Der Luxemburg-Effekt

Konz/Wawern/Nittel · Die Verbandsgemeinde Konz wächst mit Riesenschritten. Während dem Hochwald die Menschen ausgehen, scheint der demografische Wandel den Dörfern zwischen Saar und Obermosel nichts anhaben zu können. In den vergangenen 20 Jahren stiegen die Einwohnerzahlen in einigen Gemeinden um bis zu 40 Prozent.

 Im Neubaugebiet Konz-Roscheid herrscht rege Bautätigkeit. TV-Foto: Friedemann Vetter

Im Neubaugebiet Konz-Roscheid herrscht rege Bautätigkeit. TV-Foto: Friedemann Vetter

Konz/Wawern/Nittel. Frank Zebe ist glücklich. "Unser Neubaugebiet ist das schönste, das es gibt", sagt der Wawerner Bürgermeister. Schon 15 Anfragen gab es für die neuen Grundstücke. Ohne, dass er Werbung machen musste. Zwei davon kamen von Luxemburgern. Dabei mache er das Baugebiet nicht für die Luxemburger, sagt Zebe.
Zukunft Der Region


Wawern ist ein Konzer Sonderfall. Als eine der wenigen Gemeinden in der Verbandsgemeinde ist das Dorf in den vergangenen Jahren nicht im zweistelligen Bereich gewachsen. Aber das liegt beileibe nicht am demografischen Wandel, am Aussterben des ländlichen Raumes oder am mangelnden Interesse solventer Grundstückskäufer. Nein, Platzmangel ist schuld. "Die Hälfte der Gemarkung Wawern steht unter Naturschutz, und 60 bis 70 Hektar sind Ökozone", erklärt Zebe. Da könne man nicht einfach so ein Neubaugebiet ausweisen.
Auf dem Gebiet unterhalb des Sportplatzes haben die Wawerner dann trotzdem noch ein Fleckchen gefunden. Im Frühjahr geht es los, 30 Baustellen werden erschlossen. Zebe sieht sein Dorf für die Zukunft gewappnet.
Der demografische Wandel, die Überalterung der Gesellschaft? Kein Problem. "Natürlich müssen wir uns für die Zukunft umstellen", sagt der Bürgermeister, "und wenn baulich und gewerblich nichts mehr geht, müssen wir halt auf die Natur setzen." Seine Idee: Aus den Naturschutzgebieten Naherholungsgebiete machen, speziell angepasst an die Bedürfnisse von Senioren. Bei der Initiative "Vital in Deutschland" wirbt Wawern derzeit um Fördermittel für seinen Senioren-Fitness-Park. Über www.vital-in-deutschland.de kann dort jeder abstimmen.
Die Verbandsgemeinde (VG) Konz boomt. Im Landkreis Trier-Saarburg wächst nur die VG Saarburg schneller. Während sich der demografische Wandel (der TV berichtete) in den Verbandsgemeinden im Hochwald schon jetzt deutlich zeigt, wachsen die Dörfer zwischen Saar und Obermosel im zweistelligen Bereich.
Rasantes Wachstum


"Die Dynamik kommt von Luxemburg, das ist eindeutig", erklärt der Konzer VG-Bürgermeister Karl-Heinz Frieden die Einwohnerzuwächse. Aber die Konzer hätten auch etwas anzubieten: "Wir sind im Kreis weit vorneweg. Wir haben alle Angebote, bis in die Ortsgemeinden", sagt der Bürgermeister stolz. Jede Kindertagesstätte in der VG sei eine Baustelle, würde erweitert, ausgebaut oder ganz neu errichtet. Es gibt vier Ganztagsschulen. Und Familien mit Kindern bekommen Vorzugspreise.
Kein Wunder, dass Frieden seine VG weiter auf Wachstumskurs sieht: "Wenn die EU wächst, werden neue europäische Abgeordnete, neue Institutionen in Luxemburg gebraucht - das sind alles Leute, die auch in unsere Region ziehen."
Zum Beispiel nach Nittel. Das Dorf an der Obermosel ist in den vergangenen 20 Jahren am schnellsten in der VG gewachsen. Seit 1992 legte die Bevölkerung um sage und schreibe 37 Prozent zu - von 1592 auf 2181 Menschen (Quelle: Statistisches Landesamt). Damit ist die Gemeinde nicht nur in der VG Konz spitze, sondern spielt im gesamten Landkreis oben mit.
Und Nittel soll noch größer werden: Um weitere 100 Bauplätze soll das umstrittene Neubaugebiet Wiesengraben das Dorf vergrößert werden.
Das Kreuzberg an der Mosel



"Wir haben über 40 Nationalitäten in Nittel - eine Vielfalt der Kulturen", erzählt Ortsbürgermeister Hans-Josef Wietor begeistert. Integrationsprobleme? Gebe es nicht, sagt Wietor. "Die Menschen sind sehr offen und wollen sich auch einbringen." Sie seien mittendrin, übernähmen sogar Ämter in den Vereinen. Der Nitteler Geschichtsverein etwa veranstalte regelmäßig Abende, an denen die neuen Mitbürger ihre Heimat vorstellen.
"Integration ist keine Einbahnstraße", weiß auch VG-Bürgermeister Frieden zu berichten. In seiner VG gäbe es keine Ghettoisierung, spätestens über den Nachwuchs, den Kindergarten und die Schule würden die Neubürger einbezogen.
Auch die Vorwürfe, dass viele Zugezogene sich nicht ins Dorfleben integrieren würden, lässt Frieden nicht gelten: "Viele Altbürger engagieren sich ebenfalls nicht."
Auch die Überalterung der Gesellschaft haben die Konzer auf dem Schirm. Ein Seniorenbeauftragter soll sich nach der Interessenlage erkundigen, die Kommune nimmt am Mehrgenerationenprogramm "Aktiv im Alter" teil, das Seniorenkino, Volkshochschulkurse und allerlei Aktionsgruppen organisiert.
Frieden hat keine Angst vor der Zukunft: "Verlässliche Prognosen rechnen ja nur bis 2020. Und bis dahin soll die Region wachsen", sagt er.
Niemand könne voraussagen, wie die VG Konz in 40 Jahren aussehe. "Vielleicht werden wir noch enger zusammenstehen - als regionale Bürger oder Europäer." Nur eines sei sicher, so der Bürgermeister: "Dann reden wir nicht mehr von Konz und Trier."

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