Der Reiz des Verbotenen

Schlaue Menschen, die sich Historiker schimpfen, haben ja als einen Wesenszug der Deutschen deren "Obrigkeitshörigkeit" ausgemacht. Ich aber sage: Das war einmal. Heutzutage scheint es fast schon erste Bürgerpflicht zu sein, renitent zu werden.

Ist es nicht so, dass wir uns in vielen Bereichen überhaupt nicht mehr um Ge- und Verbote scheren? Nehmen wir zum Beispiel mal das Thema Verkehr und bleiben in der Region: Wenn hierzulande eine Straße wegen einer Baustelle voll gesperrt wird, sagen wir jetzt mal als Beispiel die Ortsdurchfahrt in Gusenburg im schönen Hochwald, was passiert dann? Richtig, die großräumig ausgeschilderte Umleitung wird von den meisten geflissentlich ignoriert. Wer sich auch nur halbwegs auskennt, nutzt den Schleichpfad über Feldwirtschaftswege, die doch eigentlich tabu sind. Oder wie wäre es mit Geschwindigkeits-Limits. Wie viel Prozent der Autofahrer gondeln wohl mit Tempo 60 über die Ehranger Brücke oder juckeln - womöglich noch mit zehn Benzinkanistern im Kofferraum - mit 30 Sachen durch Wasserbilligerbrück? Streng nach Vorschrift ist dort wohl nur unterwegs, wer ein holländisches Wohnwagengespann vor der Nase hat. Das krasseste Beispiel liefert aber aktuell das Treiben zwischen Pluwigerhammer und Niederkell. Das Befahren dieses frisch asphaltierten Stücks des Ruwer-Hochwald-Radwegs ist ausdrücklich verboten. Doch was bedeuten schon Schilder und Barrieren? An schönen Tagen ist so viel Betrieb auf der Strecke, dass man schon im Slalom strampeln muss. Die Zahl der Doping-, pardon, Verkehrssünder geht wohl schon in die Tausende. Und jawohl: Auch ich gehöre dazu und habe gar kein schlechtes Gewissen. Denn der Weg ist landschaftlich einfach herrlich und der Reiz des Verbotenen setzt noch das Tüpfelchen auf das I.

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