Der lange Weg zum Einkaufswagen

Die Bürger im Stadtteil Roscheid ärgern sich über fehlende Einkaufsmöglichkeiten. Speziell ältere Menschen ohne Führerschein sind auf Nachbarschaftshilfe angewiesen. Die Stadt kann keine Abhilfe schaffen.

 So nah und ohne Auto doch fast unerreichbar: Roscheider Bürger haben keine Einkaufsmöglichkeiten in ihrem Stadtteil. TV-Foto: Jürgen Boie

So nah und ohne Auto doch fast unerreichbar: Roscheider Bürger haben keine Einkaufsmöglichkeiten in ihrem Stadtteil. TV-Foto: Jürgen Boie

Konz-Roscheid. Maria Juncker aus Konz-Roscheid hat ein Problem: Sie besitzt keinen Führerschein. "Als mein Mann noch Auto fuhr, war es kein Problem, unten in der Stadt einzukaufen. Doch dann wurde mein Mann krank, und seitdem bin ich auf Nachbarschaftshilfe angewiesen", erzählt die 81-jährige Dame.

Mit ihrem Problem steht sie nicht allein, denn es gibt kein Lebensmittelgeschäft in dem Stadtteil, der mittlerweile auf rund 4000 Menschen angewachsen ist.

"Bis zum Jahr 2000 gab es noch einen Laden, in dem man das Nötigste kaufen konnte", erinnert sich Birgit Möller-Scherf. Doch die Qualität des Angebots und vor allem die Frische der Waren ließen zu wünschen übrig: "Oft waren die Mindesthaltbarkeitsdaten überschritten, und Obst und Gemüse sahen auch nicht immer appetitlich aus."

"Ich muss für jedes Brötchen mit dem Auto fahren", ärgert sich Astrid Hill, die seit 1986 auf Roscheid wohnt. Sie wäre sogar bereit, etwas mehr für Lebensmittel zu bezahlen, wenn sie dafür auf einige Autofahrten verzichten könnte. "Aber das Preis-Leistungsverhältnis muss schon noch stimmen", schränkt sie ein.

Birgit Sturm teilt sich das Familienauto mit ihrem Mann. "Die Einkaufsplanung ist enorm wichtig. Sollte ich etwas vergessen haben und mein Mann hat das Auto, bleibt mir nur noch ein langer Fußmarsch, denn die Busverbindungen sind ziemlich ungünstig." Birgit Sturm bedauert auch im Interesse ihrer Kinder, dass es kein Geschäft auf Roscheid gibt. "Die Kinder haben gar keine Möglichkeit zu lernen, wie man mit dem Taschengeld umgeht", klagt die Mutter von zwei Töchtern. Auch sie wäre bereit, geringfügig höhere Preise zu zahlen, wenn das Geschäft in der Nähe wäre. "Seit ein oder zwei Jahren gibt es auch keine ,rollenden Märkte' mehr", hat Astrid Hill festgestellt.

Es gäbe noch einen Brötchenlieferdienst, der zweimal pro Woche käme. Aber das ist für Frau Hill keine Alternative: "Es ist sehr teuer, und im Winter sind die Brötchen eiskalt, wenn die Tüte zu lange am Türgriff hängt."

Bürgermeister Karl-Heinz Frieden versteht die Menschen auf Roscheid. "Aber die Stadt kann selbst keinen Laden betreiben", macht er den begrenzten Einfluss der Verwaltung auf die Ansiedlung eines Lebensmittelgeschäfts deutlich. "Wir sprechen immer wieder mit Investoren und kümmern uns um die Infrastruktur, aber wir können keine öffentlichen Mittel zur Förderung des Einzelhandels ausgeben."

Roscheid besser an die Stadt anbinden



Frieden sieht eher Möglichkeiten, Roscheid besser an die Stadt anzubinden. "Mittelfristig streben wir eine Verbindung zur Bundesstraße 268, der sogenannten ‚Pellinger‘ an. Wenn Konz dann mit Trier zusammenwächst, wäre das für den öffentlichen Personennahverkehr und für Gewerbetreibende die attraktivste Lösung."

Doch derzeit sind Lösungsansätze dieser Art nur angedacht. Und Menschen wie Maria Juncker bleiben weiterhin auf die Hilfe der Familie und der Nachbarn angewiesen.

Meinung

Da muss eine Lösung her

In Konz-Roscheid leben 4000 Menschen, und es ist kein Lebensmittelladen weit und breit zu finden. Für jedes beim letzten Einkauf vergessene Stück Butter, für jedes Kilo Zucker oder den Liter Milch muss sich die Hausfrau parat machen, ins Auto setzen, ins Tal gondeln, parken, einkaufen, sich wieder ins Auto setzen, hochfahren, aussteigen … statt einfach mal locker-flockig das Kind samt Einkaufsliste aufs Fahrrad zu setzen, um zehn Minuten später wieder dessen Ankunft zu erwarten. Es muss ja nicht gleich ein großartiger Supermarkt oder gar Discounter sein, der sich auf der Höhe ansiedeln soll. Ein kleiner Dorfladen mit ein bisschen von allem würde wahrscheinlich schon die Grundbedürfnisse decken. Vielleicht wird er auch ehrenamtlich betrieben, um die Kosten kleinzuhalten. Ehrenamtliches Engagement wird doch sowieso zurzeit ganz groß geschrieben, ähnlich übrigens wie Bürgerforen und Zukunftswerkstätten. Was in Roscheid offenbar noch fehlt: ein deutlicher Impuls der Stadt. Da wäre es wohl mal an der Zeit, die Roscheider zusammenzutrommeln und gemeinsam an einer Lösung zu basteln - für die jetzigen und zukünftigen Roscheider. Denn mit einer solchen Infrastruktur lassen sich die noch zu verkaufenden Grundstücke vermutlich nur bedingt gut vermarkten. a.pipke@volksfreund.de

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