Der Letzte soll der Erste sein

TRIER. Die Kreisverwaltung sucht einen neuen Jugend- und Sozialdezernenten. Eine Kommission prüfte drei Bewerber: Einer bekam fünf Stimmen, einer zwei, ein Dritter nur eine. Erstaunlicherweise wollte die Verwaltung dem Kreistag am Montagabend den Bewerber mit nur einer Stimme als Kandidaten vorschlagen. In letzter Sekunde zog Landrat Richard Groß die Vorlage zurück.

Die Opposition tobte trotzdem. "Wir wollen wissen, wie es in der von der Verwaltung zurückgezogenen Vorlage zu einem Personalvorschlag kommen konnte, der die Bewertung der Anhörungskommission total auf den Kopf stellt", sagte SPD-Fraktionschef Alfons Maximini vor Eintritt in die Tagesordnung. "Hier soll Parteipolitik über eine Personalentscheidung gestellt werden." Der Antrag der SPD, diese Frage am Montag im nicht-öffentlichen Sitzungsteil zu klären, scheiterte am Widerstand der CDU. Es gab keine Zwei-Drittel-Mehrheit und deshalb auch keine Aufnahme dieses Punktes in die Tagesordnung.Werdel wechselte nach Mettmann

Deshalb blieb es im öffentlichen Teil der Sitzung still, aber hinter den Kulissen schlagen die Wellen hoch. Das zurückgezogene Verwaltungspapier, das einen Nachfolger für den zum 1. März ausgeschiedenen Jugend- und Sozialdezernenten Erik Werdel vorschlägt, liegt dem TV im Wortlaut vor. Werdel wechselte als hauptamtlicher Erster Beigeordneter zur 40 000-Einwohner-Stadt Mettmann (der TV berichtete). "Auf die öffentliche Ausschreibung für die Wiederbesetzung der Stelle gingen 29 Bewerbungen ein", heißt es in dieser Vorlage. "Mit einer Reihe für die Besetzung in Frage kommender Bewerber wurden Vorstellungsgespräche geführt." Eine Anhörungskommission sah sich die aus den 29 Bewerbern ausgewählten drei Favoriten ganz genau an. In dieser Kommission saßen neben Landrat Richard Groß weitere hochrangige Verantwortliche der Kreisverwaltung, unter ihnen Kreisverwaltungsdirektor Martin Böckel und Büroleiter Rainer Ludwig. Dazu kamen vier der fünf Fraktionsvorsitzenden im Kreistag - nur Claus Piedmont (FDP) fehlte. "Jedes Mitglied der Kommission gab eine Stimme für einen der drei Favoriten ab", sagte Alfons Maximini im Gespräch mit dem TV. Das Ergebnis sei eindeutig gewesen: Ein Bewerber habe nur eine Stimme erhalten, einer sei von zwei Mitgliedern der Kommission unterstützt worden. Der Dritte ließ laut Maximini mit fünf Stimmen seine Konkurrenten abgeschlagen zurück. Doch nicht der Kandidat mit der offenbar höchsten Qualifikation erscheint in der Verwaltungsvorlage, sondern der mit nur einer Stimme bedachte Konkurrent - nach TV-Informationen ein Mitglied der CDU. Landrat Richard Groß äußerte sich am Tag nach der Sitzung. "Ich habe den Personalvorschlag dann doch nicht auf die Tagesordnung gesetzt, weil sich entgegen der mir vorliegenden Informationen keine Kreistags-Mehrheit für einen bestimmten Kandidaten abzeichnete." Denn die Mehrheit im Kreistag entscheide, betonte der Landrat - nicht die Mehrheit in der Kommission. Zu den Vorgängen in dieser Kommission sagte Groß nichts. "Das sind Personalien, die einer öffentlichen Diskussion nicht zugänglich sind. Alle Bewerber befinden sich noch in ungekündigten Arbeitsverhältnissen."

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