Den Regenbogen an die Wand zaubern

Saarburg · Eine Gruppe von sieben Jugendlichen der Kinder- und Jugendkunstschule lernt, Graffiti zu malen. Ihr erstes größeres Projekt ist das Besprühen von Trafokästen in der Innenstadt. Geplant sind Wegweiser für Touristen. Der Bauausschuss hat dem Projekt zugestimmt.

 Johanna Plunien ist eine von sieben jungen Künstlern, die in Niederleuken einen Regenbogen auf eine Privatwand gesprayt haben. TV-Foto: Alexander Schumitz

Johanna Plunien ist eine von sieben jungen Künstlern, die in Niederleuken einen Regenbogen auf eine Privatwand gesprayt haben. TV-Foto: Alexander Schumitz

Saarburg. In der Bahnhofsunterführung prangt ein mit schwarzem Edding gemalter Pandabär. Daneben steht "Panda". Das ist noch eines der freundlicheren Graffiti in dem Tunnel. Andere zeigen Liebesschwüre wie etwa "Kaddel, ich liebe Dich sooo!" oder "Dunja, I love you, too!" Dazu kann man dann noch die üblichen Schimpfwörter und Beleidigungen lesen.Regeln für Spraykunst


Zugegeben, diese Graffiti sind weder gelungen noch besonders kreativ. Dass die Wandzeichnungen auch anders sein können, haben sieben Jugendliche aus den Verbandsgemeinden Saarburg und Konz in den Sommerferien eine Woche lang erfahren. Neben Maltechniken haben sie auch gelernt, welche rechtlichen Konsequenzen es hat, wenn man "einfach mal lossprayt". Der Leiterin der Saarburger Kinder- und Jugendkunstschule (KiJuSchu), der Künstlerin Cordue, ist wichtig, dass die Teilnehmer lernen, wann es erlaubt und wann es verboten ist, zur Spraydose zu greifen.
Schon vor einem Jahr hatte eine Gruppe Jugendlicher ein Graffito auf die Skatebahn in Saarburg-Beurig gemalt (der TV berichtete), ein weiteres entstand damals auf einer Betonwand in Niederleuken. Seit der Kunstaktion von vor einem Jahr habe es wiederholt Anfragen für Graffiti gegeben, erzählt Cordue.
In Niederleuken konnte jetzt wieder ein Wandbild umgesetzt werden. "Wir sollten eine Geschichte rund um einen Regenbogen auf Beton malen", sagt Johanna Plunien aus Konz-Ober emmel. Die 14-Jährige erklärt: "Auf der einen Seite des Regenbogens scheint die Sonne, und alle sind zufrieden, auf der anderen Seite regnet es, und Fabelwesen sind eher böse." Verarbeitet wurde auch das irische Volksmärchen um den Kobold Leprechaun. Der Zwerg verspricht darin, demjenigen eine Tonne Gold zu schenken, der einen Regenbogen zu fassen bekommt. "Wir mussten vorher ein Konzept erarbeiten und haben die Geschichte zunächst 1:1 auf Packpapier gesprüht", sagt Johanna.Unterstützung aus Trier


Das hat den sieben jungen Graffiti-Künstlern so viel Spaß gemacht, dass sie sich jetzt zu einer Gruppe in der KiJuSchu zusammengeschlossen haben. "Das erklärte Ziel der Jugendlichen ist, Spray-Konzepte kennenzulernen und umzusetzen", erklärt Cordue. Als Ideengeber und Teamleiter konnte sie Jeremy, einen jungen Sprayer aus Trier, gewinnen.
Als Nächstes dürfen die Jugendlichen vier Trafokästen der RWE in der Innenstadt gestalten. Der Energieversorger fand die Idee sofort gut und hatte schnell zugestimmt. Auch die Stadtverwaltung sagte Ja: "Wir mussten unsere Ideen aber erst dem Bauausschuss der Stadt vorstellen", erzählt Johanna. Und die kamen in dem Gremium an, denn die Ratsmitglieder stimmmten für das Projekt. Geplant sind unter anderem Wegweiser zur Burg und zum Wasserfall. "Denn oft wissen Touristen nicht, wo sie die Sehenswürdigkeiten der Stadt finden", hat Johanna beobachtet.Meinung

Stadt vertraut Graffiti-Künstlern
Saarburg ist kein Freilichtmuseum. Die Stadt ist offen und verändert sich. Schön, dass die Jugendlichen jetzt die Chance haben, sich mit ihrer Kultur in das Leben der Stadt einzubringen. Und deshalb auch ein großes Lob an die Mitglieder des Bauausschusses. Sie haben mit ihrer Zustimmung zum Graffiti-Projekt bewiesen, dass sie die Jugendlichen mit ihren Anliegen ernst nehmen. Und sie vertrauen ihnen, weil sie den jungen Künstlern einen großen Freiraum für die Gestaltung eingeräumt haben. Die Stadt demonstriert mit ihrer Zustimmung aber auch, dass sie lebt und sich dem Wandel stellt. a.schumitz@volksfreund.deExtra

Die ältesten bekannten Graffiti gibt es in Ägypten. Sie reichen bis ins Jahr 2700 vor Christi Geburt zurück. Zu den bekanntesten Wandzeichnungen gehören die Strichfiguren von Harald Naegli, der als Sprayer von Zürich bekannt wurde. 1981 wurde er zu einer neunmonatigen Haftstrafe verurteilt. Inzwischen gelten seine Zeichnungen als schützenswert. Als weltgrößtes Graffiti-Objekt galt lange Zeit die Berliner Mauer. Strafrechtlich werden Graffiti-Sprayer in Deutschland wegen Sachbeschädigung verfolgt. Zivilrechtlich wird Schadenersatz geschuldet. Allerdings droht eine Verurteilung nur, wenn vorher der Eigentümer dem Aufbringen eines Kunstwerks nicht zugestimmt hat. Graffitis werden kontrovers diskutiert: Sie gelten unter den Anhängern der Kultur als ein zentrales Ausdrucksmittel urbanen Lebensgefühls und finden unter Jugendlichen häufig Anerkennung. Dagegen empfindet ein Teil der Bevölkerung Graffiti als Verunstaltung und puren Vandalismus. itz

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