Der heilige Berg der Vorfahren

KASTEL-STAADT. Die Arbeiten des Rheinischen Landesmuseums Trier auf zwei privaten Baugrundstücken in Kastel gehen zu Ende. Die Grabungen brachten nicht nur monumentale Großbauten zum Vorschein, sondern schlossen auch Lücken der Ortsgeschichte.

Dass man in Kastel-Staadt bei Grabungen jeglicher Art auf Spuren der Römer oder Kelten trifft, ist schon länger kein Geheimnis mehr. Nicht umsonst ist das Plateau seit 1997 Denkmalzone und Grabungsschutzgebiet. Seit April untersuchte das Rheinische Landesmuseum Trier zwei private Baugrundstücke nahe der zentralen höchsten Kuppe des Plateaus und hat einige der bisherigen Vermutungen bestätigen können.Beweise für Siedlungen in Bronzezeit und Mittelalter

So erbrachte das Team des Museums erstmals den direkten archäologischen Nachweis einer Besiedlung Kastels in der jüngeren Bronzezeit. Damit sind für Kastel endgültig durchgehende Besiedlungsspuren von der Bronze- über die Eisenzeit bis hin zur Spätantike dokumentiert. Doch damit nicht genug: Auf dem obersten Grundstück wurde zudem das bereits seit Längerem vermutete römische Heiligtum Kastels nachgewiesen. Denn genau dort fanden die Arbeiter Umgangsmauern einer 100 mal 70 Meter großen Tempelanlage. Auf der gut einen Meter breiten Mauer haben Säulen gestanden, die von äußerster architektonischer Qualität waren. Den Berechnungen zufolge waren es Säulen von etwa zehn Metern Höhe und einem Durchmesser von etwa 80 Zentimetern. Auch der Vorgänger dieser Tempelanlage aus der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts hatte eine gehobenen Ausstattung. In Kastel gab es von Anfang an monumentale Großbauten aus Stein. "Was uns besonders beeindruckt, sind die Größe, die bauliche Qualität und die Ausstattung des Heiligtums", sagt Grabungstechniker Bruno Kremer. Die wirkliche Dimension Kastels als Heiligtum offenbarte sich, als in der "Oligskaul" Teile eines römischen Theaters freigelegt wurden. "Als Religion, Schauspiel und öffentliches Leben noch enger verzahnt waren als heute, dürften hier zahlreiche Pilger mehr oder weniger erhebenden Vorstellungen zugeschaut haben", vermutet Hans Nordmann, wissenschaftlicher Leiter der Grabungen. Im Theater werden bis zu 3500 Menschen Platz gehabt haben. Die archäologischen Untersuchungen am Theater werden im Frühjahr 2007 stattfinden. Es besteht Hoffnung, dass die Baureste des Theaters die ersten römischen Ruinen sein werden, die in Kastel für den Tourismus sichtbar erhalten werden können. Auch auf dem zweiten Baugrundstück ist eine kleine Sensation zu Tage getreten. Dort hat man erstmals einen Siedlungsrest aus dem Frühmittelalter gefunden. "Bisher war nur theoretisch klar, dass es auch mittelalterliche Bebauung in Kastel gegeben haben muss", sagt Bruno Kremer. Den archäologischen Nachweis dafür brachte nun das mörtellose Mauerfundament eines ehemaligen Wohngebäudes. In der Mauer fanden sich auch eingesetzte Steine aus römischen Mauern, was typisch für die mittelalterliche Bebauung war.Römische Mauer im Keller als Identitätsnachweis

Die Bauherren sind bereits dabei, ihr neues Heim auf den Grundstücken zu errichten. Stefan Burg, einer der Bauherren hat sich Kastel ausgesucht, weil er dort die Wurzeln der Besiedlung des Kreises Trier-Saarburg sieht. "Den meisten Menschen fehlt doch heutzutage die regionale Identität", sagt er. Ihm sei es ein zentrales Anliegen, dass sich ein jeder mit seiner Heimat identifiziert und "Kastel ist nun mal besiedelt, seit es hier im Kreise Menschen gibt". Für ihn stellt der Ort Kastel ein immaterielles Kulturgut dar, "ein stilles, andächtiges Kleinod", womit man behutsam umgehen sollte. Deshalb will er Teile der römischen Mauern in den Keller seines Hauses integrieren "für einen Weinkeller, den ich gar nicht gebraucht hätte", sagt er. Auch was die Art seines Baus angeht, hat er eng mit dem Amt für Denkmalpflege und dem Museum zusammengearbeitet. So musste er zwar eigene Bedürfnisse zurückschrauben, aber letztlich wollte er, dass der Bau in diesen ruhigen, stillen Ort hineinpasst.

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