Den Moment hörbar gemacht

TRIER. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Neue Musik" der Tuchfabrik Trier entführte das fünfköpfige Trierer "ARTh"-Ensemble seine Gäste in eine neue Dimension des Musik-Erlebens. In freier Improvisation instrumentaler und menschlicher Stimmen schuf die Formation nicht wiederholbare klangliche Momentaufnahmen.

"Alles, was wir machen, ist, uns gegenseitig zuhören und darauf reagieren, mit dem was uns im Moment zur Verfügung steht." So einfach beschreibt Theo van der Poel, einer der Gründer des "ARTh"-Ensembles, die Arbeit der Formation. Doch die, die sich von ihr in der Tufa haben begeistern lassen, wissen, dass hinter dem vermeintlich Simplen hohe Professionalität steckt, die die künstlerische Freiheit erst ermöglicht. "ARTh", das sind die studierte Jazzmusikerin und Charlie-Mariano-Schülerin Anne Kaftan (Sopransaxophon, Bassklarinette), der Percussionist, Komponist und Arrangeur HP Dregger, der unter anderem mit Gloria Gaynor und Caterina Valente arbeitete, Armin Neises (Trompete, Flügelhorn), Jazz-Solist und Mitglied in der Soul-Funk-Formation O-Range, Theo van der Poel (Akkordeon, Klavier), sowie Maria Doro Brandt (gesprochenes Wort). Ihr Auftritt in der Tufa beginnt ruhig, begleitet von konzentrierten Blicken untereinander und ungewisser Spannung auf den Gesichtern der Zuschauer. Über einem sanften Klangteppich deklamiert Maria Doro Brandt englischsprachige Verse. Es geht um Betrachtungen über das Leben, seine Dynamik und Vergänglichkeit, die Aufforderung, den Augenblick wahrzunehmen. Wechselspiel immer neuer Klangbilder

Doch nicht die Worte allein sind wichtig, sondern auch ihr poetischer Klang, ihr Rhythmus und die Stimmung, die sie transportieren. Die Instrumente nehmen all das auf, und damit beginnt ein sich steigerndes, dann wieder abebbendes Wechselspiel immer neuer Klangbilder. Beim Zuhören werden Assoziationen freigesetzt: Uhrpendel, Herzschlag, Räderwerk. Zartes Rasseln der Percussion-Instrumente wird von harmonischen Akkordeonklängen weitergetragen, darüber schwillt eine Saxophon-Melodie an, mit der die Trompete in einen Dialog tritt. In immer neuen Variationen begegnen sich die Instrumental-Stimmen, greifen sich gegenseitig auf, führen sich fort, beantworten oder spiegeln sich. Dazwischen klingen Sprachfetzen deutscher Prosa oder spanischer Lyrik. Alles ist improvisiert, alles entspringt dem Moment und ist stimmig, weil es die herrschende Atmosphäre umsetzt. Der Zuhörer geht mit dem nachhaltigen Eindruck, eine emotionale Achterbahnfahrt erlebt zu haben. Einen flüchtigen, aber eindringlichen Genuss, den es so nie, so ähnlich aber hoffentlich bald wieder geben wird.

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