Der Riesling trotzt dem Klimawandel

Saarburg/Ayl/Kanzem · Die Rebsorte Riesling hat in der Vergangenheit schon so manchen Wetterumschwung überstanden. Kann die Pflanze sich nicht selbst helfen, hilft ihr der Mensch. An Mosel, Saar und Ruwer setzen die Weinbauern auch bei höheren Durchschnittstemperaturen auf den Riesling, denn er ist bislang nur besser geworden.

Saarburg/Ayl/Kanzem. Die Weinlese in der Region ist inzwischen vielerorts gelaufen. Über die aktuelle Qualität sagt der Sprecher des Vereins Moselwein, Ansgar Schmitz: "Das Zusammenspiel der Faktoren Klima, Boden und Mensch bildet sich im Wein ab." Unter dem Sammelbegriff "Terroir" sei das Klima eben nur ein Faktor. Vor einigen Wochen hatten Forscher anlässlich des Trierer Waldforums darauf hingewiesen, dass der Klimawandel die Umweltbedingungen in der Region stark verändern wird und sich darauf auch Winzer und Bauern einstellen müssten (der TV berichtete).
Die Winzer an Obermosel und Saar sind mit der Klimaerwärmung bislang nicht unglücklich. Ganz im Gegenteil. Florian Lauer, Saarwinzer in fünfter Generation, weiß: "Der Riesling spielt in unserer Region seit 140 Jahren die Hauptrolle. In dieser Zeit hat er schon einige Kalt- und Warmphasen überstanden." Gerade in den letzten 20 Jahren seien die Weine aus dieser Rebsorte wegen vermehrter Sonneneinstrahlung sogar deutlich besser geworden. "Seit 1988 werden wir mit den Jahrgängen regelrecht verwöhnt", macht der Winzer klar.
Die Warmphasen im Frühling und Ende September haben in Kombination mit Regen im Juni und Juli in diesem Jahr den Reben sogar genutzt. Allerdings, so Lauer, Jahrhundertsommer wie 2003 bringen sogenannten "Trockenstress", bei dem die Pflanze Schädlinge wie einen Pilz, der tief im Stamm sitzt, nicht mehr kontrollieren kann.
15 Meter tiefe Wurzeln


Bis zu gewissen Grenzen kann sich ein Rebstock an ein verändertes Klima gewöhnen und weiß sich zu helfen. "Riesling kann bis zu 15 Meter tiefe Wurzeln bilden, um nach Wasser zu suchen", erklärt Lauer. 100 Jahre alte Rebstöcke seien keine Seltenheit.
"Es gibt auch Versuche mit der Rotwein-Rebsorte Merlot", weiß Moselwein-Sprecher Schmitz. Doch die Flächen sind mit je einem Hektar in Konz und Saarburg verschwindend gering.
Wilfried Zipse, Leiter der Fachgruppe Weinbau beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Mosel in Bernkastel-Kues, macht darauf aufmerksam, dass es auch Klimaausschläge nach unten gibt: "Ein bis zwei Grad Erwärmung im Jahresmittel machen dem Riesling nichts aus."
Zuckerwerte gehen nach oben


Die Kunst des Winzers bestehe darin, mit der Kombination aus Wurzelwerk, im Fachjargon "Unterbau" genannt, und der Rebe die Reifegeschwindigkeit zu beeinflussen: "Wenn es wärmer wird, kann die Reife gebremst werden." Zipse nennt das größte Anbaugebiet der Welt, die extrem heiße Region "La Mancha" in Spanien, als Beispiel dafür, dass Weinbau auch in brütender Hitze funktioniert.
"Die Zuckerwerte gehen bei uns in den letzten Jahren stetig nach oben", freut sich Winzer Johann Peter Mertes aus Kanzem. Eine Sortenumstellung komme für seinen Betrieb vorerst nicht in Betracht, denn die Klimaentwicklung sei dem Wein bislang gut bekommen.
Armin Appel, Vorsitzender des Saar-Riesling-Vereins, der mehr als 40 Weingüter repräsentiert, sieht das ähnlich. Bei stetig ansteigenden Temperaturen müsse man sich als Weinbauer dennoch Gedanken über die Anbauweise machen und eventuell für Böden mit geringer Wasserspeicherkraft über eine Bewässerung per Hochbehälter nachdenken.
Größere Sorgen macht sich Appel jedoch über Extremwetterlagen wie etwa Hagel, der eine Ernte vernichten kann, und neue Pflanzenkrankheiten, gegen die noch kein Kraut gewachsen ist.
"Die Umstellung auf neue Rebsorten ist ein Prozess, der mindestens eine Generation lang dauert", so Appel.Extra

Die beiden Hauptsorten an Saar und Mosel sind Riesling und Elbling. Rieslingreben bedecken in der Verbandsgemeinde (VG) Konz 392 Hektar Anbaufläche und in der VG Saarburg 226 Hektar. Elbling wird in der VG Konz auf 247 Hektar und in Saarburg auf 195 Hektar angebaut. doth

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