Debatte um Ayler Wohnprojekt im Ortskern

Ayl · Wie der Ortskern lebendig erhalten und weiterentwickelt wird, ist in vielen Dörfern mit Leerständen Diskussionsthema. Im 1570 Einwohner zählenden Ayl ist das Zentrum fast komplett bewohnt. Dort wird über ein von der Gemeinde geplantes Projekt mit bis zu 20 Wohnungen und einer Begegnungsstätte diskutiert. Kritiker befürchten noch mehr Verkehr und eine Verschärfung der Parksituation.

Debatte um Ayler Wohnprojekt im Ortskern
Foto: (h_sab )

Ayl. Dichte Bebauung, enge Straßen, schmale Bürgersteige, abschnittweise gar kein Fußgängerweg. So sieht es um den Dorfplatz im Ayler Ortskern aus. Dort, genauer zwischen Brunnen- und Weinstraße, soll Neues entstehen. Ortsbürgermeister Siegfried Büdinger will die Pläne der Gemeinde am heutigen Donnerstag, 19 Uhr, in einer Einwohnerversammlung im Bürgerhaus erstmals öffentlich vorstellen. Im Ortskern stoßen sie auf Kritik.

Die Pläne der Gemeinde: Büdinger erklärt: "Wir haben im vergangenen Jahr aufgrund eines Todesfalls die Möglichkeit bekommen, ein Areal am Dorfplatz zu kau fen." Die Gemeinde reagierte schnell und griff zu. Die Kosten für den Kauf will Büdinger erst am Donnerstag nennen. Drei Wohnhäuser mit Nebengebäuden gehören dort nun der Gemeinde.
Büdinger: "Wir wollen die vorhandenen Gebäude abreißen. Sie zu renovieren lohnt nicht. Dann sollen die im Ort vorgesehene Begegnungsstätte und Wohnungen für Jung und Alt errichtet werden." Ursprünglich sollte die Begegnungsstätte mit Hilfe von Fördermitteln in der Kirchstraße entstehen. Die Renovierung stockte, denn das erhoffte Geld blieb aus. Der neue Standort sei günstiger, sagt Büdinger. Die dortige öffentliche Toilettenanlage solle in die Begegnungsstätte integriert werden. Mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die für Dorferneuerung zuständig ist, sei abgesprochen, dass die Gemeinde das Gebäude in der Kirchstraße wieder verkaufen und den Erlös für das neue Projekt verwenden könne.
Auch mit einem Architekturbüro hat die Gemeinde bereits Kontakt aufgenommen. Ein Entwurf für das 1100 Quadratmeter große Areal im Ortskern liege vor. Demnach sollen laut Büdinger 16 bis 20 barrierefreie Wohnungen gebaut werden und eine Tiefgarage mit 24 Stellplätzen. Vier Gebäude - zweigeschossig mit eventuellem Dachausbau - sollen entstehen. Der Ortschef betont: "Es geht nicht nur darum, Wohnraum zu schaffen. Es soll eine vernünftige Bebauung sein." Büdinger sagt auch: "Unser Ziel ist es, dass dort so wenige Wohnungen wie möglich entstehen, aber es muss finanzierbar sein." Das Ganze solle über einen Investor laufen, Gespräche in dieser Richtung habe es schon gegeben.

Die Meinung der Kritiker und ihre Pläne: 24 Stellplätze hält Claudia Becker für zu wenig. Sie gehört zu einer Gruppe von Bewohnern des Ortskerns, die die Pläne der Ortsgemeinde kritisieren und eigenen Angaben zufolge vor Ort auf recht breite Unterstützung treffen. Becker sagt: "Normalerweise müssen mindestens 1,5 Stellplätze pro Wohnung nachgewiesen werden. In Ayl sind Erwachsene auf ein Auto angewiesen, hier gibt es so gut wie keine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr." Parken sei im ganzen Ortskern ein Problem. Zum Teil komme der Rettungswagen nicht mehr durch die Straßen. Sie befürchtet, dass das geplante Projekt die ohnehin schwierige Situation verschärft. Becker und ihre Mitstreiter sorgen sich außerdem, dass das ohnehin schon recht hohe Verkehrsaufkommen noch weiter ansteigt. 190 zusätzliche Verkehrsbewegungen solle es laut einem Gutachten geben, sagt Becker. Zudem würden die spärlichen Grünflächen im Ortskern weiter dezimiert.
Die Kritiker setzen dem Entwurf der Ortsgemeinde, der für sie auf Quantität statt auf Qualität ausgerichtet ist, eigene Vorschläge entgegen und haben eine Umfrage zum Thema gestartet (siehe Extra). Die Vorschläge sollen ebenfalls in der Einwohnerversammlung vorgestellt werden. Inhalt: Auf dem Areal am Dorfplatz finden zwei Doppelhaushälften in Form eines ortsüblichen Trierer Langhauses mit großzügigen Stellplätzen Raum. Auf den restlichen 500 Quadratmetern soll Grün sprießen, ein Kneipp-Tretbecken und ein Grill- oder Bouleplatz entstehen. Der Rauberg-Bach wird mit Aktion-Blau-Mitteln renaturiert. Die Begegnungsstätte könnte in der einstigen Sparkasse untergebracht werden.

Was sagt der Ortschef zu Alternativvorschlägen? Büdinger zeigt sich einerseits offen für neue Vorschläge und sagt: "Es ist noch nichts endgültig." Andererseits betont er: "Die Ideen müssen bezahlbar sein, die Ideen der Kritiker sind es nicht." Die Gemeinde habe mit der ADD geredet und könne vermutlich die Fördermittel für die Kirchstraße (laut Ortschef 69 900 Euro) verwenden, um den Abriss am Dorfplatz zu finanzieren. Für den geplanten Neubau hofft er auf weitere Fördermittel aus der Dorferneuerung. Im Rahmen dieses Programms solle auch die Parksituation unter die Lupe genommen werden.Extra

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Foto: (h_sab )
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 Auch diese leerstehenden Häuser sollen weg: noch mal Brunnenstraße 3 (links) und Gebäude in der Weinstraße. TV-Fotos (7): Marion Maier

Auch diese leerstehenden Häuser sollen weg: noch mal Brunnenstraße 3 (links) und Gebäude in der Weinstraße. TV-Fotos (7): Marion Maier

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90 Fragebogen hat Claudia Becker zur Situation im Ortskern laut eigener Aussage verteilt. Sie wolle überprüfen, ob nur sie oder auch andere Probleme im Ortskern sehen, die durch das Gemeindeprojekt womöglich verstärkt würden, sagt sie. Sie wolle auch dazu animieren, zur Versammlung am Donnerstag zu kommen. 22 Bogen hat sie ausgefüllt zurückbekommen. Eine grobe Bilanz: Die Verkehrsbelastung empfinden alle als zu hoch. Mit der Parkplatzsituation und den Kinderspielmöglichkeiten seien viele unzufrieden. Auf der anderen Seite könnten sich viele vorstellen, sich bei der Pflege von Grünflächen zu engagieren. Erfreulich: Fast alle wohnten gerne im Ayler Ortskern. mai

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