Dicke Luft im Lehrerzimmer

KENN. Scheinbar ruhig, fast wie ein Idyll, liegt die Grundschule an der Kenner Gartenstraße. Doch die Ruhe trügt: Die Bildungseinrichtung wird von heftigen emotionalen Stürmen umtost.

Das Lehrerkollegium und Teile der Elternschaft proben den Aufstand gegen die 58-jährige Schulleiterin. Die Pädagogin ist seit Jahrzehnten in der Schule tätig, viele Kenner haben sie als ihre eigene Lehrerin oder die ihrer Kinder erlebt. Im Februar 2006 wurde sie zur Rektorin ernannt. Zuvor hatte sie die Schule schon über einen längeren Zeitraum kommissarisch geleitet. Niemand will etwas gesagt haben

Einst soll sie von ihren Kollegen als Wunschkandidatin für den Schulleiterposten benannt worden sein. Doch dann kam es im Gebäude an der Gartenstraße regelmäßig zu "atmosphärischen Störungen", wie viele aus Kenn, aber auch von außerorts, zu erkennen glauben. Horcht man in Kenn und Umgebung herum, rieseln die Hinweise herab wie ein Schneeschauer im Februar. Doch genannt werden will niemand, und obligatorisch ist schon der Spruch: "Aus meinem Munde stammt das nicht. Alles inoffiziell - ich habe nichts gesagt." Die angedeuteten Anlässe für die schulinternen Streitereien klingen eher banal. Etwa die Kontroverse um einen Konferenztermin: Wegen "ihrer angegriffenen Gesundheit" habe die Leiterin erst nach einer Pause um 15.30 Uhr beginnen wollen. Doch die jüngeren Kollegen sollen "auf Durchziehen" ab 13.30 Uhr bestanden haben nach dem Motto: "Wir wollen auch mal Schluss haben." Als "selbstherrlich auf dem Thron sitzend" bezeichnen einige den Führungsstil der Pädagogin. Andere sprechen von einer "äußerst fähigen und gewissenhaften Pädagogin". Sie sehen sie als das "Opfer eines gezielten Kollegen- und Dorfmobbings". Auch eine Vermutung macht in Kenn die Runde. Es heißt: "Nun trauen sich plötzlich einige aus den Löchern und springen auf den Zug auf. Die haben wohl noch eine alte Rechnung mit ihrer ehemaligen Lehrerin offen." Wie dem auch sei - das gesamte Kollegium, bestehend aus drei Lehrerinnen und einem Lehrer, hat geschlossen Versetzungsanträge bei der ADD Trier, der Schulaufsichtsbehörde, eingereicht. Und ein Teil der Eltern reichte auch etwas bei der ADD ein: Eine von zehn Eltern unterschriebene Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Schulleiterin. Es gab darüber auch schon ein Gespräch zwischen den Beschwerdeführern und dem ADD-Präsidenten Josef Peter Mertes. Das Ergebnis der Aussprache wurde je nach Sichtweise unterschiedlich gewertet. Die Eltern fühlten sich vom ADD-Chef "nicht ernst genommen". Man war auch zunächst bereit, über den gesamten Fall mit dem TV zu sprechen. Doch der erste Termin wurde kurzfristig abgesagt und ebenso der zweite. Schließlich folgte der Hinweis, dass man keinen Kontakt mit der Presse wünsche. Die Schulleiterin möchte sich nicht zu den Vorgängen äußern, hat jedoch den Kenner Rechtsanwalt Harald Bartos, der sie vertritt, zu Auskünften bevollmächtigt. Bartos bezeichnet die 14 Seiten umfassende Dienstaufsichtsbeschwerde als "Pamphlet ohne Aussicht auf rechtlichen Erfolg". Seiner Mandantin würden Dinge vorgeworfen, die de facto zu den Selbstverständlichkeiten einer korrekten Schulleitung gehörten. Etwa, dass die Rektorin auf pünktlichen Unterrichtsbeginn bestehe oder an Eltern gerichtete Schreiben Korrektur lesen wolle. Bezeichnenderweise hätten nur zehn von 188 Eltern ihre Unterschrift unter die Beschwerde gesetzt.ADD um Lösung des Problems bemüht

"Natürlich sind diese ,atmosphärischen Störungen‘ auch außerhalb der Schule spürbar geworden. Insbesondere durch zahlreiche Unterrichtsausfälle, verursacht durch regelmäßige Krankmeldungen aus dem Kollegium", sagt Bartos und fügt hinzu: "Man will die Leiterin damit wohl unter Druck setzen." ADD-Chef Josef Peter Mertes weist darauf hin, dass die Schulaufsichtsbehörde nicht einseitig Stellung beziehen dürfe. Mertes: "Krisenmanagement ist unser Geschäft. Ich habe nur versucht zu vermitteln, dass alle Seiten zur Deeskalation verpflichtet sind. Für uns steht nur das Wohl der rund 100 Kenner Schulkinder im Vordergrund." Das Problem sei bei der ADD erkannt. Es werde intensiv an seiner Lösung noch vor Beginn der Sommerferien gearbeitet. Auch Ortsbürgermeister Manfred Nink hofft auf Deeskalation. "Ich habe an die ADD appelliert, die Sache im Interesse der Ortsgemeinde schnell in den Griff zu bekommen und eine Lösung für alle zu finden," sagt Nink.

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