Tiere Der Tierflüsterer in Saarburg sprudelt vor Ideen

Saarburg/Wiltingen · Erstmals seit Jahrzehnten hat Jürgen Meyer in diesem Jahr das Wildtierzentrum der Region in Saarburg hauptamtlich geleitet. Das kommt ihm, den Tieren und auch der Anlage zugute. Meyer hat zudem weitere Pläne.

  Jürgen Meyer, Leiter des Saarburger Wildtierzentrums, begrüßt die Burenziegen Klaus und Klaus, die den Rasenmäher auf dem Gelände ersetzen.

Jürgen Meyer, Leiter des Saarburger Wildtierzentrums, begrüßt die Burenziegen Klaus und Klaus, die den Rasenmäher auf dem Gelände ersetzen.

Foto: Marion Maier

Wenn Fressenszeit ist im Saarburger Wildtierzentrum, ruft Jürgen Meyer seine Schützlinge zusammen - jede Art auf ihre eigene Weise. Für die Tauben schüttelt er die Körnerdose, und ein Riesengeflatter beginnt, bei dem die Vögel aufgeregt den Weg zur überdachten Voliere suchen. Pfeift Meyer auf dem Außengelände, kommen Klaus und Klaus angelaufen. Die beiden robusten Burenziegen, deren Artgenossen den Saarburger Burgberg frei halten sollen, hat der Tierpfleger vorm Schlachter gerettet. Auch im Wildtierzentrum ersetzen sie den Mäher.

Seit Anfang des Jahres ist Jürgen Meyer hauptamtlicher Leiter des Wildtierzentrums. Zuvor hat er den Job neben seiner eigentlichen Arbeit als Lackierer im Ehrenamt gestemmt. Er hat also zusammen mit seiner Frau, die ihn weiter unterstützt, zuvor quasi zwei Vollzeitstellen ausgefüllt. Seine Arbeitsstelle als Lackierer hat er schweren Herzens gekündigt. Meyer sagt: „Das ist jetzt deutlich weniger Stress und mehr Lebensqualität für mich.“ Doch denkt er sogleich auch wieder an die Tiere. Nun könne er mit ihnen zum Arzt fahren. Zudem sei die Auswilderungsquote höher. Er schaffe es nun auf 75 Prozent, zuvor seien es 60 bis 70 Prozent gewesen.

 Dieser kleine Uhu wurde im Wildtierzentrum in diesem Jahr aufgepäppelt.

Dieser kleine Uhu wurde im Wildtierzentrum in diesem Jahr aufgepäppelt.

Foto: Jürgen Meyer

Meyer: „Ich kann den Tieren nun anders begegnen.“ Verhindern lässt sich dennoch nicht, dass einige der Patienten sterben oder andere nicht mehr ausgewildert werden können, weil sie zahm werden. Letzteres versucht Meyer aber ansonsten tunlichst zu vermeiden.

Die Umstellung vom Ehren- zum Hauptamt hängt mit Spenden und einer veränderten Finanzierung zusammen (siehe Info). Die kam allerdings auch erst in Gang, nachdem die Meyers das Zentrum 2017 geschlossen hatten, weil sie an ihre Grenzen gekommen waren. Fast 30 Jahre lang hat das Paar die meist durch menschlichen Einfluss verletzten und geschwächten Tiere ehrenamtlich gepflegt, um sie auszuwildern. Innerhalb von zehn Jahren hatte sich die Zahl der gepflegten Tiere auf rund 1300 nahezu verdoppelt. Bei weitem zu viel für ein Ehrenamt. Und als das Zentrum dann zu war, zeigte sich schnell, dass der Tierschutzverein Trier und Umgebung, der in die Bresche sprang, mit der Arbeit überfordert war.

 Der Baum, auf dem dieses kleine Eichhörnchen zuvor lebte, wurde gefällt. Im Saarburger Wildtierzentrum wurde es großgezogen.

Der Baum, auf dem dieses kleine Eichhörnchen zuvor lebte, wurde gefällt. Im Saarburger Wildtierzentrum wurde es großgezogen.

Foto: Jürgen Meyer

Auch in diesem Jahr haben Jürgen Meyer, seine Frau Maria und die sieben bis acht Ehrenamtlerinnen, die beim Füttern und Reinigen der Ställe helfen, wieder 1230 gepeinigten Kreaturen auf die Beine geholfen. Dazu gehörten ein Mufflon, Siebenschläfer, Eichhörnchen, Igel, Fledermäuse, ein Buntspecht und Waldschnepfen. Fast ganze heimische Tierwelt war schon im Wildtierzentrum zu Gast.

 Dieser Siebenschläfer war ebenfalls eine Weile Gast im Wildtierzentrum.

Dieser Siebenschläfer war ebenfalls eine Weile Gast im Wildtierzentrum.

Foto: Jürgen Meyer

Das große Wissen des 55-Jährigen, der den Namen Tierflüsterer verdient hätte, offenbart sich aber auch, wenn er berichtet, wie er tierische Helfer rekrutiert. Ob Maus oder Taube: Meyer schmuggelt den Weibchen zum richtigen Zeitpunkt ein zusätzliches Jungtier oder Ei unter. Die kleinen Mäuschen müssen dafür vorher allerdings mit dem Urin der künftigen Adoptivgeschwister parfümiert werden. Läuft alles gut, hat Meyer Ammen gefunden, die die Kuckkuckskinder statt seiner großziehen.

Doch nicht nur Tierpflege stand in diesem Jahr auf Meyers Programm. Der 55-Jährige hat angefangen, „Aufklärungsarbeit“, wie er es nennt, in Grundschulen und Seniorenheimen zu leisten. Er will künftig gerade den jungen Menschen verstärkt die heimische Tierwelt näherbringen. Auch eine Intensivstation mit vielen Boxen hat der gelernte Handwerker in Saarburg eingerichtet. Dort sollen verletzte Tiere in Ruhe gesund werden können. Überhaupt ist das Zentrum, von dem Teile zuvor an Meyers Wohnort Wiltingen untergebracht waren, nun bis auf die pflegeintensive Jungtierstation für Vögel auf dem Gelände in Saarburg, auf dem sich auch die Greifvogelstation befindet, verlegt. Meyer plant dort weitere Bauprojekte. Dafür würde er sich auch über männliche Unterstützer freuen, wie er sagt. Die Blockhütte auf dem Gelände, auf dem sich auch der Greifvogelpark befindet, soll ausgebaut werden. Dort soll eine Tierannahmestelle entstehen, außerdem eine Toilette und ein Aufenthaltsraum für die ehrenamtlichen Mitarbeiter sowie ein Schulungsraum. Meyer will außerdem eine Säugetieranlage mit Volieren bauen, das Material liegt schon da.

Kontakt: Wildtierzentrum Saarburg, Telefon 06581/9976311, E-Mail: info@wildtierzentrum.de

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