Kabarett Der Mann ohne Unterarme und mit Humor

Saarburg · Kabarettist, Ex-Spitzensportler, evangelischer Pfarrer: Rainer Schmidts Thema ist Inklusion. Doch eigentlich erzählt er nur aus seinem Leben.

 Kabarettist Rainer Schmidt ist im Rahmen der Woche der Demokratie in der Saarburger Kulturgießerei aufgetreten.

Kabarettist Rainer Schmidt ist im Rahmen der Woche der Demokratie in der Saarburger Kulturgießerei aufgetreten.

Foto: TV/Marion Maier

„Bilder im Kopf“ – das ist Rainer Schmidts Thema in der Saarburger Kulturgießerei. Und allein dadurch, dass er da steht, wie er ist, bringt er die Bilderwelt seiner Zuschauer schon ans Laufen. Ein Mann ohne Unterarme und mit verkürztem Oberschenkel. Kann der Auto fahren? Ja, er kann. Schmidt kam selbst vorgefahren. Kann er aus einem normalen Glas trinken? Ja, das geht. Schmidt beugt sich zwischendrin zum Tisch runter, greift das Glas mit den Oberarmen und führt es so zum Mund.

Und kann so jemand seinen fehlenden Gliedmaßen Positives abgewinnen. Ja, und wie! Sein Kabarett hat Schmidt unter das Motto gestellt: „Danke lieber Gott, dass ich nicht so langweilig aussehe, wie mein Publikum!“ Das ist überzeichnet und frech. Aber darüber lachen die Zuhörer auch. Um die 35 sind in die Saarburger Kulturgießerei gekommen, wo Schmidt im Rahmen der Woche der Demokratie auftritt.

Sie erleben einen Abend voller Anekdoten, die der munter und ausdauernd plaudernde Rheinländer zum Besten gibt. Er erzählt einfach aus seinem Leben – mit viel Witz und analytischen Einschüben, wird gelegentlich philosophisch oder sogar theologisch. Denn Schmidt ist nicht nur Kabarettist. Er ist auch evangelischer Pfarrer, ehemaliger Spitzensportler, der bei den Paralympics Gold im Tischtennis gewann und hat als Dozent für Inklusion am Pädagogisch-Theologischen Institut in Bonn gearbeitet.

Mit kleinen Pointen gespickt erzählt er, wie seine „Omma“, eine Bäuerin, die schon viele Kälber auf die Welt gebracht hat, auch bei seiner Geburt dabei war. Sie ist anschließend geschockt. Das Kind hat keine Hände! Erzählt allen im Dorf, dass im Hause Schmidt ein Behinderter geboren wurde („meine Oma hat Facebook erfunden“) und schlägt den Eltern vor, den Nachwuchs in ein Heim zu geben.

Doch sie tun es nicht. Für die Mutter ist jedes Kind ein Geschenk Gottes – auch wenn dieses hier unterwegs ein bisschen „kaputt gegangen“ ist. Ein wichtiger Grundstein für jedes Menschenleben: Zugehörigkeitsgefühl. Schmidt hat Glück. Denn das erlebt er auch sonst im Dorf. So ändern die Kinder für ihn die Völkerballregeln. Und die Großmutter versteht auch im Laufe der Jahre: Der Junge ist frech, fröhlich und der kann ja recht viel. Die anfänglichen Bilder im Kopf (er kann nicht essen, sich nicht anziehen, keinen Beruf erlernen) sind weg. Die Realität hat sie hinweggefegt. „Das war ganz normal, meine Oma war am Anfang überfordert. Sie wollte Distanz zu dem, was sie nicht kannte“, erklärt Schmidt. Auch an anderen Beispielen macht er deutlich: „Jeder hat Bilder im Kopf. Inklusion heißt aber auch: Jeder hat eine zweite Chance verdient.“ Den anderen behutsam kennenzulernen, ihm zu begegnen, das hilft. Treten dabei Unsicherheiten auf, beispielsweise weil man nicht weiß, ob jemand ohne Unterarme trinken oder schreiben kann, dann sollte man das sagen. Inklusion oder Demokratie: Für Schmidt ist beides die „Kunst des gleichberechtigten Zusammenlebens von sehr verschiedenen Menschen“. Nach zwei Stunden voller Anekdoten erhält er kräftigen Applaus.

Rainer Schmidt kommt wieder in die Region und zwar am Mittwoch, 12. Juni. Er tritt um 18.30 Uhr im Rahmen des Jubiläums 50 Jahre Lebenshilfe im Lebenshilfehaus Peter Zettelmeyer, Granastraße 113, in Konz auf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort