis drei Tagen kalkulierte Fäll-Aktion am Mittwoch, 8. Januar, beginnen. Das Unternehmen hat laut Barthen zugesagt, unentgeltlich Fachpersonal und Gerät zur Verfügung zu stellen. Die Stromversorgung soll laut RWE auch ohne mobiles Stromaggregat während der Arbeiten gewährleistet sein.
Den wenigen Zuhörern nach zu schließen, dürften die Bürger hinter der Ratsentscheidung stehen - anders als vor Jahren, als sich mehrere Gusenburger für den Erhalt der Linden einsetzten. Das Unglück in Trier, wo ein morscher Baum eine Frau erschlug, lässt die Dinge heute in einem anderen Licht erscheinen.

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