Der kleine Pater, der gegen Max Schmeling geboxt hat

Hermeskeil · Für den im Hermeskeiler Franziskanerkloster lebenden Pater Lutwin beginnt eine ruhigere Zeit. Der 77-Jährige ist offiziell ab August im Ruhestand. Doch er wird weiterhin die Seelsorger des Dekanates Hermeskeil-Waldrach unterstützen.

 In Mußestunden zieht sich Pater Lutwin in den Garten des Franziskanerklosters Hermeskeil zurück. TV-Foto: Ursula Schmieder

In Mußestunden zieht sich Pater Lutwin in den Garten des Franziskanerklosters Hermeskeil zurück. TV-Foto: Ursula Schmieder

Hermeskeil. Pater Lutwin ist ein bescheidener, fast schüchtern wirkender Mensch. Umso erstaunlicher ist sein Werdegang. Denn der 77-jährige Franziskaner, der seit 14 Jahren im Dekanat Hermeskeil-Waldrach seelsorgerisch tätig ist, ging erstaunlich zielstrebig voran. Schon als Kind wollte der saarländische Bergarbeitersohn, mit bürgerlichem Namen Walter Krämer, Priester werden.
Doch während des Zweiten Weltkriegs konnte er nur sechs Jahre zur Schule gehen, weshalb das unerreichbar schien. Daher erlernte das älteste von sechs Kindern den Beruf des Bergarbeiters. Doch im dritten Lehrjahr zeigten sich Grenzen auf. Denn nun musste der 16-Jährige erstmals unter Tage. "Ich packte ja kaum den Pickhammer", erinnert er sich. Schließlich war er damals nur 1,41 Meter groß, wuchs aber ein Jahr später noch um 30 Zentimeter. Weil er so klein war hatte er schon als Schüler angefangen zu boxen und wurde 1953 als 17-Jähriger sogar Saarlandmeister der leichtesten Klasse "Papiergewicht A". Sein berühmtester "Gegner" in einem Schau-Wettkampf war der damals schon nicht mehr aktive Schwergewichtsweltmeister Max Schmeling. Als er erkannte, dass er nicht sein Leben lang als Bergmann würde arbeiten können, entschied er sich mit 19 Jahren ein Abendgymnasium, wovon es damals nur drei in Deutschland gab, zu besuchen.
Binnen vier Jahren lernte er Latein, Griechisch und Hebräisch und profilierte sich als Einser-Mathe-Schüler mit dem Hobby Atom-Physik. Das Max-Planck-Institut habe ihm sogar ein Stipendium angeboten. Dabei sprach er bei seinem Einstieg ins Gymnasium noch nicht einmal Hochdeutsch, sondern nur saarländischen Dialekt.
Rückblickend spricht er von einer "harten Zeit". Doch aufhören kam nicht infrage: "Da war ich zu stolz für." Drei Wochen nach dem Abitur trat er dem Franziskanerorden bei, zu dem er über einen seiner Lehrer fand. Seiner Leidenschaft für den Sport hält er bis heute die Treue. Er liebt es, zum Skifahren oder Langlaufen zu fahren, was er in einem Bergarbeiter-Urlaubscamp erlernte. Zeitweise spielte er sogar Handball - in Feldhandballturnieren konnten auch Kleinere mitspielen: "Im Sport habe ich alles ausprobiert - auch Leichtathletik, Langlauf und Marathon." Und er liebt es zu reisen - allein oder in Gruppen, was ihn schon in alle Kontinente der Erde führte.
Als Ruheständler wird der frühere Pfarrer, Pfarrverwalter und Kooperator in verschiedenen Orten des Dekanates dafür mehr Zeit haben. Obschon sein Terminkalender weiter gut gefüllt ist. Denn Pater Lutwin, 1966 zum Priester geweiht, wird weiterhin Gottesdienste halten, taufen, trauen und bestatten oder bei der Krankenkommunion helfen: "Franziskaner waren immer schon unterwegs und sind dorthin gegangen, wo sie nötig waren." urs

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